Villa vs. Aktienkurs:Wenn der Chef zu schön wohnt

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Sagt das Domizil des Chefs etwas über seine Arbeitsleistung aus? Ja, sagen zwei US-Forscher - und warnen die Aktionäre.

hgn

In den neunziger Jahren blitzte Immobilienspekulant Jürgen Schneider bei der Commerzbank mit seinen Kreditwünschen ab. Der Grund war kurios: Walter Seipp, einer der großen alten Männer des Frankfurter Großbank, wohnte in Königstein im Taunus und damit in der Nachbarschaft von Schneider.

Ihm stieß irgendwann der Prunk Schneiders auf, der damals in der burgähnlichen Villa Andreae residierte. "Wenn jemand beginnt, die Spitzen seines Zauns zu vergolden, kann ich ihn als Geschäftsmann nicht mehr ernst nehmen", sagte er damals dem für die Kreditvergabe zuständigen Gremium der Bank. Und so blieb es bei den 150 Millionen Mark, die die Bank Schneider bereits geliehen hatte. Mehr bekam er nicht.

Seipp formulierte damals, dass "Kreditvergabe mehr eine Kunst als eine Wissenschaft" sei.

Gefühlte Sicherheit

Jetzt, dreizehn Jahr später, haben Forscher diese Kunst zur Wissenschaft gemacht: David Yermack von der New York University und Crocker Liu von der Arizone State University haben festgestellt, dass das Anwesen von Unternehmen tatsächlich Aussagekraft besitzt. Allerdings haben die beiden nicht den Zusammenhang zwischen Wohnhaus und Kreditwürdigkeit in Augenschein genommen, sondern den Zusammenhang von Wohnhaus und Aktienkurs.

Die wichtigste Feststellung: Die Aktien von Unternehmen, deren Chefs "extrem große Immobilien" erwerben, entwickeln sich schlechter als die Papiere anderer Gesellschaften.

Dazu wurden per Ende 2004 die privaten Domizile der meisten Top-Manager im Standard-&-Poor's-500-Aktienindex ausgewertet.

Etwa 15 Prozent dieser Manager besaßen ein Anwesen, das Yermack und Liu als "groß" klassifizierten. Das bedeutete: Die Wohnfläche lag entweder über 10.000 square feet (920 Quadratmeter) oder das Grundstück hatte eine Größe von mehr als 10 acres (vier Hektar).

Die Kurse dieser Unternehmen entwickelten sich im Jahre 2005 um sechs bis zehn Prozent schlechter als der Markt.

Aktionäre können daraus den Schluss ziehen, dass übertriebene Gier des Vorstands eher ein Verkaufsignal für die Aktien ist.

Microsoft-Gründer Bill Gates wohnt übrigens nicht nur in großen, sondern riesigen Verhältnissen. Sein Domizil hat eine Wohnfläche von umgerechnet knapp 6100 qm und einen Wert von 140 Millionen Dollar. Doch die Daten wurden in der Studie nicht berücksichtigt, da Steve Ballmer mittlerweile Microsoft-Chef ist. Der wohnt freilich in einem vergleichsweise bescheidenen 377-Quadratmeter-Haus - und lebt damit in unterdurchschnittlichen Verhältnissen: Das typische Haus eines US-Firmenchefs hat eine Wohnfläche von 520 Quadratmetern, die sich auf elf Zimmer und viereinhalb Badezimmer erstrecken.

Zwölf Prozent der Häuser haben übrigens Seeblick und knapp neun Prozent stehen entweder am oder auf einem Golfplatz.

Die Forscher nehmen an, dass die sehr teuren Häuser ein Indiz dafür sein könnten, dass sich die Unternehmenschefs besonders sicher auf ihren Posten fühlten - und daher auch weniger arbeiteten. Vielleicht seien sie aber auch nur zu sehr mit dem Unterhalt der Anwesen beschäftigt.

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