Turbulente Jahre für die Telekom:Der Kampf um jeden Kunden

Knapp neun Jahre nach der Öffnung des Telekommunikationsmarktes steckt die Deutsche Telekom in einer schweren Krise. Der Wettbewerb hat dem Ex-Monopolisten weit stärker zugesetzt als selbst Pessimisten erwartet hatten.

Gerhard Hennemann

Vieles hat sich in der Zwischenzeit ereignet, seit am Abend des 18. November 1996 im New Yorker Guggenheim-Museum der Champagner in Strömen floss, um den gelungenen Börsengang der Telekom zu feiern. Die Ära Ron Sommer endete jäh Mitte 2002, nachdem die rot-grüne Bundesregierung aus Furcht vor einer drohenden Wahlniederlage die Ablösung Sommers betrieben hatte.

Bis zu diesem Tag durchlebte der schillernde Telekom-Chef ein Wechselbad von Erfolgen und Niederlagen. Seine schwerste Schlappe erlitt er, als im Frühjahr 1999 die Fusion von Deutscher Telekom und Telecom Italia zum zweitgrößten TK-Konzern der Welt überraschend scheiterte.

Schon gut zwei Monate später übernahm die Telekom für rund zehn Milliarden Euro mit One2One den viertgrößten Mobilfunkbetreiber Großbritanniens, was der Bonner Konzern auf dem Höhepunkt des New Economy-Booms auch noch relativ leicht verkraften konnte. Ein Dreivierteljahr später, zum Höhepunkt der allgemeinen Börsen-Euphorie im März 2000, erreicht die T-Aktie mit 103,50 Euro ihren Rekordstand.

Von da an ging es kontinuierlich bergab. Eine dritte Aktien-Tranche zum Ausgabepreis von 66,50 Euro konnte Mitte 2000 nur noch mühsam am Markt untergebracht werden.

Vom Börsenstar zum Problemfall

Wenig später stürzt der Aktienkurs binnen eines guten halben Jahres auf 25 Euro ab, nachdem die Telekom den US-Mobilfunkbetreiber Voicestream für die Rekordsumme von 50 Milliarden Dollar gekauft hatte und wenig später obendrein noch acht Milliarden Euro für den Erwerb der UMTS-Lizenzen ausgeben musste, was sich später als Flop herausstellte.

Hatte es zunächst so ausgesehen, als ob die Telekom nach Sommers Abgang einen Glücksgriff mit ihrem neuen Chef Kai-Uwe Ricke getan hatte, so verschlechterte sich dessen Image nach der überraschenden Gewinnwarnung Anfang August dieses Jahres rapide.

Galt Ricke, der wesentliche Entscheidungen seines Vorgängers damals als Mobilfunk-Vorstand mitgetragen hatte, zunächst als erfolgreicher Konsolidierer, so haftet ihm inzwischen der Ruf an, jahrelang ohne unternehmerische Visionen tätig gewesen zu sein.

Er habe sich zu stark aufs Sparen und den Abbau des hohen Schuldenbergs der Telekom fixiert. Zu zögerlich habe er dabei auf veränderte Marktbedingungen reagiert, so die Mehrheitsmeinung unter den Kritikern.

Der Kampf um jeden Kunden

Noch schwerer wiegt jedoch der Vorwurf, dass es ihm offensichtlich nicht gelungen ist, das ausgeprägte Eigenleben seiner operativen Einheiten, die sein Vorgänger mit eiserner Hand geführt hatte, in den Griff zu bekommen.

Beispielhaft dafür standen die jahrelangen Hahnenkämpfe, die sich die beiden Töchter T-Com und T-Online nicht nur intern, sondern auch vor ihren verwirrten Kunden leisteten. Ricke, der inzwischen um die Verlängerung seines Ende 2007 auslaufenden Vertrages fürchten muss, zog daraufhin erst spät die Notbremse und zentralisierte wichtige Funktionen, wie die Verantwortung für den Vertrieb und für das Netzmanagement der Telekom.

Viel dürfte in allernächster Zeit für das Unternehmen davon abhängen, ob und wie weit das von Ricke verkündete Programm Telekom 2010 greifen wird. Oberstes Ziel dabei ist, die dem Bonner Konzern noch verbliebene Kundenbasis mit allen Mitteln zu verteidigen, nachdem sich zuletzt etwa eine Million Kunden binnen nur sechs Monaten von der Telekom getrennt hatten.

Preiskampf

Seither kontern insbesondere T-Com und T-Mobile fast wöchentlich die Konkurrenz mit immer neuen Flatrates für Internet, Festnetztelefonie und Mobilfunk, um ihre aggressiven Konkurrenten zu bändigen.

Zum Hauptschlachtfeld wurde inzwischen das DSL-Geschäft mit schnellen breitbandigen Internet-Anschlüssen, wo die Telekom nach dem Willen des Regulierers immer größere Anteile ihrer Netzinfrastruktur zur Verfügung stellen muss, damit auch ihre Konkurrenten dieses Geschäft betreiben können.

Der Ausgang dieses Konkurrenzkampfs dürfte nicht zuletzt davon abhängen, inwieweit der deutsche Gesetzgeber die Telekom künftig bei innovativen Pionierinvestitionen, wie etwa dem Bau des ultraschnellen Glasfasernetzes VDSL, schützen kann und darf, denn in Brüssel regt sich dagegen heftiger Widerstand,

Fest steht jedenfalls, dass es Ricke allein mit beschleunigtem Personalabbau sowie der Umstellung der Netze auf die kostengünstigere Internet-Technik (IP) nicht schaffen wird, die Telekom auf Dauer manövrierfähig zu halten.

Das Unternehmen muss in erster Linie gegenüber seinen Kunden den Beweis antreten, dass es in der Produktqualität, den Preisen und dem Service besser sein kann als die große Schar seiner Konkurrenten.

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