Unbequemer Kleinaktionär:Störer beim Familientreffen

Karl-Walter Freitag ist als Querulant reich geworden - am Donnerstag will er den Herz-Clan aufmischen, dem Tchibo gehört. Dabei geht er nach einem festen Schema vor.

Meite Thiede

Karl-Walter Freitag ist als Querulant reich geworden - am Donnerstag will er den Herz-Clan aufmischen, dem Tchibo gehörtWenn Karl-Walter Freitag an diesem Donnerstag die Tchibo-Zentrale in der Hamburger City-Nord betritt, dann kommt er nicht zum Kaffeepläuschchen. Der 53 Jahre alte Kölner platzt vielmehr als unerwünschter Gast in die Hauptversammlung des Kaffeerösters, die gleichbedeutend mit einem Familientreffen des Herz-Clans ist.

Tchibo

Mit der Harmonie dürfte es nicht allzu weit her sein - bei Tchibo freut man sich nicht besonders über den Besuch von Hans-Walter Freitag.

(Foto: Foto: ddp)

Freitag besitzt seit wenigen Wochen vier Tchibo-Aktien, die ihm wahrscheinlich Joachim Herz verkauft hat, der mit seinen Brüdern und Mitaktionären Wolfgang und Michael Herz heftig zerstritten ist. Und es gilt als ausgemacht, dass Freitag am Donnerstag den Störenfried spielen und der Tchibo-Verwaltung Dutzende Fragen stellen wird.

Die Rolle des unbequemen Kleinaktionärs beherrscht Freitag seit mehr als 30 Jahren; als Berufsopponent gegen Siemens, SAP, AMB oder Karstadt-Quelle, um nur einige zu nennen, ist er reich geworden und hat es damit auch zu einiger Berühmtheit unter Fachleuten gebracht. Seinen ersten Auftritt auf einem Aktionärstreffen hatte er schon im zarten Alter von 16 Jahren.

Stimmrechte bei 1000 deutschen Aktienunternehmen

Heute gehört er zu jener Handvoll Hauptversammlungs-Besuchern, die mit manchmal lautstarken und gelegentlich auch unflätigen Auftritten die Verwaltung und das Publikum nerven und die Unternehmen mit Anfechtungsklagen überziehen. Freitag gilt als Deutschlands vermutlich meistgehasster Aktionär; man nennt ihn auch Berufskläger, Vorstandsschreck, Kopfgeldjäger oder räuberischer Erpresser.

Was er bei Tchibo vorhat, bleibt bis Donnerstag noch sein Geheimnis, aber Freitag geht meist nach einem festen Schema vor. Er besitzt Papiere von etwa 1000 deutschen Aktiengesellschaften, wie er einmal einem britischen Journalisten anvertraute.

Doch er profitiert nicht etwa von einem Gespür für Wachstumswerte, von üppigen Dividenden oder Aktienverkäufen zum richtigen Zeitpunkt. Freitag lebt davon, den Unternehmen in die Quere zu kommen. Sein liebstes Spielfeld sind Fusionen oder Übernahmen. Denn wenn dann in einem Squeeze-out die Kleinaktionäre abgefunden werden sollen, tritt Freitag auf und fordert mehr Geld.

Irgendwelche Formfehler findet er immer

Mal gelingt das im Spruchstellenverfahren, mal muss er Anfechtungsklagen durchziehen - irgendeinen Formfehler hat er bisher noch immer gefunden. Zuletzt gehörte Freitag zu der Gruppe von Fusionsgegnern im Falle Mobilcom/Freenet, die den Zusammenschluss von Mutter und Tochter um zwei Jahre verzögerten.

Solche Störmanöver können bei den Konzernen großen Schaden anrichten, und so wird gemunkelt, dass notorische Hauptversammlungs-Querulanten auch schon mal mit Geld ruhiggestellt würden. Vor Gericht gezerrt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde Freitag aber nur einmal, und das ist 20 Jahre her.

Neben seinen Aktiengeschäften hat Freitag Medizin, Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaften studiert, heißt es, und er hat die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht. Er soll mehr als ein Dutzend Autos besitzen, darunter auch teure Oldtimer und ein roter Ferrari.

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