Griechenland-Hilfe:EZB-Chef Trichet lässt Schäuble abblitzen

Keine Laufzeitverlängerung für griechische Anleihen, kein Zwang für Banken: Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank, interessiert sich nicht für eine sanfte Umschuldung - eine Breitseite gegen Bundesfinanzminister Schäuble.Streit habe er aber mit niemandem, sagt Trichet.

Was hat Wolfgang Schäuble nicht alles getan: Er hat Briefe an Europas Finanzminister geschrieben. Er hat sich die Rückendeckung der Kanzlerin geholt. Und er hat in der Regierungskoalition dafür geworben, die privaten Gläubiger an einem neuen Hilfspaket für Griechenland zu beteiligen. Doch bei Jean-Claude Trichet, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), beißt er mit seinem Vorschlag offenbar auf Granit.

EZB - Jean-Claude Trichet

Hat nach eigener Aussage mit keinem Finanzminister der Eurozone Streit: Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank

(Foto: dpa)

Trichet reagierte auf einer Pressekonferenz in Frankfurt äußerst kühl auf die Vorschläge einer sanften Umschuldung über eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger. Damit stellt er sich gegen Schäuble - die treibende Kraft hinter der Lösung, bei der die Banken ihre alten griechischen Staatsanleihen zu verlängern.

"Ich sagte nicht, dass wir das unterstützen würden", bügelte Trichet Fragen nach dieser Laufzeitverlängerung ab. Die EZB wolle nur die von ihr selbst gehaltenen griechischen Anleihen verlängern. Auf die Frage, ob er mit Schäuble über Kreuz liege, sagte Trichet nur, er habe mit keinem der Finanzminister der Eurozone Streit.

Allerdings sei die Position der EZB klar, sagte Trichet. Sie laute: "Kein Ausfall." Deshalb sprach er sich gegen einen Schuldenerlass aus. Er mahnte, ein vorübergehender Zahlungsausfall Griechenlands müsse unbedingt vermieden werden: "Es wäre ein großer Fehler, wenn es dazu käme."

Eine weitere Position der Zentralbank lautet offenbar: "Kein Zwang." Private Geldgeber dürften nicht dazu gezwungen werden, bei der Entlastung Griechenlands mitzuwirken. "Wir schließen alles aus, was nicht auf freiwilliger Basis passiert", sagte Trichet. Ein Beitrag der Banken zum Hilfspaket dürfe nur mit deren Zustimmung erfolgen.

Trichet kritisierte, dass die Debatte um die Beteiligung von Banken und Versicherungen an der Sanierung Griechenlands auf einen Verzicht der Kreditgeber verengt werde."Wir sollten nicht vergessen, dass Privatkapital auch bei Privatisierungen mobilisiert wird", sagte der EZB-Präsident. Privatisierungen seien also ein "effektiver Weg", das Geld privater Investoren einzusetzen.

Das Ende des billigen Geldes

Eigentlich sollte es auf der Pressekonferenz um den Leitzins im Euroraum gehen. Den könnte die EZB Anfang Juli erhöhen, wie Trichet andeutete.

Zunächst ändert sich allerdings nichts: Der Rat der EZB beließ in seiner monatlichen Sitzung den wichtigsten Leitzins unverändert bei 1,25 Prozent. Allerdings gebrauchte Trichet auf der Pressekonferenz in Frankfurt am Main hinsichtlich der Preisentwicklung die Formulierung "hohe Wachsamkeit" - in der Sprache der Notenbanker gilt als mögliches Signal für eine Anhebung des Leitzinses in nächster Zeit.

Zuletzt hatte die EZB im April den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent angehoben. Es war die erste Erhöhung nach der Finanzkrise. Der Zins hatte zuvor fast drei Jahre auf seinem historischen Tief von einem Prozent verharrt.

Trichet erklärte, die anhaltende Teuerung beruhe weiterhin vor allem auf steigenden Energie- und Rohstoffpreisen. Er versicherte, die Zentralbank werde alles tun, um die Inflation einzudämmen.

Ungeachtet ihrer eigenen Zinserhöhung im April und der nun von Trichet für Juli angedeuteten gehen die EZB-Volkswirte von einem Preisschub in der Eurozone aus, der noch höher ausfällt, als von ihnen ursprünglich erwartet. Sie habe ihre Inflationsprognose erneut erhöht, teilte die Zentralbank am Donnerstag mit.

Die Notenbanker gehen von einer Inflationsrate von 2,6 Prozent aus. Im März lag dieser Wert noch bei 2,3 Prozent. - schon damals klar über der Zielmarke der EZB von knapp unter zwei Prozent, dem Wert, bei dem nach Definition der Zentralbank Preisstabilität herrscht.

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