Versicherer:Talanx und Swiss Life paktieren

Die Hannoveraner steigen beim Schweizer Konzern ein - und wollen über die Vertriebstochter AWD Lebensversicherungen verkaufen.

Thomas Fromm

Deutschlands drittgrößter Versicherungskonzern Talanx startet einen Frontalangriff auf seine wichtigsten Konkurrenten Allianz und Ergo/Münchener Rück.

Carsten Maschmeyer

Talanx profitiert von einer komplexen Aktienverflechtung, für die vor allem der frühere AWD-Chef Carsten Maschmeyer verantwortlich war - und aus der sich Swiss Life mit aller Kraft befreien wollte

(Foto: Foto: dpa)

Wie der Versicherer mitteilte, steigt er mit rund zehn Prozent bei dem Versicherungskonzern Swiss Life ein und erhält im Gegenzug Zugang zum Hannoveraner Finanzvertrieb AWD mit seinen rund 6000 selbständigen Finanzberatern und rund 1,8 Millionen Kunden.

Talanx werde ein "wichtiger Produktpartner" von AWD, heißt es in einer Grundsatzvereinbarung von Talanx und Swiss Life, zu der AWD seit dem vergangenen Jahr gehört.

Befreiungsschlag für alle

Im Zentrum der Kooperation stehe eine strategische Zusammenarbeit im Vertrieb von Lebensversicherungen und in der Lebensrückversicherung. Über den Einstieg von Talanx bei Swiss Life wurde schon seit Wochen spekuliert; in der Branche dürfte er zu großen Verschiebungen bei Marktanteilen führen.

Der Schritt, so der Manager eines großen deutschen Versicherers, zeige, dass es im Versicherungsgeschäft "heute vor allem um eines geht: Vertrieb, Vertrieb, und nochmal Vertrieb". Zu Talanx gehören unter anderem der Industrieversicherer HDI, HDI-Gerling und der Rückversicherer Hannover Rück.

Talanx profitiert damit von einer komplexen Aktienverflechtung, für die vor allem der frühere AWD-Chef Carsten Maschmeyer verantwortlich war - und aus der sich Swiss Life mit aller Kraft befreien wollte. Zunächst hatte der Manager und Unternehmensgründer seine AWD-Aktien in den vergangenen Jahren dem eidgenössischen Versicherungskonzern verkauft.

Die Schweizer lockte daran vor allem der Zugang zum deutschen Markt; Maschmeyer wollte in den Assekuranz-Olymp aufsteigen. Hinter den Kulissen wollte der Niedersachse mit dem markanten Schnauzbart einen mächtigen Finanzvertrieb im Schatten der Schweizer schmieden.

Er kaufte unter anderem rund 24 Prozent an MLP zusammen und reichte das Paket an Swiss Life weiter. Seinem Ziel, MLP und AWD zusammenzulegen, war er damit einen großen Schritt nähergekommen.

Das Problem nur: Weder wollte MLP seine Unabhängigkeit verlieren, noch wollte Swiss Life den Plänen seines umtriebigen AWD-Chefs folgen. Am Ende wehrte sich der MLP-Vorstand mit einer Kapitalerhöhung, die von Allianz, dem französischen Axa-Konzern und der britischen HBOS gezeichnet wurde.

Was die MLP-Geschäfte wohl am meisten störte: Ab einer Beteiligung von über zehn Prozent müssen die MLP-Berater beim Kundengespräch auf ihren Großaktionär hinweisen, was nicht wenige Klienten abschreckte. MLP hatte auch deshalb keine Swiss-Life-Produkte mehr verkauft.

Der Einstieg von Talanx bei Swiss Life ist daher jetzt so etwas wie ein Schlag in den gordischen Knoten: Im Zuge der neuen Zusammenarbeit von Swiss Life und Talanx sichern sich die Hannoveraner gleichzeitig Zugriff auf den Finanzdienstleister MLP, indem sie Swiss Life ein MLP-Aktienpaket von 8,4 Prozent abkaufen - und so den Schweizern eine ungeliebte Bürde abnehmen.

Das Akienpaket an MLP galt zuletzt als einer der Gründe für den Einbruch der Swiss-Life-Aktien. Gleichzeitig will Swiss Life gemeinsam mit MLP Käufer für weitere MLP-Aktien finden und die Beteiligung an dem deutschen Finanzdienstleister auf unter zehn Prozent abbauen.

Und Maschmeyer? Der ehrgeizige Unternehmer, der eigentlich AWD und MLP zusammenlegen wollte, wird nun die AWD-Spitze verlassen, um am 7. Mai in den Verwaltungsrat des Schweizer Traditionskonzerns gewählt zu werden. Nachdem Talanx und Swiss Life ihr Bündnis geschmiedet haben, führt künftig nicht mehr er die Regie. Hinter den Kulissen, berichten Insider, sei die Stimmung zwischen Swiss-Life-Management und Maschmeyer alles andere als gut. Doch Maschmeyer ist mit acht Prozent größter Einzelaktionär der Schweizer - ein Anteil, den er ausbauen will.

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