Verbot von Spekulation mit CFD:Anleger sind weiterhin den Banken ausgeliefert

SCHWEIZ 'NEUE BOERSE ZUERICH-WEST'

Am besten schützen sich Verbraucher also noch immer selbst: durch Wissen über Finanzmärkte.

(Foto: dpa)

Die Finanzaufsicht hat riskante Spekulationspapiere für private Anleger verboten. Doch das geht nicht weit genug.

Kommentar von Jan Willmroth

Die Finanzaufsicht Bafin setzt zum ersten Mal ihre schärfste Verbraucherschutz-Waffe ein: In dieser Woche hat sie sogenannte Differenzkontrakte mit Nachschusspflicht verboten. Erstmals verschwindet damit eine ganze Produktgruppe vom Markt. Normalerweise sind Finanzaufseher für Überraschungen gut. Wer aber die Bafin-Direktorin Elisabeth Roegele in den vergangenen Monaten über die Differenzkontrakte reden hörte, konnte erahnen, dass sie die Produkte schnellstmöglich nicht mehr sehen will. Das Verbot ist nun begrüßenswert, aber unzureichend.

Die fraglichen Wertpapiere sind unter der englischen Abkürzung CFD bekannt. Mit ihnen spekulieren Anleger auf die Kursentwicklung von Währungspaaren, Aktien, Rohstoffen oder Zinssätzen. Die zumeist ungerechtfertigte Unterstellung, die Finanzmärkte würden von einer Kasino-Mentalität beherrscht, trifft hierbei zu: CFDs mit Nachschusspflicht sind so ziemlich die riskantesten Finanzwetten, die man eingehen kann. Bewegt sich ein Kurs in die gewünschte Richtung, gewinnen Anleger ein Vielfaches ihres Einsatzes, mit irrwitzigen Hebelsätzen von 400 oder mehr. Geht die Wette nicht auf, kann sich durch die Nachschusspflicht auch der Verlust vervielfachen. Zahlreiche Anleger haben sich damit in den vergangenen Jahren in den Ruin gezockt.

Das Verbot ist deshalb richtig. Mit aggressiver Internet-Werbung und Geldgeschenken haben die zumeist aus dem Ausland operierenden Anbieter bewusst unerfahrene Anleger adressiert, die das Verlustrisiko nicht gut genug einschätzen konnten. Es ist schlicht nicht ersichtlich, warum private Investoren Produkte kaufen dürfen, mit denen sie ein Vielfaches ihres Einsatzes verlieren können. Das geht noch nicht einmal am Spielautomaten oder an Roulette-Tischen im echten Kasino. Konsequenter wäre es also, sämtliche Produkte mit Nachschusspflichten vom Markt zu nehmen.

Der Großteil der Anleger ist weiter schlechter Beratung und dubiosen Angeboten ausgeliefert

Gleichwohl ist das Verbot ein wichtiges Signal: Die deutsche Finanzaufsicht nimmt ihr neues Verbraucherschutzmandat ernst, das sie seit dem Sommer 2015 hat. Dieses Mandat war längst überfällig. Zu lange war die Bafin nur dafür zuständig, Banken, Versicherungen, Fondshäuser und Märkte zu überwachen und unerlaubte Geschäfte zu untersagen. Vieles von dem, was die Behörde tat, nahmen die Bürger kaum wahr oder verstanden sie nicht. Das ist nun anders, die Bafin veröffentlicht viel mehr und arbeitet transparenter als früher. Eine schlagkräftige, transparente Finanzaufsicht, die Verbraucherinteressen durchsetzt, ist zeitgemäß; ein solches Mandat kann und sollte das Vertrauen der Verbraucher in den Finanzmarkt stärken.

In dieser Hinsicht kann man das CFD-Verbot aber fast schon lächerlich finden. Im vergangenen Jahr wurden CFDs über 174 000 Konten in Deutschland gehandelt, nur einen Teil davon nutzten Privatanleger. Die Bafin attackiert mit dem Verbot also erstens eine kleine Zocker-Nische des Finanzmarkts, die ein Großteil der Sparer und Anleger niemals kennenlernt. Für diesen Großteil ändert sich durch die Einschränkung beim CFD-Handel absolut nichts.

Dieser Großteil der privaten Investoren ist weiterhin Banken ausgeliefert, die zu schlecht beraten, er wird weiterhin von dubiosen Akteuren auf dem grauen Kapitalmarkt bedrängt, die leichtgläubige Kunden mit ungeprüften Gewinnversprechen um ihr Geld bringen. Und gerade der aktuelle Fall um die vermeintliche Digitalwährung Onecoin zeigt: Finanzgeschäfte im Internet funktionieren für diese Aufsicht zu schnell, sie bleiben häufig zu lange unentdeckt und werden nicht effektiv genug verfolgt. Daran haben auch die Verbraucherschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre - insbesondere das Kleinanlegerschutzgesetz - nicht viel geändert.

Am besten schützen sich Verbraucher also noch immer selbst: durch Wissen über Finanzmärkte. Anleger sollten lieber einmal zu oft misstrauisch sein, sie sollten sich nie von Versprechen locken lassen, die zu schön klingen, um wahr zu sein. Das galt vor der Finanzkrise, es gilt heute, und es wird morgen gelten.

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