Unfallversicherung:Achtung, Stolperfallen

Unfallversicherung

Versicherung mit Hindernis: Beim Abschluss einer Unfall-Police gibt es einiges zu beachten.

(Foto: soulstormer / photocase.com)

Ein falscher Tritt, ein Sturz und bleibende Verletzungen: Spezielle Policen sollen das Risiko eines Unfalls absichern. Doch die Versicherer zahlen nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Was Sie bei der Unfallversicherung beachten müssen.

Von Anna Gentrup, Köln

Spiel, Satz, Sturz: Ein falscher Tritt und der Knöchel ist verdreht, oder Schlimmeres ist passiert. Kann der Arzt die Verletzung nicht heilen, mildert eine Unfallversicherung wenigstens den Schaden. Doch die zahlt nicht für alles, was man sich gemeinhin als Unfall vorstellt: Wer über die eigenen Füße stolpert, geht leer aus. Gerade Freizeitsportler sollten beim Abschluss einer Police deshalb genau hinschauen.

Ein Sturz beim Sport ist nicht nur schmerzhaft, sondern kann auch teuer werden. Schwere Verletzungen bringen große finanzielle Folgen mit sich: Tausende Euro Lohnausfall und Hunderte Euro für die Betreuung des Kindes sind nur der Anfang. Bei schweren, bleibenden Verletzungen kommen leicht mehr als tausend Euro monatlich für eine Haushaltshilfe und über 40 000 Euro für den barrierefreien Umbau von Haus und Auto hinzu. Allein ein Treppenlift kostet um die 6000 Euro.

Bei dauerhaften Unfallschäden kann eine Unfallversicherung gute Dienste leisten. Über die Invaliditätsleistung zahlt der Versicherer dann eine größere Summe aus. Bei vorübergehenden Blessuren greift der Schutz jedoch nicht. "Mancher bricht sich einen Arm und hofft auf Leistung des Versicherers, doch der zahlt nur bei Invalidität", sagt Géza Huber, Berater vom Bund der Versicherten (BdV).

Geld gibt es nur, wenn in den nächsten drei Jahren keine Heilung zu erwarten ist

Der Versicherer muss nur zahlen, wenn in drei Jahren nach dem Unfall keine Heilung zu erwarten ist. Unabhängig von der Genesungschance übernehmen die Anbieter nur die Rettungskosten oder das Krankenhaustagegeld - je nachdem, was vertraglich vereinbart wurde. Das wird von einigen Kunden missverstanden. "Mancher ist sich nicht im Klaren, wie hoch die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls sind", sagt Arno Schubach, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Koblenz. "Das Gefühl, rundum sorglos abgesichert zu sein, trügt."

Der Versicherer muss einen Schaden nur übernehmen, wenn das Geschehnis seiner "Unfalldefinition" entspricht. Laut Versicherungsvertragsgesetz braucht es dazu ein "plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis". Stolpert der Jogger über seine Füße oder reißt dem Fußballer auch ohne gegnerisches Foul ein Seitenband, zahlt der Versicherer nicht. Der Unfall muss per Definition außerdem unfreiwillig geschehen sein. "Das kann der Versicherer anzweifeln, wenn der Kunde vor dem Unfall Drogen oder Alkohol konsumierte", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Die Unfalldetails spielen eine wichtige Rolle

Die Unfalldetails machen den Unterschied: "Rutscht jemand auf nassem Sand aus oder stolpert über einen Bordstein, liegt ein äußeres Ereignis vor", erklärt Schubach. Dann greift die Unfallversicherung. Ohne eine äußere Ursache sind nur Schäden durch "erhöhte Kraftanstrengung" auf den Körper abgesichert. Zum Beispiel beim Sprint zum Fußballtor oder beim Bergsteigen.

Freizeitsportler sollten deshalb Policen wählen, die auch sogenannte Eigenbewegungsschäden absichern. Dann greift der Schutz, auch wenn nur ein Fehltritt zum Unfall führte. Nicht alle Versicherer bieten diese Leistung an. Bei einigen Policen ist es eine Zusatzoption, die der Kunde wählen kann.

