Urteil in Liechtenstein:Einfach zu spät gewarnt

Eine frühere Tochtergesellschaft der Fürstenbank LGT muss einem deutschen Steuerhinterzieher 7,3 Millionen Euro Entschädigung zahlen. Droht eine neue Klagelawine?

Uwe Ritzer

Am 17. Februar 2008, einem Sonntag, kurvte Elmar S. sorglos über die Skipisten in Zürs am Arlberg, als die Warnung eintraf. Auf der Piste erreichte sie den Immobilienkaufmann aus Bad Homburg allerdings nicht; und es wäre ohnehin zu spät gewesen. Schon am nächsten Morgen standen die Steuerfahnder vor seiner Tür. Auf einer CD aus Liechtenstein hatten sie seinen Namen neben denen hunderter anderer deutscher Steuersünder gefunden, darunter Post-Chef Klaus Zumwinkel. Für Elmar S. geriet die Angelegenheit zum Fiasko. Im Juli 2008 verurteilte ihn das Landgericht Bochum zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, sowie zu einer Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro. Samt Nachzahlungen an den Fiskus, Zinsen und Zuschlägen kostete den Kaufmann sein Liechtensteiner Abenteuer etwa 20 Millionen Euro.

Liechtenstein-Postkarte, dpa

Schöne Grüße aus dem Steuerparadies: Ein Liechtensteiner Gericht hat ein brisantes Urteil gefällt. Droht nun eine neue Klagewelle?

(Foto: Foto: dpa)

Geht es nach Jürgen Nagel, Richter in Liechtenstein, erhält Steuersünder S. zumindest 7,3 Millionen Euro zurück. Schadenersatz in dieser Höhe soll jene Treuhandgesellschaft bezahlen, bei welcher der Kaufmann seit den 80er Jahren sein Geld in einer Stiftung mit dem Phantasienamen "Clecon" vor dem deutschen Fiskus versteckt hatte. So steht es in einem bereits Anfang Januar gefällten, seither jedoch unveröffentlichten Urteil des Fürstlichen Landgerichts mit dem Aktenzeichen 06.CG.2009.162.

Es ist allerdings nicht rechtskräftig, denn die "Fiduco", die Nachfolgegesellschaft der fraglichen Treuhand, hat Berufung eingelegt. Bekäme Elmar S. am Ende dennoch Recht, könnte dies eine Klagelawine auslösen. Nach SZ-Informationen bereiten mehrere deutsche Steuersünder ähnliche Schadenersatzklagen vor.

Internationale Debatte losgetreten

Pikanterweise richten sich diese gegen eine Treuhandgesellschaft, die zum fraglichen Zeitpunkt zur LGT-Gruppe und damit zur Bank der Liechtensteiner Fürstenfamilie gehörte. Inzwischen hat sie sich vom Treuhandgeschäft verabschiedet, das nach dem öffentlichkeitswirksamen Fall Zumwinkel stark eingebrochen war und eine internationale Debatte über Steueroasen ausgelöst hatte. Die LGT Treuhand AG wurde verkauft und firmiert nunmehr als Fiduco Treuhand AG. Intern ist jedoch nach einem Bericht der Liechtensteiner Zeitung Wirtschaft regional verabredet, dass für etwaige Schadenersatzzahlungen an Elmar S. oder andere erfolgreiche Kläger die Fürstenbank LGT aufkommen müsste.

Elmar S. gründete in den 80er Jahren eine jener Liechtensteiner Privatstiftungen, die bislang als probate Mittel der Steuerhinterziehung galten. 2002 kopierte dann ein damaliger Angestellter der LGT Treuhand namens Heinrich Kieber die Daten von Elmar S., Klaus Zumwinkel und mehr als 700 weiteren mutmaßlichen Steuersündern. Das geklaute Material verkaufte er 2008 für viereinhalb Millionen Euro an den Bundesnachrichtendienst (BND), der es an die Steuerbehörden weiterreichte. Zumwinkel flog auf und fünf Tage später auch Elmar S.

Der 68-Jährige begründete seine Klage vor dem fürstlichen Gericht damit, dass er viel Geld hätte sparen können, wenn ihn die LGT Treuhand umgehend über den Datenklau informiert hätte. Dann hätte er sich selbst anzeigen oder aber eine 2004 vom deutschen Staat ausgerufene Amnestie nützen können. Das Vaduzer Landgericht sah das ähnlich und berechnete die Differenz zwischen dem Steuersatz, der bei der Amnestie fällig gewesen wäre, und dem, was Elmar S. am Ende zahlen musste. Heraus kamen jene 7,3 Millionen Euro, die ihm folgerichtig als Schadenersatz zuständen.

Dennoch ist das Urteil für den Bad Homburger nur ein Teilerfolg. Er hatte auf 13,5 Millionen Euro Schadenersatz geklagt. Mitarbeiter der damaligen LGT Treuhand hätten sein Geld angeblich ohne sein Zutun auch in sogenannte schwarze Fonds auf den Cayman Islands und luxemburgischen Zero Bonds angelegt. Die aber sind in Deutschland nicht zugelassen oder extrem hoch besteuert. Dadurch hatten sich seine Nachzahlungen beim deutschen Fiskus zusätzlich erhöht. In diesem Punkt folgte Landrichter Nagel dem Kläger allerdings nicht. Elmar S. habe nicht nachweisen können, dass die LGT Treuhand ihn über diese speziellen Anleihen nicht korrekt beraten oder informiert habe.

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