Studie:Raus aus der Großstadt

Das urbane Leben liegt im Trend, aber viele Menschen verlassen dennoch die deutschen Metropolen. Vor allem Familien und Ältere ziehen kleine und mittelgroße Städte in eher ländlichen Regionen als Wohnorte vor.

Viele Menschen in Deutschland zieht es einer Zehn-Jahres-Analyse zufolge in kleine und mittlere Städte. Das urbane Leben liege zwar weiter im Trend, aber eben nicht nur in den Millionen-Metropolen Berlin, Hamburg, München und Köln oder in den Großstädten ab 100 000 Einwohnern. Das geht aus der neuen Studie "Trend Re-Urbanisierung?" für 2006 bis 2015 der Bertelsmann-Stiftung und des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) hervor. Entgegen der verbreiteten Auffassung, dass der ländliche Raum ausblute, zeichne sich auch dort zumindest für einige Kommunen ein Zuwachs ab.

Bad Neustadt an der Saale in Bayern, das ostfriesische Aurich in Niedersachsen, Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern oder Heide in Schleswig-Holstein gehören demnach zu den Klein- und Mittelstädten mit besonders deutlichem Zuwachs. Bei dem genauen Blick auf die Wanderungsbewegungen habe sich gezeigt: Der Zuzug komme vor allem aus "großen Großstädten" ab 500 000 Einwohnern. Der Bericht aus Gütersloh spricht von "Überschwappeffekten" und einem Wegzug in angrenzende "Speckgürtel".

Junge Leute zieht es in Metropolen, Familien und Ältere in kleinere Orte

Auch wenn der ländliche Raum insgesamt weiter Einwohner verliere, sei dieser Prozess doch "eher schleichend". Zugleich gebe es ein Plus für zahlreiche Kommunen in ländlichen Regionen, schilderte Projektleiterin Petra Klug. Beispiele: Finsterwalde im südlichen Brandenburg, Eschwege im nordöstlichen Hessen, Hildburghausen in Thüringen oder auch Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser Zuwachstrend sei recht deutlich und könne auch wirtschaftliche Hintergründe wie einen stabilen Mittelstand haben.

Welche Ursachen sieht die Bertelsmann-Stiftung insgesamt für die Bewegungen? Es gebe ein ganzes Bündel, sagte Stiftungsvorstand Brigitte Mohn. Arbeitsplatzwechsel, zu wenig bezahlbarer Wohnraum in den Großstädten, persönliche Lebensmodelle. Das Alter spiele ebenfalls eine Rolle. Gehen jüngere Leute zwischen 18 und 25 Jahren zu Studium oder Ausbildung eher in die Großstadt, ziehen Familien und ältere Menschen ab 65 Jahren kleine und mittlere Städte vor. Die Bewegungen gelten als wichtige Grundlage für kommunale Planungen und als Indikator für die Attraktivität einer Gemeinde. Die Studie fußt auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die das ILS aufbereitet hat. Da es in den Jahren 2014 und 2015 eine sehr hohe Zuwanderung von Flüchtlingen gegeben habe, seien einige Analysen "mutmaßlich überlagert von dieser Ausnahmesituation und vor deren Hintergrund zu interpretieren".

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