Verbraucher: Geldabheben:Schwachstelle Magnetstreifen

Geldabheben wird ein bisschen sicherer, denn ein neuer Chip schützt EC-Karten vor Fälschungen. Doch gebannt ist die Betrugsgefahr am Bankautomaten nicht - es bleibt ein großes Problem.

Harald Freiberger

Betrüger haben es seit 1. Januar am Geldautomaten schwerer: Alle 93 Millionen Debitkarten (früher EC-Karten) in Deutschland verfügen nun über einen Sicherheitschip, der das Kopieren der Daten unmöglich macht. Ganz sicher ist das Geldabheben damit aber noch nicht. Die Schwachstelle ist der Magnetstreifen, der für eine Reihe von Funktionen unverzichtbar bleibt. Das Bundeskriminalamt (BKA) und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) fordern deshalb eine schnelle Lösung, die den Magnetstreifen überflüssig macht.

Geldautomat

Die EC-Karten haben künftig einen Sicherheitschip, der das Kopieren von Daten erschwert.

(Foto: dpa)

Die Methode heißt "Skimming": Dabei bauen Betrüger vor den Schlitz an Geldautomaten eine Attrappe auf, in die der ahnungslose Kunde seine Debitkarte steckt. Die Attrappe liest die Daten vom Magnetstreifen ab, die Täter kopieren daraus eine Karte und heben im Ausland Geld ab. Die Schadensfälle durch Skimming sind zuletzt drastisch gestiegen. So hatten sich Kriminelle 2010 bis November in Deutschland an 1674 Geldautomaten zu schaffen gemacht - doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. 2010 hatten die Schäden durch Skimming für deutsche Banken 32 Millionen Euro betragen.

Der fälschungssichere EMV-Sicherheitschip kann den Betrug nun eindämmen. Ganz zufrieden ist das Bundeskriminalamt aber nicht. Es fordert die Einführung einer Debitkarte ohne Magnetstreifen. Das aber ist derzeit technisch noch nicht möglich, da der Chip nicht alle bisherigen Funktionen der Debitkarte ausführt. Mit ihm ist das Geldabheben und Bezahlen an Handelsterminals in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Liechtenstein, Island, Monaco, Norwegen und der Schweiz möglich. Das sind die Länder, die dem europäischen Bezahlsystem Sepa beigetreten sind.

Außerhalb dieser Staaten, also auch in den Urlaubsländern Nordafrikas und in den USA, ist aber weiter der Magnetstreifen zum Geldabheben nötig. Auch das elektronische Lastschriftverfahren, also das Bezahlen im Handel mit Karte und Unterschrift, läuft nur über den Magnetstreifen, ebenso wie das Drucken von Kontoauszügen.

Verbraucherschutzministerin Aigner begrüßt den Vorschlag des BKA, Debitkarten ohne Magnetstreifen einzuführen. "Je schneller die Anbieter auf eine einheitliche Chiptechnologie umstellen können, desto besser wäre dies für den Verbraucher", sagte sie. Kunden müssten so gut wie möglich gegen das Ausspähen ihrer Daten geschützt werden. Auch der Sparkassenverband unterstützt die Forderung, den Magnetstreifen von den Debitkarten zu entfernen. Bevor er aber vollständig entfallen könne, seien noch zahlreiche Umstellungen nötig. Ab Juli 2011 sei es bei Sparkassen möglich, EC-Zahlungen nur noch über Chip und PIN-Eingabe abzuwickeln, ab 2012 alle Verfügungen am Geldautomaten. Danach werde der Kontoauszugsdrucker umgestellt.

Sonderweg der Postbank

Der Magnetstreifen wird sich also noch eine Zeit lang auf den Debitkarten befinden, und damit besteht weiter das Risiko, dass Betrüger Daten ablesen. Das BKA schlägt den Banken auch vor, zwei getrennte Karten anzubieten - eine mit Chip für das Geldabheben in Europa, eine mit Magnetstreifen für das Abheben außerhalb Europas, für das elektronische Lastschriftverfahren und für Kontoauszugsdrucker.

Die Bankenverbände halten diese Lösung aber für wenig praktikabel, weil die Verbraucher dann die Kosten für die zweite Karte tragen und sich auch zwei Geheimnummern merken müssten. Technisch wäre es auch möglich, dass ein Geldautomat nur noch Geld auszahlt, wenn sich auf einer Karte ein Sicherheitschip befindet. Der Nachteil dieser Lösung: Die Magnetkarte fällt dann auch als Notfalllösung aus. Als vor einem Jahr bei vielen Chips Programmierfehler auftraten, behalfen sich Banken, indem sie vorübergehend auf Auszahlung über Magnetkarte umstellten.

Einen Sonderweg geht die Postbank. Sie händigte rund drei Millionen Girokonto-Kunden im Dezember eine neue Karte aus, weitere gut drei Millionen folgen bis Juli. Die Karte mit dem neuen V-Pay-Verfahren enthält den Chip und ermöglicht sichere Geldauszahlungen in den 32 Sepa-Staaten. Sie hat noch einen Magnetstreifen für Lastschriften und Kontoauszugsdrucker, Geldabheben ist aber nur noch über den Chip möglich. Für Reisen ins nicht-europäische Ausland empfiehlt die Postbank ihren Kunden eine Kreditkarte.

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