US-Banken im Test:Furcht und Zittern

Gebannt starrt die Finanzwelt auf die Ergebnisse des großangelegten Stresstests, mit dem die US-Regierung den Zustand des Bankensystems beurteilt. Zu Recht?

Hans von der Hagen

Was sind schon 34 Milliarden Dollar? Diese Summe soll die Bank of America an zusätzlichem Kapital benötigen, um sich in dem rauen wirtschaftlichem Umfeld in den Vereinigten Staaten auch künftig noch behaupten zu können.

New York, AFP

Um Panik an der Börse zu vermeiden, werden seit Tagen die Finanzmärkte auf die Ergebnisse des Stresstests vorbereitet

(Foto: Foto: AFP)

Das wird jedenfalls als eines der Ergebnisse aus dem Stresstest kolportiert, den die US-Regierung initiiert hat. Ein weiteres lautet: Rund zehn Banken sollen weiteres Kapital benötigen.

Noch sind die Zahlen nicht offiziell und es ist unklar, welches Szenario bei welcher Zahl unterstellt wird. Doch um Panik an der Börse zu vermeiden, bereiten seit Tagen "gut unterrichtete Quellen" und "mit der Angelegenheit vertraute Kreise" über wichtige Wirtschaftsmedien die Finanzmärkte auf das Ergebnis des Stresstests vor. Und mit großer Aufmerksamkeit wird jede dieser Zahlen registriert.

34 Milliarden also bei der Bank of America. Ist das viel? Immerhin ist die Zahl gut dreimal so hoch wie eine Summe, die bereits zuvor die Runde gemacht hatte - und es ist weit mehr, als offenbar die anderen getesteten Institute brauchen.

Die Börse sagt: Das ist nicht viel. Die Anleger kaufen, was das Zeug hält: In den letzten Tagen haben die Papiere der Bank of America fast ein Drittel an Wert gewonnen.

Offenbar sind die Investoren erleichtert, überhaupt mal eine Zahl zu hören, die nicht von der Bank selbst stammt. Sie liefert zumindest einen Anhaltspunkt, wie es um das Institut steht.

Das ist umso wichtiger, als die Bank noch am Vortag behauptet hatte, sie brauche kein frisches Geld. Die Einschätzung der Regierung und die der Bank of America klaffen demnach weit auseinander.

Genau diese Differenzen sind es, die das Misstrauen der Finanzhäuser untereinander säen und das Kreditgeschäft austrocknen.

Doch was besagt der Stresstest wirklich? Werden da apokalyptische Szenarien durchgespielt? Oder will er - ganz im Gegenteil - die flügelschlagende Anlegerschar beruhigen?

Der Test kommt so amtlich daher, dass er andere Prognosen vergessen macht. Doch auch dieser Test ist nur eine Modellrechnung. Er lässt viele Aspekte des Bankgeschäfts außer acht und basiert auf Annahmen, die morgen schon wieder Makulatur sein können.

Das gilt besonders für die dem Test zugrunde liegende Einschätzung des künftigen Wirtschaftswachstums: Ob die US-Wirtschaft - wie im Stresstest simuliert - im laufenden Jahr um zwei Prozent zurückgeht und im kommenden Jahr wieder um 2,1 Prozent wächst, vermögen auch die zuverlässigsten Prognostiker derzeit nicht ansatzweise zu sagen.

Oft genug schon mussten in dieser Krise die Wirtschaftsexperten ihre Einschätzungen drastisch korrigieren. Selbst das zweite, ungünstigere Szenario, dass die Behörden im Test berücksichtigen, sieht nur vor, dass die Wirtschaft um 3,3 Prozent schrumpft und 2010 wieder um 0,5 Prozent zulegt. Auf ein Worst-Case-Szenario wurde gleich ganz verzichtet.

Zur Erinnerung: Im ersten Quartal brach die US-Wirtschaftsleistung auf das Jahr hochgerechnet um mehr als sechs Prozent ein. Und viele Analysten rechnen längst mit Zahlen, die deutlich unter dem Basis-Szenario des Stresstests liegen.

Die aktuelle Lage müsste sich in den nächsten Monaten also schon erheblich verbessern, damit sich die Prognosen auch tatsächlich erfüllen.

Das heißt aber auch: Bei den jetzt genannten Zahlen handelt es sich nicht um irgendeinen fiktiven Kapitalbedarf für unerwartet schlechte Zeiten. Sondern um Geld, das jetzt benötigt wird, weil der Stresstest nur den allgemein am Markt erwarteteten Konjunkturverlauf berücksichtigt.

Die Ergebnisse müssen also ernst genommen werden. Was den Banken jetzt an Kapital beschaffen sollen, ist keine Notration, sondern die nach derzeitigem Kenntnisstand nötige Wegzehrung für die kommenden zwei Jahre.

So gesehen gilt: 34 Milliarden Dollar sind viel Geld. Denn mit dieser Summe sind längst nicht alle Eventualitäten abgedeckt.

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