US-Immobilienkrise:Von wegen Sicherheit

Die Finanzindustrie versprach wenig Risiko - nun zeigt sich: Die US-Immobilienkrise betrifft eine Reihe von Fonds, die als extrem stabil gelten.

Corinna Nohn

Im Informationsblatt klingt es überzeugend. "Im Hinblick auf Ihr Vermögen brauchen Sie Stabilität, um beweglich bleiben zu können'', schreibt die WestLB Mellon, eine Tochter der Großbank WestLB, über ihre Fondsfamilie namens "Compass'' (auf deutsch: Kompass).

US-Immobilienkrise: In den USA können sich immer mehr Hausbesitzer ihre Immobilie nicht mehr leisten.

In den USA können sich immer mehr Hausbesitzer ihre Immobilie nicht mehr leisten.

(Foto: Foto: AP)

Man biete "die Zuverlässigkeit eines etablierten Unternehmens, die Zuverlässigkeit unserer Fonds, die Zuverlässigkeit unserer bisherigen Wertentwicklung''. In der Werbebroschüre ist zudem von Chancen auf höhere Erträge bei gleichzeitig reduziertem Risiko die Rede.

Die Investoren durften also damit rechnen, relativ risikolose Produkte auszuwählen. Doch findet sich in der "Compass''-Familie auch ein Rentenfonds, der auf sogenannten ABS-Anleihen basiert.

Das sind Papiere, die mit Vermögenswerten unterlegt sind (englischer Fachbegriff: Asset Backed Securities). Dass die WestLB den Rentenfonds am Dienstag geschlossen hat, nachdem es weltweit zu Turbulenzen rund um solche ABS-Investments gekommen ist, dürfte viele Privatanleger geschockt haben.

Bei einer weiteren als nahezu risikolos geltenden Anlageklasse könnten Investoren ähnliche Erfahrungen machen - auch wegen ABS. So hatten zwei Geldmarktfonds des französischen Versicherungskonzerns Axa zeitweise mehr als 20 Prozent an Wert verloren und wurden in der vergangenen Woche für neue Gelder geschlossen.

Von wegen Sicherheit

"Wie viele Fonds insgesamt betroffen sind und noch schließen müssen, weiß keiner'', sagt Michael Huber, Direktor des VZ Vermögenszentrums in München. "Aber mit Sicherheit ist nicht überall, wo Geldmarktfonds draufsteht, auch nur Geldmarktfonds drin.'' Ein Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) meint: "Sicher ist nur, dass die Hypothekenkrise noch nicht ausgestanden ist.''

Geldmarktfonds investieren in festverzinsliche Wertpapiere, die zumeist nur drei bis sechs Monate laufen. Dadurch bestehen üblicherweise sehr geringe Ausfall- und Kursrisiken. Offensichtlich haben aber einige dieser Fonds ABS-Anleihen ins Portfolio genommen.

"Die Versuchung, die Gesamtrendite durch solche Anleihen aufzupeppen, war groß'', sagt der DSW-Sprecher. In den vergangenen drei Jahren seien im Bereich der risikolosen Anlagen keine hohe Rendite zu erwirtschaften gewesen, erklärt Andreas Beck, Leiter des Münchner Instituts für Vermögensaufbau.

"Der Druck von den Anlegern auf die Banken, höhere Renditen zu erzielen, ist enorm.'' Welcher Fonds wie viel Geld in ABS-Anleihen gesteckt hat, ist allerdings ungewiss.

ABS-Anleihen sind erst durch die Krise um faule Hypothekenkredite in den USA in Misskredit geraten - obwohl längst nicht alle dieser Anleihen auf Immobilienkrediten beruhen, sondern auch auf Unternehmens- oder privaten Konsumkrediten.

Insbesondere institutionelle Anleger haben in vergangenen Wochen aus Angst vor Verlusten Anteile an ABS-Fonds oder die Anleihen selbst verkauft. Das hatte die jetzt geschlossenen Fonds in eine Art Teufelskreis geführt: Die Gesellschaften verfügen in der Regel über geringe Liquiditätsreserven und waren nun gezwungen, ihre ABS- oder andere Fondsanteile zu ständig fallenden Preisen zu verkaufen.

"Irgendwann kommt dann der Punkt, wo der Emittent den Fonds dicht macht, weil er einfach keine realistischen Preise mehr am Markt erzielen kann'', erklärt der DSW-Sprecher. Natürlich sei es für den Anleger nicht erfreulich, wenn er seine Anteile vorerst nicht verkaufen könne.

"Die Schließung ist aber nicht auf ein Missmanagement zurückzuführen.'' Die aktuelle Situation sei mit der Krise der offenen Immobilienfonds vor einigen Jahren zu vergleichen: "Nachdem diese Fonds geschlossen und dann neu bewertet wurden, mussten die Anleger letztlich nur eine minimale Abwertung hinnehmen.''

Offen ist die Frage, ob die emittierenden Institute nicht deutlicher auf mögliche Risiken hätten hinweisen müssen. Da auf dem Markt sehr große Konkurrenz herrscht, liegt es nahe, dass der ein oder andere Berater sein Produkt zu überschwänglich angepriesen hat.

"Aber diese Produkte sind so kompliziert konstruiert, dass viele Anlageberater selbst nicht so genau wussten, was sie ihren Kunden da verkauft haben'', meint Vermögensaufbau-Chef Andreas Beck.

In ihren Verkaufsprospekten haben sich die Banken jedenfalls ausreichend abgesichert - dort werden alle möglichen Risiken aufgeführt. "Wer nicht die Zeit hat, sich mit den Produkten im Detail auseinander zu setzen, sollte Tagesgeldanlagen vorziehen'', sagt Vermögensberater Huber. Damit habe man zuletzt ohnehin höhere Renditen erzielen können.

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