Unbeliebter Biokraftstoff:Autofahrer zahlen für E10-Pleite

E10, nein danke: Das ist die Haltung vieler Autofahrer. Doch die wird für die Mineralölkonzerne zusehends zum Problem. Deshalb schlägt die Branche einfach auf den Literpreis für Super-Benzin einige Cent drauf.

Deutschlands Autofahrer wollen kein Biobenzin - und müssen dafür teuer bezahlen. Tankstellen in Deutschland kassieren bereits seit dem Frühjahr zusätzlich Geld bei allen, die sich weigern, Benzin mit einem höheren Ethanolanteil (E10) zu tanken. Entsprechende Vermutungen hat die Mineralölwirtschaft jetzt bestätigt. "Durch jeden Liter herkömmlichen Super-Benzins E5, der bei uns getankt wird, entsteht eine Fehlmenge, die es uns unmöglich macht, die geforderte Biokraftstoffquote zu erreichen", sagte Karin Retzlaff, Sprecherin des Mineralölverbandes MWV, dem Berliner Tagesspiegel. Daher würden die beteiligten Unternehmen "rund zwei bis drei Cent" auf jeden verkauften Liter Super-Benzin (E5) aufschlagen.

E10

Teure Verweigerungshaltung: Schon seit Frühjahr kassieren die Tankstellen bei Autofahrern, die kein Biobenzin tanken, zusätzlich ab.

(Foto: dpa)

Die Mineralölbranche ist gesetzlich verpflichtet, den Anteil von Biokraftstoffen an der verkauften Kraftstoffmenge anzuheben. Allerdings liegt die Statistik dazu frühestens im Frühjahr 2012 vor. Erst dann ist klar, ob und in welcher Höhe eine Strafe fällig wird.

Die Biospritbranche sieht hingegen keinen Grund für erhöhte Spritpreise wegen der E10-Absatzflaute und greift die Mineralölkonzerne scharf an. "In den vergangenen Jahren hat die Mineralölindustrie problemlos die Quote erfüllt", sagte der Sprecher des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), Frank Brühning. Trotz der Absatzschwäche bei Super-Benzin mit zehn Prozent Ethanol könne die Biokraftstoffquote von 6,25 Prozent im laufenden Jahr auch anderweitig, etwa mit mehr verkauftem Biodiesel erreicht werden.

Brühning betonte, die Branche sichere sich ab, indem sie die befürchteten Strafzahlungen von vornherein in den Preis einbeziehe. Aber erst nach dem ersten Quartal 2012 werde sich herausstellen, ob die Quoten erfüllt wurden. "Wer hofft, dass dann die Preise an den Tankstellen sinken, wenn die Mineralöler die Quote im Jahr 2011 erreicht haben und die Strafzahlungen nicht fällig werden, der irrt gewaltig: Die Strafzahlungen sind als eine Art Versicherung im Preis enthalten", sagte der VDB-Vertreter. Allerdings werde diese Versicherung dann nicht an den Verbraucher ausgeschüttet, sondern als zusätzlicher Gewinn an die Mineralölunternehmen gehen.

Unter anderem will Deutschlands größter Benzinverkäufer Aral angeblich an seinen rund 2500 Tankstellen die Preise erhöhen. Wie die Welt berichtet, liegen ihr vertrauliche Unterlagen von Aral über ein neues Provisionsmodell für die Tankstellenpächter vor. Danach sollen die Tankstellenbetreiber eine höhere Provision bekommen, wenn sie Benzin und Diesel über eine möglichst lange Zeit teuer verkaufen. Bislang würden sie allein nach der Absatzmenge bezahlt. Nun aber könnten die Pächter bei bestimmten Preishöhen die doppelte Provisionszahlung bekommen.

Aral habe auf Nachfrage der Welt eingeräumt, dass derzeit tatsächlich ein neues Provisionsmodell getestet werde. Etwa 250 Tankstellen in Bayern, Rheinland-Pfalz und im Saarland seien bereits ausgesucht worden, Start sei Anfang September. Ein erster Versuch an 25 Stationen sei schon abgeschlossen. "Das Preisniveau hat sich dadurch nicht verändert", sagte Heiko Wiegand, Leiter der Preiszentrale bei Aral, der Zeitung.

Den Vorwurf, dass die Tankstellenkette mit dem neuen Modell höhere Benzinpreise durchsetzen will, wies Aral allerdings zurück. Das sei unzutreffend, hieß es als Reaktion auf den Artikel in einer Mitteilung des Unternehmens. Der Tankstellenmarkt sei hart umkämpft und erfordere neue Verträge, um die Wettbewerbsfähigkeit der Aral-Tankstellen halten zu können. "Mit nicht marktgerechten Preisen würde Aral unverzüglich Kunden an den Wettbewerb verlieren", heißt es in der Mitteilung.

Übersicht: Welches Auto verträgt den Kraftstoff E10?

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