Übernahmekampf um die Nyse:Freie Bahn für Deutsche Börse

Im Übernahmekampf um die New Yorker Börse bläst die Nasdaq zum Rückzug. Für die Frankfurter Börse ist das mehr als erfreulich. Jetzt bekommt sie die Fusion mit der Wall Street ohne teure Bieterschlacht.

Markus Zydra, Frankfurt

Der zurückhaltende Reto Francioni dürfte im Überschwang der Gefühle zumindest gedanklich die Faust zum Sieg geballt haben, als ihn die frohe Botschaft erreichte: Die Nasdaq bläst zum Rückzug. Für den Chef der Deutschen Börse eine große Sorge weniger.

Deutsche Boerse feiert Jubilaeum

2010 feierte Reto Francioni das 425-jährige Bestehen der Frankfurter Börse. Nun schmiedet der Börsenchef den größten Finanzmarktplatz der Welt.

(Foto: dapd)

Am Montagnachmittag hat die US-Börse Nasdaq offiziell ihr Übernahmeangebot für den New Yorker Konkurrenten Nyse Euronext zurückgezogen. Die Frankfurter hatten im Februar ihren Plan für den Zusammenschluss mit der Nyse vorgelegt. Doch seit Wochen versuchte Nasdaq-Chef Robert Greifeld, den Plan zu torpedieren, mit einem feindlichen Übernahmeangebot: gegen den Willen von Aufsichtsrat und Management der Nyse. Und gegen die finanzielle Vernunft, denn die Kassenlage der Nasdaq ist schlecht.

Nun wirft der streitbare Greifeld das Handtuch. "Wir haben uns dazu entschlossen, unser Angebot zurückzuziehen,", sagte Greifeld und erklärte: "Es wurde deutlich, dass wir keine Genehmigung der Regulierungsbehörden bekommen würden."

Der Kurs der bis dato so begehrten Nyse sackte ab. Hingegen zogen die Titel der Deutschen Börse deutlich an. Durch den Rückzug des Konkurrenten entgehen die Frankfurter einem teuren Poker. "Mit Sicherheit ist das eine sehr gute Nachricht für die Deutsche Börse", sagte Analyst Roland Pfänder von der Commerzbank. "Nun ist kein Bietergefecht mehr absehbar."

Börsenchef Francioni hatte noch am Donnerstag auf der Hauptversammlung um die Stimmen der Aktionäre geworben. Das tat er auch mit Hinweis auf das feindliche Übernahmeangebot der Nasdaq und versprach den Eigentümern durch die Fusion mit der Nyse zusätzliche Kosteneinsparungen von 100MillionenEuro jährlich.

Der Frankfurter Börsenbetreiber will über einen Aktientausch mit der Nyse fusionieren und hat den Wert der US-Börse auf rund 10,8MilliardenDollar veranschlagt. Dann aber tauchten der US-Rivale auf und versuchte, die Nyse-Aktionäre mit einem höheren Gebot zu gewinnen. Sie stellten 11,1 Milliarden Dollar in Aussicht.

Konservative Kalkulation

Anders als die Deutsche Börse boten Nasdaq zusammen mit der Börse ICE aber nicht nur einen Aktientausch, sondern auch Bargeld. Einige Nyse-Aktionäre hatten daraufhin mit dem Gebot der US-Rivalen geliebäugelt, und es waren Rufe nach einer Aufstockung des deutschen Gebots laut geworden.

Die Deutsche Börse wollte jedoch nicht nachbessern. Der Deal, so hieß es, würde sich dann nicht mehr lohnen. Da erwies es sich als Vorteil, dass man die Kosteneinsparungen durch die Fusion in der ersten Kalkulation in weiser Voraussicht sehr konservativ berechnet hatte. Plötzlich gab es weiteres Potential. So erwartet die Deutsche Börse nun durch den transatlantischen Zusammenschluss jährliche Kosteneinsparungen von 400 Millionen Euro statt 300 Millionen.

"Wir nehmen die Entscheidung der Nasdaq zur Kenntnis und werden unser eigenes Gebot vorantreiben", sagte ein Sprecher des Dax-Konzerns am Montag. Erst vor wenigen Tagen hatte die Deutsche Börse offiziell den Startschuss für die Fusion gegeben und ihren Aktionären das Übernahmeangebot unterbreitet:

Bis zum 13.Juli können die Aktien in Papiere des neuen Börsenriesen getauscht werden.Jedes Papier, das die Aktionäre des deutschen Konzerns übertragen, soll im Verhältnis eins zu eins umgetauscht werden. Den Investoren der New Yorker Börse erhalten für jedes Wertpapier 0,47 Aktien an dem noch Alpha Beta Netherlands genannten neuen Konzern - die Namensfindung dauert noch an.

Das Geschäft steht unter dem Vorbehalt, dass 75 Prozent der Deutsche-Börse-Papiere umgetauscht werden. Die Investoren der Nyse sollen am 7.Juli auf einem Aktionärstreffen über das Gebot abstimmen, es ist eine Zustimmung von mindestens 50 Prozent notwendig. Auch die Kartellbehörden müssen den Zusammenschluss absegnen.

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