Verwalter:Amateure am Werk

Ein Wohnhaus zu betreuen, ist eine komplexe Aufgabe geworden. Dennoch brauchen Verwalter keine Mindestqualifikation, ein neues Gesetz sieht nur eine Fortbildung vor.

Von Simone Gröneweg

Seit Jahren kämpfen Branchenverbände und Verbraucherorganisationen dafür, dass die Anforderungen an die berufliche Qualifikation von Wohnimmobilienverwaltern und Immobilienmaklern strenger geregelt werden. Ihre Forderung: Beschäftigte ohne entsprechende Ausbildung sollen eine Prüfung ablegen. Nun hat sich der Gesetzgeber gegen einen solchen Sachkundenachweis entschieden. Nicht nur die Verwalter, sondern auch die Makler sind damit unzufrieden (siehe nebenstehenden Bericht). Ein Sachkundenachweis sei kein Allheilmittel, hatte es zuvor aus CDU-Kreisen geheißen. Einen Knackpunkt stellte dabei wohl die "Alte-Hasen-Regelung" dar. Verwalter, die bereits länger als sechs Jahre gewerblich tätig sind, sollten von der Prüfung befreit werden. Damit hätte ein großer Teil die Prüfung gar nicht ablegen müssen, argumentierte die CSU-Politikerin Barbara Lanzinger.

Das Ganze schien einigen Politikern zudem zu bürokratisch zu sein. Die Regierungsparteien einigten sich zumindest auf eine sogenannte Erlaubnispflicht für Verwalter: Wer den Beruf ausüben will, muss in Zukunft Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse und eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. "Wir setzen auf den mündigen Verbraucher", begründete CSU-Politikerin Lanzinger die Entscheidung noch einmal, kurz bevor der Bundestag über den entsprechenden Gesetzentwurf abstimmte. Außerdem müssen sich die Verwalter regelmäßig fortbilden, und zwar mindestens 20 Stunden innerhalb von drei Jahren. Wer das nicht macht, muss mit einem Bußgeld rechnen. Bestimmte Berufsgruppen wie etwa staatlich anerkannte Immobilienkaufleute sind in den ersten drei Jahren wohl von dieser Pflicht befreit. Die Details dazu wird aber eine Rechtsverordnung festlegen. "Über ihre Qualifikationen und Fortbildungen sollen die Verwalter nicht nur die Behörde, sondern auch die Auftraggeber - also die Immobilieneigentümer - informieren", erklärt Martin Kaßler, Geschäftsführer des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter (DDIV).

Vor allem die Unionsparteien wehren sich gegen strengere Vorschriften

Nach der Entscheidung des Bundestags in der vergangenen Woche muss noch der Bundesrat zustimmen. Das Gesetz tritt dann wahrscheinlich 2018 in Kraft.

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Ob energetische Modernisierung, technische Standards, Mietrecht oder Digitalisierung: Die Anforderungen an Verwalter werden immer höher.

(Foto: imago)

Die Branche ist mit den neuen Regeln nicht zufrieden. Das Ergebnis sei enttäuschend, so der BVI-Bundesfachverband für Immobilienverwalter. "Die jetzt gegossene Gesetzesform ist hohl", urteilt Thomas Meier, Präsident des Fachverbandes. Zumindest sei nun der Grundstein für das Berufsbild des Verwalters gelegt, meint DDIV-Geschäftsführer Kaßler. Auch die Verbraucherschützer sind enttäuscht. "Neben einer Versicherungspflicht war der Sachkundenachweis wichtigster neuer Regelungsinhalt", lautet die Kritik von Gabriele Heinrich, Vorstand des Vereins Wohnen im Eigentum. Nun ist der Sachkundenachweis aber erst mal vom Tisch.

Eine ausreichende Qualifikation wird immer wichtiger, denn die Immobilienbranche befindet sich im Umbruch. Nicht nur die Digitalisierung und der demografische Wandel verändern die Arbeit, sondern auch der Gesetzgeber. Die Anforderungen an die Verwalter wurden und werden sukzessive hochgeschraubt. Ob Trinkwasserverordnung, neue Abrechnungsvorschriften oder die Dokumentationen für den Mindestlohn - die Aufgaben sind gewachsen.

