Verdacht auf Betrug: Kiener:Ein Chance für die Schnellen

Der mutmaßliche Millionenbetrüger Helmut Kiener kommt vor Gericht. Geprellte Anleger müssen ihre Ansprüche rasch anmelden, denn das beschlagnahmte Geld reicht nicht für alle. Es gilt: Die Schnellen gewinnen.

Markus Zydra

Die Ermittlungen sind abgeschlossen, die Ergebnisse fließen nun in die Anklageschrift. In den nächsten Wochen will die Staatsanwaltschaft Würzburg Anklage erheben gegen den mutmaßlichen Kapitalmarktbetrüger Helmut Kiener. Der seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft sitzende Psychologe soll laut Ermittlungsakte Banken und Privatsparer um eine halbe Milliarde Euro betrogen haben. Ihm drohen deshalb bis zu 15 Jahre Haft.

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Sparer müssen einen gerichtlichen Arrestantrag stellen, dem der Richter mit einem Arrestbefehl stattgeben kann. Anleger erhalten dann ihr Geld zurück.

(Foto: dpa)

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft auch das Privatvermögen von Kiener beschlagnahmt. Insgesamt wurden etwa 2,5 Millionen Euro sichergestellt, was womöglich aber nur ein kleiner Teil von Kieners Gesamtbesitz ist. Das Gros der Pfändung betrifft das Grundstück von Kiener in einer Aschaffenburger Villengegend. Der Wert wird auf 1,3 Millionen Euro geschätzt. Die Staatsanwaltschaft hat auch rund 450.000 Euro von Konten beschlagnahmt, die auf den Namen der beiden Kiener-Töchter lauten. Mit diesen - im Fachjargon - dinglichen Arresten sollen die Ansprüche der Geschädigten gesichert werden.

Um ihr Geld zurückzuerhalten müssen geprellte Sparer einen gerichtlichen Arrestantrag stellen, dem der Richter mit einem Arrestbefehl stattgeben kann. Anleger erhalten dann ihr Geld zurück. "Der Sparer muss belegen, dass er Geld bei Kiener einbezahlt hat,", sagt der Rechtsanwalt Peter Mattil. Insgesamt haben 8000 Privatsparer rund 90 MillionenEuro in K1-Genussscheine von Kiener investiert. Es können also längst nicht alle ausbezahlt werden. "Das gepfändete Vermögen wird verteilt, bis es weg ist. Anleger, die zuerst kommen, werden zuerst bedient. Es kommt auf den Eingangsstempel an", sagt Mattil.

Praktisch mittellos

Kieners zwei K1-Fonds sind vom Insolvenzverwalter als praktisch mittellos eingestuft worden. Nur 260.000 Euro sind übrig. Bisher hat der zweifache Vater die Vorwürfe immer abgestritten. Die Ermittlungen waren ins Stocken geraten, weil sich ein mutmaßlicher Komplize im Sommer das Leben genommen hatte.

Der 50-jährige Kiener konstruierte weltweit ein schwer durchschaubares Firmengeflecht. Die französische Bank BNP Paribas und die britische Barclays haben zusammen rund 270 Millionen Euro in das System Kiener investiert. Auch die im US-Geldhaus JP Morgan aufgegangene Investmentbank Bear Stearns hat Kiener Geld gegeben. Dazu noch Tausende Privatsparer, die von Finanzvertrieben zu dieser Geldanlage gedrängt wurden. Kiener bezahlte üppige Verkaufsprovisionen.

Der mutmaßliche Betrüger arbeitete für BNP Paribas und Barclays als Anlageberater. Er prahlte mit einem perfekten Hedgefondssystem, das von 1996 bis 2009 insgesamt 833 Prozent Rendite gebracht habe. Dabei war Kiener in Deutschland mehrfach negativ aufgefallen. Am 8. August 1994 untersagte ihm das Landgericht Hamburg unter Androhung einer Ordnungshaft, weiterhin Kunden für sein Finanzprodukt zu werben. 1998 warnte die Fachpublikation kapital-markt intern eindringlich vor Kieners Fonds, weil dort steuerfreie Gewinne von jährlich 60 Prozent in Aussicht gestellt wurden. Dann ordnete die Finanzaufsicht Bafin seit 2001 zweimal die Rückabwicklung von K1-Fonds an.

Die Ermittler sagen, Kiener habe die Bewertungen der K1-Genussrechte erfunden und "durch von ihm selbst monatlich unter dem Briefkopf der HSBC Bank erstellte Depotauszüge belegt". Die ersten Anleger zahlte Kiener noch aus, denn er hatte frisches Kapital von anderen interessierten Sparern. Mancher Privatanleger hat also Profit gemacht. Zum Schluss hatte Kiener jedoch kein Geld mehr übrig, um Sparer und Banken auszubezahlen.

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