Verlust an Kreditwürdigkeit:Portugal - Europas nächster Krisenfall

Während Europa noch eine Lösung für die griechische Finanzmisere sucht, kommt der nächste Staat ins Schleudern: Wird Portugal das neue Griechenland?

C. Gammelin

Kurz vor Beginn des EU-Gipfels an diesem Donnerstag in Brüssel hat nach Griechenland auch Portugal, ein weiteres Euroland, an Kreditwürdigkeit verloren. Die Ratingagentur Fitch senkte am Mittwoch die Bonitätsbewertung des hochverschuldeten Landes wegen mangelnder Haushaltsdisziplin.

Portugal muss nun höhere Zinsen zahlen, wenn es seine Schulden am Finanzmarkt refinanzieren will. Im vergangenen Jahr hatte bereits Griechenland wegen Misswirtschaft und verschleppter Reformen an Bonität verloren. Dadurch geriet Athen immer tiefer in die Schuldenfalle. Auch Spanien und Italien gelten wegen ihrer hohen Staatsdefizite als gefährdet.

Trotz der schwierigen Situation ist die EU weiter uneins über mögliche Nothilfen. Die Verhandlungen zwischen Paris und Berlin über ein Notfallpaket für Athen dauerten am Mittwoch zwar an. Der deutsch-französische Plan stößt aber auf großen Widerstand in der Eurogruppe und in der EU-Kommission. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollen, dass Athen bei drohender Zahlungsunfähigkeit zunächst Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragt. Freiwillige bilaterale Finanzhilfen anderer Euroländer wollen sie nur in Ergänzung zu einem IWF-Kredit zulassen.

"Wir planen von Stunde zu Stunde"

Der Sprecher der Euroländer, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, möchte dagegen verhindern, dass der IWF eine maßgebliche Rolle erhält. "Die Euroländer sollen sich zuerst untereinander helfen", sagte sein Sprecher der Süddeutschen Zeitung. Der IWF könne ergänzend eingreifen. Auch die Regierungen Spaniens und Portugals sehen IWF-Hilfen kritisch. Währungskommissar Olli Rehn betonte, die EU-Kommission bevorzuge "Hilfe aus dem Euroraum". IWF-Experten seien in die Kontrolle der Sparpläne und Reformen in Griechenland eingebunden. Das sei ausreichend.

Offiziell steht eine Entscheidung über Hilfen für Griechenland nicht auf der Tagesordnung des Gipfels. Dennoch dominiert der Streit über die Instrumente eines etwaigen Notfallpakets die Vorbereitungen des Treffens. Diese Debatte dürfte durch die Herabstufung Portugals weiter an Brisanz gewinnen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der die EU-Gipfel vorbereitet und leitet, gelang es bis zum Abend nicht, einen Kompromiss auszuhandeln.

Ein zunächst geplantes Sondertreffen der Regierungschefs der Euroländer stieß in Berlin auf Ablehnung. "Wir sehen nicht, was auf einem solchen Treffen passieren soll", hieß es aus Regierungskreisen. Van Rompuy habe Merkel zwar telefonisch über die Möglichkeit eines Sondertreffens informiert, es sei aber "weder verabredet noch wurde dazu eingeladen". Van Rompuy selbst schloss eine Einladung nicht aus. "Wir planen von Stunde zu Stunde", sagte sein Kabinettschef in Brüssel.

Die Bundesregierung unterstrich, Nothilfen für Griechenland seien die "Ultima Ratio", wenn Athen seine Schulden nicht mehr am Markt finanzieren könne. Dies sei bislang aber nicht der Fall. Die Bundesregierung dringt auf eine klare Vereinbarung, wie künftige Krisen verhindert und besser bewältigt werden können. Sie wies zudem Vorwürfe zurück, aus nationalem Interesse Hilfen zu blockieren. "Wir sind nicht Sachwalter des deutschen Sparers, sondern der Europäischen Gemeinschaft", hieß es aus Regierungskreisen.

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