Udo Wachtveitl:Der Nachbar eckt an

Der Tatort-Kommissar hat zwar zugestimmt, dass die Kolping-Familie einen Wintergarten anbaut, aber so, wie der Klotz nun dasteht, will der Schauspieler auf keinen Fall wohnen.

(SZ vom 19.08.2003) Fernseh-Juristen klären auch komplizierteste Fälle in 30 Minuten. Dass die Realität ganz anders funktioniert, muss derzeit Schauspieler Udo Wachtveitl alias Tatort-Kommissar Franz Leitmayr erleben. Er führt offiziell einen Rechtsstreit mit der städtischen Lokalbaukommission, die er vor dem Verwaltungsgericht verklagt hat.

Tatsächlicher Streitgegner ist allerdings sein Wohnungsnachbar, die Münchner Kolping-Familie, die ihm all zu nahe auf die Pelle gerückt ist. Aber in diesem Fall darf der TV-Fahnder nicht mit einer Ratz-Fatz-Lösung rechnen. Denn jetzt übernehmen Vermessungsbeamte mit Zollstock und Millimeterpapier die weiteren Ermittlungen - und die rücken bekanntlich nicht mit Blaulicht aus.

Wachtveitl wohnt in der Entenbachstraße in der Au. Direkt gegenüber seiner Terrasse hat die Kolping-Familie in Höhe des ersten Stockwerks einen ziemlich großen Wintergarten errichtet. Dazu hat sich der damalige Präses Hermann Bauernschmid allerdings vor vier Jahren persönlich die Zustimmung von Wachtveitl unterschreiben lassen.

Einverständnis per Unterschrift

Aber der Schauspieler fühlt sich inzwischen arglistig getäuscht. Durch seinen Rechtsanwalt Walter Hornauer ließ er dem Gericht vortragen, dass Bauernschmid ihm damals vorgespiegelt habe, dass der Wintergarten eigentlich auch ohne seine Zustimmung gebaut werden dürfe und seine Unterschrift nur eine Formalie sei. Er habe auch versichert, dass der Wintergarten exakt entsprechend den Planungsunterlagen gebaut werden würde.

Abweichung vom Plan

Tatsächlich sei der Bau weder ganz aus Glas hergestellt, noch seien die vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten worden. An der schmalsten Stelle betrage der Abstand weniger als 1,90 Meter. Der Wintergarten sei als Anbau vollkommen überdimensioniert und habe fast die Ausmaße des Hauptgebäudes. Nachforschungen bei der Lokalbaukommission hätten ergeben, dass die Kolping-Familie ohne Wachtveitls Unterschrift keine Chance gehabt hätte, diesen Bau genehmigt zu bekommen.

Mit seiner Klage will der Schauspieler die Stadt zwingen, ihre Baugenehmigung nachträglich aufzuheben. Bei einem Ortstermin gestern stellte die Vorsitzende Richterin der 8.Kammer, Marion Pauli-Gerz, fest, dass die Genehmigung und die tatsächliche Bauausführung nicht identisch seien. "Die Baupläne sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen", sagte sie später in der mündlichen Verhandlung. Sie wollte sogar nicht ausschließen, dass die Baugenehmigung "nichtig" sein könnte. Auf jeden Fall müssten bis zur nächsten mündlichen Verhandlung vor allem die Grundstücksgrenzen genau festgestellt werden.

Sehr eng beieinander

Roland Gerold, Rechtsanwalt der Kolping-Familie, ließ anklingen, dass angesichts der verworrenen Situation eine außergerichtliche Lösung nicht auszuschließen sei. Denn auch er musste einräumen, dass die Parteien wirklich "sehr eng beieinander sitzen". Der Prozess wird fortgesetzt.

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