Suspendierungen nach Millionenpanne:KfW feuert Vorstände

Bei der KfW sollte alles besser werden - doch jetzt fehlen ihr wieder Hunderte Millionen Euro. Und zwei Vorstände.

Guido Bohsem und Helga Einecke

Als Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Ende dieses langen Donnerstags in Berlin vor die Presse tritt, musste Ulrich Schröder sich wie ein Verlierer vorkommen. Der neue Chef der staatlichen Förderbank KfW ist erst gut zwei Wochen im Amt und schon hat er zwei seiner sechs Vorstandskollegen verloren. Der KfW-Verwaltungsrat, dem Glos vorsitzt, hatte Peter Fleischer und Detlef Leinberger kurz zuvor von ihren Ämtern entbunden, wenn auch noch nicht entlassen.

Sie wurden suspendiert, weil es in ihrem Verantwortungsbereich zu einer unglaublichen Panne gekommen war. 350 Millionen Euro hatte Schröders KfW an die US-Bank Lehman Brothers überwiesen, obwohl längst bekannt war, dass sie pleitegehen würde. Zählt man noch die Ausfälle durch andere Geschäfte der KfW mit Lehman Brothers hinzu, ergibt sich vorläufig ein Gesamtschaden von 536 Millionen Euro für die Förderbank.

Gespött des Landes

Die einst so stolze KfW, die Ulrich Schröder zu ihrem alten Glanz zurückführen sollte, sie ist das Gespött des Landes, der ganzen internationalen Bankenwelt geworden.

Schröder wollte sich an diesem Donnerstag erstmals dem Verwaltungsrat vorstellen. Kann es einen schlechteren Anfang geben? Vor Amtsantritt hatte ihn Wirtschaftsminister Michael Glos einen "kompetenten und erfahrenen Bankfachmann" genannt. Vorbei. Von nun an wird ihn die 350-Millionen-Euro-Panne begleiten, womöglich bis zum Ende seiner Karriere.

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erspart den KfW-Managern an diesem Abend nichts. Er nennt die Überweisung an Lehman einen ,,mehr als erschreckenden Vorgang'', er spricht von Versagen. "Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Risikovorkehrungen in der KfW nicht intakt sind", sagt er. Und tatsächlich. Die Fragen drängen sich auf: Weiß in der KfW die eine Hand nicht, was die andere tut? Welche Arbeitsprozesse laufen falsch? Wie lassen sich in Zukunft solche Pannen verhindern? Der Verwaltungsrat will all das jetzt klären - und weil das Gremium der KfW nicht zutraut, das alleine zu schaffen, soll es durch Spezialisten von außerhalb geschehen. Angeblich hat Schröder dieses Vorgehen selbst vorgeschlagen.

"Die Temperatur ist um ein bis zwei Grad gesunken"

Selbstbewusst wollte Schröder sich eigentlich in der Sitzung des Verwaltungsrates zeigen, in der prachtvoll renovierten KfW-Vertretung am Berliner Gendarmenmarkt. Er wollte sich präsentieren als ein Mann, der einen klaren Führungsstil pflegt. Die Bank solle sich auf ihren Kern konzentrieren, fordert er. Dazu gehören günstige Darlehen für den Mittelstand, für Existenzgründer, Energiesparer, Studenten, also das Fördern und Fordern wirtschaftlicher Gruppen und gesellschaftlicher Ziele. Dafür braucht der Staat die KfW, das ist ihre Aufgabe.

Mitarbeiter beschreiben Ulrich Schröder als ruhig und zielorientiert. Er gebe sich freundlich, verbindlich, nehme Anregungen auf. Tatsächlich kennt kaum jemand in der KfW den neuen Chef. Schröder hat sein Berufsleben in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verbracht, ist in Frankfurter Bankenkreisen eher unbekannt. Karriere machte er bei der WestLB, der ehemals größten Landesbank. Für die Mitarbeiter der KfW ist es völlig neu, dass der Chef von draußen kommt. Bisher rekrutierte die Staatsbank ihre Führung aus dem eigenen Reihen, man kannte sich. Es herrschte eine familiäre Atmosphäre in der Frankfurter Zentrale. "Die Temperatur ist um ein bis zwei Grad gesunken", beschreibt ein Mitarbeiter das Klima.

An seinem ersten Arbeitstag, dem 1.September, wandte sich Schröder per Mail an die Mitarbeiter. Er lobte die Bank als "innovativ, hoch professionell und immer wieder zu Höchstleistungen fähig", ja sogar als eine "Blaupause für alle Förderbanken der Welt". Er nannte die Belegschaft "erstklassig". Im Gespräch wolle er "aus erster Hand erfahren, wie die Arbeitsprozesse in der KfW ablaufen". Seit der Sache mit Lehman klärt dies nun die interne Revision. Seine Mitarbeiter lesen stattdessen in den Zeitungen, was für Trottel sie sind.

Dabei sollte die Sitzung am Donnerstag eine Art Neubeginn werden für die KfW und ein guter Start für den neuen Chef Schröder. Mit dem Beschluss - der dann tatsächlich an diesem Tag auch noch gefällt wurde -, die Tochterbank IKB an den amerikanischen Investor Lone Star zu einem Spottpreis zu verkaufen, sollte ein Schlussstrich unter ein Kapitel gezogen werden, das die KfW Milliarden gekostet hat. Die Mitarbeiter müssen deshalb künftig vor allem sparen. Ulrich Schröder geht dabei nicht mit gutem Beispiel voran. Denn sein Gehalt beträgt 815.000 Euro im Jahr. Es ist doppelt so hoch wie das seiner Vorgängerin, es ist aber nicht mehr, als er in seinem bisherigen Job bekam.

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