US-Banken zahlen Staatskredite zurück:Getriebene Banker

Noch vor einem Jahr waren sie dem Kollaps nahe, jetzt zahlen Probleminstitute bereits wieder Staatskredite zurück. Sie tun es aus Angst - und viel zu früh.

Moritz Koch

Jetzt auch noch die Citigroup. Der Konzern, der zum Inbegriff von Hybris und Fall der Finanzindustrie geworden ist, darf damit beginnen, die Staatshilfen zurückzuzahlen. Die US-Regierung, deren Intervention an der Wall Street vor einem Jahr den Kollaps der Weltwirtschaft verhindern konnte, zieht sich aus New York zurück.

Staatskredite, Citigroup; Reuters

Filiale der Citibank in Hongkong: Banken wie die Citigroup sind nicht Herr der Lage. Sie sind Getriebene in einem ruinösen Wettbewerb.

(Foto: Foto: Reuters)

Auch die kalifornische Bank Wells Fargo hat inzwischen eine Vereinbarung über die Tilgung der Staatsschuld getroffen. Beruhigend ist das nur auf den ersten Blick. Was sich zunächst als Schritt zur Normalisierung ausmacht, ist tatsächlich ein Zeichen von Schwäche. Banken wie die Citigroup sind nicht Herr der Lage. Sie sind Getriebene in einem ruinösen Wettbewerb.

Die Konkurrenzlogik kann Unternehmen veranlassen, potentiell suizidale Entscheidungen zu treffen. Es ist das gleiche Denken, das in die große Krise führte. 2006 drängten die Großbanken auf den Markt für Ramschhypotheken. 2009 wiederholt sich das Schauspiel bei der Zurückzahlung der Regierungskredite. Die Citigroup und Rivalen wie die Bank of America verlassen die Obhut des Staates. Doch sie sind zu schwach, um schwere Nachbeben an den Finanzmärkten zu überstehen.

Der Aufschwung, den Wirtschaftsforscher prognostizieren, ist noch lange nicht gesichert. Die Zahlungsprobleme von Dubai, die Sorgen um die Schuldenberge in Griechenland, Spanien, Irland, Großbritannien und Osteuropa, die Spekulationsblasen in China, die faulen Kredite für US-Gewerbeimmobilien, die Abhängigkeit der Finanzinstitute von den Nullzinsinfusionen der Notenbanken - Zündstoff für Folgedetonation gibt es genug.

Allein aus Angst, den Anschluss an finanziell gesündere Konkurrenten zu verlieren, dringen die Citigroup und die Bank of America darauf, ihre öffentliche Schuld vorzeitig zu begleichen. Die Staatshilfen gelten als Stigma in den Kreisen der Hochfinanz. Er würde sich schämen, wenn er öffentliches Geld in Anspruch nehmen müsste, hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gesagt und damit auch vielen US-Managern aus der Seele gesprochen.

Es war richtig, dass Washington der Wall Street die Finanzinfusionen im vergangenen Jahr aufgezwungen hat, um Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Es war falsch, das die Regierung ihre vernünftige Entscheidung im Frühsommer zurücknahm, als sie den ersten Banken die Rückzahlung gestattete.

Völlig übermütig ist es, dass jetzt sogar schon über die Weiterverwertung der Kredite diskutiert wird. Das Weiße Haus plant, Teile des Geldes aus dem Rettungsfonds in ein weiteres Konjunkturprogramm zu stecken, anstatt die volle Summe als Notreserve zurückzuhalten.

Washington hat ausgeschlossen, den "Bonzen der Wall Street" (Präsident Barack Obama) noch einmal zu Hilfe zu kommen. Doch was wäre die Alternative, wenn die Krise sich erneut verschärfen würde und die Citigroup und die Bank of America in Zahlungsschwierigkeiten gerieten?

Die beiden Konzerne sind mehr als doppelt so groß wie die Investmentbank Lehman Brothers, deren Pleite aus einer amerikanischen Rezession eine Weltwirtschaftskrise machte. Ihr Kollaps wäre eine Katastrophe.

Zugegeben, die Rückzahlung ist an strenge Auflagen geknüpft. Die Citigroup und die Bank of America müssen staatliches Kapital durch privates ersetzen. Nur wenn ihr Polster dick genug ist, dürfen sie das Geld der Regierung zurückzahlen. Doch die Staatsbeteiligung ging über ihren monetären Wert hinaus. Sie war ein Signal: "Washington steht hinter den Großbanken, ein zweites Lehman wird es nicht geben." Diese Botschaft verblasst mit jedem Dollar, der zurück in die Kassen des Finanzministeriums fließt.

Derweil ist ein Notfallplan zur Abwicklung strauchelnder Großbanken noch immer nicht Gesetz. Das Repräsentantenhaus hat zwar am vergangenen Freitag einen Entwurf verabschiedet, doch die Zustimmung des Senats dürfte sich noch monatelang hinauszögern. Die US-Regierung hätte auf das neue Regulierungsgerüst warten müssen, ehe sie die Tilgungspläne billigt.

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