Teurer Pfändungsschutz für Bankkunden:Was Verbraucher gegen Abzocke bei P-Konten tun können

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Wer hoffnungslos überschuldet ist, kann mit einem Pfändungsschutzkonto zumindest das Geld zum Leben vor den Gläubigern sichern. Doch viele Banken verlangen Extragebühren für P-Konten - obwohl das gerichtlich verboten ist. Wie funktionieren die Konten? Und wie können sich Kunden gegen Benachteiligung wehren? Fragen und Antworten.

Von Andreas Jalsovec

Beim Thema Pfändungsschutzkonto kann sich Cornelia Zorn leidenschaftlich empören: "Stellen Sie sich einen Hartz-IV-Empfänger vor", sagt die Schuldnerberaterin. "Der hat ohnehin kaum genug zum Leben. Und dann soll er für sein Girokonto auch noch 15 oder 20 Euro Gebühr im Monat zahlen. Das finde ich unerhört." Zorn kennt solche Fälle zuhauf. In der Beratungsstelle des Stralsunder Arbeitslosenverbandes hat sie nicht nur selbst täglich mit Schuldnern zu tun, die ein sogenanntes P-Konto besitzen. Sie ist auch Mitglied im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen. Aus den Berichten dort weiß sie, dass mit den Pfändungsschutzkonten bundesweit "noch einiges im Argen liegt".

Das betrifft vor allem die Kosten. Etliche Banken verlangen bei den speziellen Konten für Schuldner deutlich höhere Gebühren als für ein normales Girokonto. Und das obwohl der Bundesgerichtshof (BGH) Ende des vergangenen Jahres entschieden hat, dass solche Zusatzgebühren nicht zulässig sind. Gut 30 Institute wollen deshalb nun ihren Kunden die zu viel verlangten Gebühren zurückerstatten, teilte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) jetzt mit. Noch immer jedoch gibt es etliche Banken, die für das P-Konto mehr kassieren als für ein Girokonto. Die SZ beantwortet wichtige Fragen dazu.

Wie funktioniert das P-Konto?

Menschen, die überschuldet sind oder denen dieses Schicksal droht, können bei ihrer Hausbank ein Pfändungsschutzkonto beantragen. Die Bank muss dann das bestehende Girokonto in ein P-Konto umwandeln. Wer ein solches Konto hat, verfügt über einen automatischen Pfändungsschutz in Höhe des Grundfreibetrages von 1028 Euro. Bis zu dieser Höhe können Schuldner frei über das Geld verfügen, das sie zum Lebensunterhalt benötigen.

Kontonummer und Bankleitzahl eines P-Kontos unterscheiden sich nicht von normalen Konten. Für Außenstehende ist daher nicht erkennbar, ob ein Konto gepfändet wird. Wird ein P-Konto eingerichtet, melden die Banken das einer Kredit-Auskunftei wie etwa der Schufa. Es geht aber nicht in die Beurteilung der Kreditwürdigkeit ein. Die Gesamtanzahl der über Gerichte gepfändete Konten liegt derzeit nach Schätzungen bei knapp vier Millionen.

Was ist das Problem mit den Konten?

Seit ihrer Einführung 2010 stellen Verbraucherschützer fest, dass die Banken für das P-Konto zum Teil deutlich höhere Gebühren kassieren als für normale Girokonten. Etliche Sparkassen und Volksbanken verlangen dafür nach Angaben des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen 15 Euro und mehr im Monat. Bei der Volksbank im Harz sind es sogar 27 Euro. Die Banken begründen das mit dem höheren Aufwand, den sie bei der Verwaltung der Pfändungsschutzkonten haben. Gerade für Personen, die ohnehin überschuldet sind, seien die Zusatzkosten jedoch fatal, meint Bianca Skutnik, Rechtsexpertin beim VZBV: "Sie werden damit zusätzlich bestraft."

Der VZBV hat, ebenso wie die Schutzgemeinschaft für Bankkunden (SfB), Dutzende Banken wegen der höheren Gebühren abgemahnt - und zwei BGH-Urteile (Az.: XI ZR 145/12 und XI ZR 500/11) erstritten. Demnach sind die Klauseln für ein zusätzliches Entgelt beim P-Konto unwirksam. Begründung der Richter: Die Banken sind zur Einrichtung des Kontos verpflichtet und dürfen sich das nicht zusätzlich vergüten lassen. "Das BGH-Urteil gilt zunächst aber nur für die verhandelten Fälle", sagt Rechtsanwältin Heidrun Jakobs, die für die SfB etliche Urteile zugunsten der Bankkunden erstritten hat. Ihrer Einschätzung nach verlangt die große Mehrzahl der Banken für das P-Konto noch immer höhere Gebühren. "Die Institute wissen, dass sich die Betroffenen meist scheuen, dagegen vorzugehen", meint Jakobs.

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Welche Nachteile hat das P-Konto noch?

Neben den hohen Kosten sind die Pfändungsschutzkonten oft mit einem eingeschränkten Leistungsangebot verbunden. So bekommen die Konteninhaber etwa keine EC-Karte, können ihr Konto nicht online führen oder müssen auf die Einrichtung von Einzugsermächtigungen verzichten. "Solche automatischen Beschränkungen bei der Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto sind aus unserer Sicht nicht zulässig", meint VZBV-Juristin Skutnik.

Auch gegen diese Nachteile klagt die Verbraucherzentrale daher vor dem Bundesgerichtshof. Derzeit ist dort ein Verfahren gegen die Deutsche Bank anhängig. Es könnte noch in diesem Jahr entschieden werden. Das Geldinstitut lässt seine Kunden ein P-Konto nur auf Guthabenbasis führen. Für Kontoinhaber gibt es außerdem keine EC- und keine Kreditkarte.

Was können Kunden gegen Benachteiligungen tun?

Wer zu hohe Gebühren zahlt, sollte seine Bank oder Sparkasse schriftlich auffordern, zu viel gezahlte Entgelte zurückzuerstatten. "Man sollte dabei auf die Urteile des BGH verweisen", rät Verbraucherschützerin Skutnik. Einen Musterbrief dazu gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (www.vz-nrw.de). Um ihren Anspruch zu untermauern, sollten Kunden anhand der Kontoauszüge nachweisen, dass die Bank nach der Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto höhere Gebühren verlangt hat. Weigert sich die Bank, das Geld zu erstatten, können sich die Kunden an die Verbraucherzentralen wenden. Diese, so Bianca Skutnik, gingen auf die Banken zu - und leiteten im Zweifel ein Unterlassungsverfahren ein.

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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