Umso mehr sind zum Beispiel Wohneigentümer-Gemeinschaften (WEGs) auf kompetente Verwalter angewiesen. Wie groß der Bedarf tatsächlich ist, zeigte sich vor einigen Jahren. Die Statistischen Ämter sammelten 2011 Daten zum Wohnungsbestand und kamen auf mehr als 1,8 Millionen solcher Eigentümergemeinschaften mit mehr als neun Millionen Wohnungen. Damit gehört hierzulande fast jede vierte Wohnung zu einer Eigentümergemeinschaft. Mitunter müssen die Interessen und Belange Hunderter Eigentümer in einer Anlage berücksichtigt und gemanagt werden. Etwa 25 Millionen Euro Schaden entstünden in dem Bereich durch unprofessionelle und fehlerhafte Immobilienverwaltung, teilte der DDIV vor einiger Zeit mit. Der Verband hatte seine Mitgliedsunternehmen befragt. Weitere 55 Millionen Euro koste die Aufarbeitung mangelhafter Unterlagen von WEGs bei der Übernahme durch eine neue Verwaltung, lautete ein weiteres Ergebnis der Umfrage.

Großes Geschäft

Regelmäßig durchleuchtet der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) die eigene Branche, indem er bei seinen Mitgliedern Umfragen durchführt. Der aktuelle Bericht dazu zeigt, dass die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter die Unternehmen durchaus beschäftigt. Viele Unternehmen und Eigentümergemeinschaften suchen fähige Verwalter. Gefragt sind vor allem Immobilienkaufleute sowie Kaufleute der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Die Umfrage macht deutlich: Insgesamt 86 Prozent der Verwalter erwarten, dass es in Zukunft schwierig wird, qualifiziertes Personal zu finden. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt.

Im Verwaltungsmarkt dominieren kleine und mittlere Firmen. Meistens handelt es sich um GmbHs, die weniger als 3000 Wohneinheiten verwalten. Ein Einzelunternehmer braucht in der Regel mindestens 300 bis 400 Wohneinheiten, damit sich das Geschäft rechnet und er davon leben kann.

Auffallend: Seit einiger Zeit steigt der Anteil großer Firmen, die mehr als 3000 Einheiten verwalten, ergab die Branchenbefragung. "In diesem Jahr waren rund 18 Prozent der Befragten dieser Gruppe zuzurechnen", heißt es beim DDIV. Zu den sehr großen Verwaltungen mit mehr als 10 000 Einheiten gehören aber nur knapp fünf Prozent der Unternehmen. Simone Gröneweg

Während ein WEG-Verwalter das gemeinschaftliche Eigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft betreut, kümmert sich ein Mietverwalter generell um die Verwaltung von Mietobjekten, und zwar im Auftrag des Eigentümers. Auch in diesem Feld sehen die Branchenvertreter Qualifikationsbedarf. Der DDIV und der Deutsche Mieterbund kommen nach Umfragen auf Schäden von allein 120 Millionen Euro pro Jahr - verursacht durch Mietverwalter. Mit Erleichterung nahm man in der Branche zur Kenntnis, dass die Politiker ihr in einem Punkt entgegenkamen: Die eingeführte Erlaubnispflicht gilt auch für die Mietverwalter.

Man könne die Bundesbürger nicht nur auffordern, für das Alter zu sparen und Wohneigentum zu bilden - es müsse auch einen entsprechenden Verbraucherschutz geben, merken die Kritiker an. "Wir werden nach der nächsten Bundestagswahl einen neuen Anlauf nehmen", kündigt Kaßler an. Die Regelungen könnten nur ein erstes Ergebnis politischer Überlegungen sein und müssten in der anstehenden Legislaturperiode konsequent nachgebessert werden, sagt Meier vom BVI. Gabriele Heinrich von Wohnen im Eigentum wirft den Politikern in puncto Bürokratiekosten vor, ihr eigenes Ziel verfehlt zu haben. Ihr Fazit: Wenn allein aufgrund der Erlaubnis- und der Fortbildungspflicht ein Register aufgebaut und regelmäßig aktualisiert werden müsse, koste das viel Geld und schaffe einen immensen Aufwand. Der Nutzen der neuen Regelungen sei dafür aber definitiv viel zu gering.

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