Pech hat auch der Versicherte, wenn eine Bewusstseinsstörung den Unfall auslöste. Verunglückt er, weil ihm beim Sport im Hochsommer schwindelig wurde, bekommt er kein Geld vom Versicherer. Für Naturliebhaber lohnt die Überlegung, Infektionen durch Wildtiere und Insektenstiche in den Versicherungsschutz aufzunehmen. Denn nur wenige Versicherer leisten bei Ansteckung mit Tollwut, Malaria und durch Zecken übertragenen Krankheiten. Das ist meistens über eine Zusatzoption möglich.

Die Leistung bestimmt sich nach dem Grad der Beeinträchtigung

Übernimmt der Versicherer einen Unfallschaden, bemisst sich die Invaliditätsleistung entsprechend dem Grad der Gesundheitsbeeinträchtigung. Für jeden funktionsunfähigen Körperteil gilt ein fester Prozentsatz: Mindestens 50 Prozent gibt es für einen Unterschenkel, für die einseitige Taubheit 30 Prozent und für einen Daumen 20 Prozent. Aus dem Gesamtwert errechnet der Versicherer die Auszahlung.

Vorsicht ist geboten, wenn der Versicherer sich eine erneute Prüfung der Invalidität vorbehält. "Wird festgestellt, dass der Versicherte genesen ist, muss er unter Umständen einen Teil der Summe zurückzahlen", sagt Rechtsanwalt Schubach. Ob er das Geld als monatliche Rente oder auf einen Schlag erhielt, ist dabei gleichgültig.

Wer ein gutes Versicherungsangebot sucht, sollte sich nicht von umfangreichen Leistungsversprechen blenden lassen, rät Schubach. "Wem Krankenhaustagegeld wichtig ist, der möchte es nicht nur nach einem Unfall bekommen, sondern auch bei einem stationären Aufenthalt wegen einer Lungenentzündung oder eines Herzinfarkts", sagt er. Besser ist, dafür eine private Krankenzusatzversicherung abzuschließen.

Von der Vereinbarung einer Unfallrente rät BdV-Berater Huber ab. "Das ist teuer, und viele Versicherer zahlen eine Rente erst ab einer Invalidität von 50 Prozent." Ohne Rentenoption sind die Policen deutlich günstiger. So können Versicherte zum gleichen Preis eine deutlich größere Versicherungssumme erhalten.

Viele Berufsgruppen haben Rahmenverträge mit Versicherern

Das Wichtigste ist die ausreichende Versicherungssumme. "Das ist vor allem für Menschen wichtig, die wegen einer Vorschädigung keine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen", sagt Verbraucherschützerin Weidenbach. Die Summe muss nach einem schweren Unfall für den Umbau von Haus und Auto, den Ausgleich des Lohnausfalls und eine Haushaltshilfe ausreichen. "Eine Unfallversicherung ist nur ein Notnagel", warnt sie. "Im Ernstfall ist die Summe schnell aufgebraucht." Wer kann, sollte lieber eine teurere Berufsunfähigkeitspolice abschließen. Sie bietet umfassenden Schutz gegen Langzeitschäden - auch wenn sie nicht durch einen Unfall entstanden sind.

Bei guten Angeboten dienen die Beiträge hauptsächlich dazu, eine möglichst hohe Versicherungssumme zu finanzieren, meint auch Rechtsanwalt Schubach. "Fair ist, wenn der Versicherer den Preis für den Basisschutz ausweist und alle Zusatzleistungen nebst Kosten separat anbietet." Der BdV empfiehlt 30-Jährigen, ihr sechsfaches Bruttojahreseinkommen einzuplanen. Für einen 50 Jahre alten Menschen könnte bereits das vierfache Jahresgehalt ausreichen.

Versicherte können sich über einen hohen Progressionssatz ein Vielfaches dieser Summe sichern, falls sie sehr schwer verunglücken. Verbraucherschützer empfehlen, eine Progression von 225 Prozent bei Vollinvalidität zu vereinbaren. Hat der Versicherte also eine Grundsumme von 100 000 Euro versichert, erhält er dann 225 000 Euro, falls er vollinvalide wird. "Eine solche Police kostet etwa 100 Euro pro Jahr", sagt Verbraucherschützerin Weidenbach.

Ein Tipp von Fachanwalt Schubach: "Viele Berufsgruppen oder Verbände haben Rahmenverträge mit Versicherern. Dabei kann ein Prämiennachlass von 20 Prozent herausspringen." Auch Sportvereine bieten ihren Mitgliedern günstige Versicherungen an.

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