Teilverstaatlichung der Commerzbank:Der stille Gewinner

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Durch die Teilverstaatlichung der Commerzbank hat die Allianz hinter den Kulissen das große Geschäft gemacht - zu Lasten der öffentlichen Kassen, also des Steuerzahlers.

Caspar Busse

An der Börse ist die Nachricht, wie so oft, schnell angekommen: Am Tag nach der milliardenschweren Rettungsaktion für die Commerzbank war die Allianz der große Gewinner im Deutschen Aktienindex.

Eingangsschild an der Allianz-Zentrale in München: (Foto: Foto: AP)

Das Papier des Versicherungskonzerns legte zwischenzeitlich um mehr als sechs Prozent zu, während die Bankaktien deutlich im Minus lagen.

Die Börsianer haben ein gutes Gefühl dafür, wer ein Schnäppchen macht und wer nicht. Im Falle der Teilverstaatlichung der Commerzbank einschließlich der bisherigen Allianz-Tochter Dresdner Bank hat der Münchner Versicherungskonzern hinter den Kulissen das große Geschäft gemacht - zu Lasten der öffentlichen Kassen, also des Steuerzahlers.

Diese Bewertung der Vorgänge würde kein Allianz-Manager öffentlich einräumen; entsprechend zugeknöpft geben sich Konzernchef Michael Diekmann und sein Finanzvorstand Paul Achleitner.

Freudengeheul ist nicht der Stil des Versicherers, bei dem Zurückhaltung Pflicht ist; man genießt lieber im Stillen. Dennoch ist die Allianz der große Profiteur. Durch das milliardenschwere Eingreifen des Staates ist der Verkauf der Dresdner Bank an die Commerzbank gerettet. Die Allianz ist die ungeliebte Banktochter endlich los.

Das einigermaßen glimpfliche Ende des Dresdner-Bank-Abenteuers ist nur möglich geworden, weil der Staat seine Hilfen für die "neue" Commerzbank um zehn Milliarden Euro auf immerhin jetzt 18 Milliarden Euro kräftig aufgestockt hat und sich mit einem Viertel der Anteile an der Frankfurter Bank beteiligte.

Damit soll die Commerzbank stabilisiert und die Fusion planmäßig über die Bühne gebracht werden. Der Staat rettet also nicht wie im Fall des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate in letzter Minute eine Bank vor dem sicheren Aus, sondern finanziert mit Steuermilliarden den Zusammenschluss von Commerzbank und Dresdner Bank.

Eine skandalös hohe Summe von Steuergeld für eine Bankfusion - in diesen Zeiten? Noch dazu für ein Zusammengehen, dessen Erfolg höchst unsicher ist und bei dem viele tausend Arbeitsplätze gestrichen werden, während gleichzeitig über Konjunkturpakete diskutiert wird, um Jobs zu retten?

Es ist vor allem ein schwerer Fehler, dass die Bundesregierung nicht die Allianz stärker in die Pflicht genommen hat. Ein großer Teil der neuen Probleme geht auf das Konto der schon seit Jahren chronisch schwindsüchtigen Dresdner Bank.

Dafür müsste eigentlich der Versicherer einstehen. Natürlich haben auch Diekmann und Achleitner einen Beitrag geleistet, doch der ist vergleichsweise gering. Die Allianz übernimmt aus den Beständen der Dresdner Bank "vergiftete" Wertpapiere für eine Summe von 1,1 Milliarden Euro, doch angesichts eines von der Allianz verwalteten Vermögens von 500 Milliarden Euro ist das fast verschwindend gering.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum Staatsmilliarden für die Allianz als moralisch verwerflich betrachtet werden könnten.

Der Versicherer leistet auch eine stille Einlage von 750 Millionen Euro, die aber ordentlich verzinst wird. Außerdem sind die Münchner künftig mit 14 Prozent statt mit 18 Prozent an der neuen Commerzbank beteiligt und damit hinter dem Staat zweitgrößter Aktionär. Da der Versicherer und die Bank ohnehin eine Vertriebskooperation mit 15 Jahren Laufzeit geschlossen haben, ist das nur sinnvoll. Dass die Beteiligung nun sinkt, ist im Interesse der Allianz.

Am Ende steht der Eindruck, dass sich die Allianz mit kräftiger staatlicher Unterstützung seiner Problemtochter entledigt. Dabei ist der Versicherer aus München alles andere als ein Notfall, er ist vielmehr einer der größten und erfolgreichsten der Welt - und erwirtschaftet Milliardengewinne.

Weitere Hilfen für die Bank hätten den Konzern nicht überfordert. Dass die Allianz indirekt von den Staatsmilliarden profitiert, könnte man als moralisch verwerflich bewerten. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte Ende Oktober gesagt, er würde sich schämen, Staatsgeld anzunehmen.

Diekmann und Achleitner ficht das nicht an. Sie haben gute Drähte nach Berlin optimal genutzt. Die Politik wollte den Zusammenschluss von Commerzbank und Dresdner Bank, um einen neuen deutschen Bank-Champion zu schaffen und aus Angst vor einem ausländischen Investor, etwa aus China.

Für die Allianz endet ein Albtraum, der im Jahr 2001 begonnen hat. Damals hatte Vorstandschef Henning Schulte-Noelle die Krisenbank aus Frankfurt mit hochtönenden strategischen Erklärungen für 24 Milliarden Euro übernommen - aus heutiger Sicht ein unverantwortbar hoher Preis, auch wenn ein Teil davon mit einem komplizierten Beteiligungstausch finanziert wurde.

In den Griff bekommen hat die Allianz die Probleme bei der Bank eigentlich nie - offenbar war die einst so renommierte Dresdner Bank zu marode. Immer wieder gab es neue Probleme.

Als Diekmann 2003 das Erbe von Schulte-Noelle antrat, verteidigte er noch eine Zeit lang tapfer die Bankstrategie. Dann entschloss er sich nach sträflich langem Zögern zu einem Verkauf.

Da war es fast zu spät: Im September 2008 wurde der Verkauf an die Commerzbank verkündet, und wenige Tage später verschärfte sich die Finanzkrise weiter.

Die großen Probleme hat nun die Commerzbank. Sie ist durch den Dresdner-Kauf schlicht überfordert. Doch der neue Bankchef Martin Blessing wollte unbedingt einen spektakulären Erfolg. Den hat er bekommen - aber zu welchem Preis? "Das Leben ist kein Wunschkonzert", sagte Blessing am Donnerstag. Es wird sich zeigen, ob er künftig so viel Geschick und Glück hat wie die Allianz.

© SZ vom 10.01.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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