Versicherungen für Auszubildende:Weniger ist deutlich mehr

Bald geht das Berufsleben für viele Auszubildende los. Junge Leute sollten sich deshalb aber nicht in unnütze Versicherungen drängen lassen. Ein Versicherungscheck.

Von Berrit Gräber

Im September starten wieder gut eine halbe Million Schulabgänger eine Ausbildung. Die jungen Leute stehen dann auf eigenen Füßen: Azubis sind nicht mehr generell über die Eltern versichert und brauchen erstmals einen eigenen Versicherungsschutz. Das macht sie sehr interessant für die Versicherungsbranche. Da die vielen Berufseinsteiger als Neukunden begehrt sind, werden sie derzeit von Versicherungsvertretern nur so umschwirrt. Aber Vorsicht: Den jungen Menschen würden häufig in Serie "falsche und unnütze Verträge aufgeschwatzt", warnt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Lehrlinge brauchen meist nicht mal eine Handvoll Versicherungen. Ihr dringender Rat, auch an die Eltern der Berufsneulinge: Nie überhastet abschließen, immer erst schlaumachen und gut rechnen.

Selbst die Krankenkasse wählen

Im Gegensatz zu Schülern und Studenten unter 25 Jahren brauchen Lehrlinge eine eigene Krankenversicherung. Auch von Azubis wird der einheitliche Beitragssatz von derzeit 15,5 Prozent vom Einkommen verlangt. Sie sollten sich möglichst noch vor Arbeitsbeginn selbst eine gesetzliche Krankenkasse aussuchen, sonst legt der Arbeitgeber die Absicherung fest, gibt Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zu bedenken. Die Leistungen der mehr als 100 Krankenkassen sind zwar zu 95 Prozent gleich, unterscheiden sich aber in Extras wie alternative Medikamente, Geld für Zähne, Brille oder Osteopathie. Eine private Zusatzversicherung, die hochwertigen Zahnersatz wie Inlays oder Implantate oder eine Chefarztbehandlung im Krankenhaus zahlt, ist bei dem schmalen Einkommen der Azubis kein Muss - auch wenn die Werbung das oft suggeriert.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist Pflicht

Sie ist gerade für junge Menschen wichtig, auch wenn der Schutz nicht günstig ist, unterstreicht Fachfrau Boss. Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) springt ein, wenn der Versicherte nach einem Unfall oder wegen Krankheit nicht mehr arbeiten kann. Die gesetzliche Rentenversicherung überweist erst nach fünf Jahren Beitragszahlung eine minimale Rente. Die BU sollte deshalb schon mit Beginn der Lehre abgeschlossen werden. Je früher, desto günstiger die Prämien. Diese hängen auch von dem jeweiligen Beruf ab. In kaufmännischen Bereichen müssen Azubis mindestens 40 Euro im Monat zahlen, Malerlehrlinge etwa 80 Euro. Wird die BU mit einer Risikolebensversicherung kombiniert, ist sie meist billiger zu haben. Um den Geldbeutel zu schonen, rät Wortberg auch zu sogenannten Starter-Policen. Sie bieten trotz einer vorher festgelegten Startphase von bis zu 15 Jahren den vollen Schutz für einen geringen Anfangsbeitrag. Wichtig ist die "Nachversicherungsgarantie". Damit lässt sich nach der Ausbildung - wenn das Einkommen steigt - die Rente ohne Gesundheitsprüfung erhöhen.

Privathaftpflicht prüfen

Diese Versicherung ist für jeden Bürger unverzichtbar. Sie schützt vor finanziellem Fiasko, wenn man Schäden bei anderen verursacht. Haben die Eltern eine Haftpflichtpolice, benötigen Azubis in der ersten Berufsausbildung aber noch keine eigene. Sie sind in ihrer Lehrzeit auch als Volljährige noch mitversichert und können sich deshalb eigene Beiträge sparen. Haben Mutter und Vater aber keine Privathaftpflicht, wird ein eigener Vertrag zum Muss, empfiehlt Wortberg. Das gilt auch bei Heirat. Die wichtige Police ist für Singles ab etwa 35 Euro im Jahr erhältlich.

Die Hausrat-Police lohnt sich selten

Solange der Auszubildende noch zu Hause wohnt, ist eine Extra-Police überflüssig. Auch in der ersten, sparsam möblierten Wohnung wird sie kaum gebraucht. Nur wer schon in der Lehre hochwertigen Hausrat anschafft - teure Möbel, Hightech-Geräte, Computer, eine Profi-Fotoausrüstung - sollte über eine Absicherung nachdenken. Die Police deckt üblicherweise Einbruchdiebstahl, Brand, Blitzschlag, Explosion und auch Schäden durch Rohrbrüche und Sturm ab.

Das muss nicht sein

Nur wer noch finanziellen Spielraum hat, kann sich mit einer privaten Unfallversicherung zusätzlich absichern. Die BU springt erst ab 50 Prozent Berufsunfähigkeit ein. Die Unfallpolice zahlt bereits ab einem Prozent Invalidität infolge eines Unfalls. Als Faustregel für die Höhe der Versicherungssumme gilt: Monatsbedarf mal 200. Wer glaubt, im Ernstfall mit monatlich 1000 Euro über die Runden zu kommen, kann eine Versicherungssumme über 200 000 Euro abschließen. Die Kosten für einen Vertrag über 100 000 Euro: ab 60 Euro im Jahr, je nach Alter und Beruf. Verzichtbar ist nach Ansicht von Versicherungsexperten der Abschluss einer eigenen Rechtsschutz-, Reiserücktritts- oder Gepäckversicherung sowie einer Handyversicherung.

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