Studie:Leer stehende Gotteshäuser

Kirchenumnutzung

In der Martini-Kirche in Bielefeld wurden bis 2002 Gottesdienste abgehalten. Seit 2005 ist dort ein Restaurant.

(Foto: Oliver Krato/dpa)

Kirchen wollen Gebäude lieber vermieten als verkaufen, heißt es in einer Analyse der Evangelischen Bank. Denn sie befürchten einen Imageschaden. Manche Bischöfe bevorzugen sogar einen Abriss, sagt ein Experte.

In jeder zweiten evangelischen Landeskirche und in jedem zweiten katholischen Bistum gibt es einer Studie der Evangelischen Bank (EB) zufolge leer stehende Gebäude. Es werde aber weniger an einen Verkauf der nicht genutzten Immobilien gedacht, sondern vielmehr eine Vermietung erwogen, heißt es in einer neuen Studie der Bank. Auch wenn betriebswirtschaftlich ein Verkauf in einigen Fällen die sinnvollste Lösung wäre, schrecke die Kirche häufig davor zurück, weil sie einen Reputationsschaden befürchte, schreibt das EB-Vorstandsmitglied Christian Ferchland.

90 Prozent der befragten Kirchenkreise, Bistümer und Landeskirchen haben laut der Studie in den vergangenen fünf Jahren eine kirchliche Immobilie veräußert. Bei einer Vermietung werde meistens großer Wert auf eine angemessene Nutzung der kircheneigenen Immobilien gelegt, so Ferchland. Als mögliche Nutzungen würden immer wieder Unterkünfte für Flüchtlinge oder sozial Schwache genannt, aber auch eine Vermietung an andere Interessenten sei denkbar. Jeder zweite Kirchenkreis gebe an, nicht über genügend Eigenmittel für einen Umbau zu verfügen. Angesichts eines Rückgangs der Kirchenmitglieder, der Zusammenlegung von Gemeinden und gestrichenen Pfarrstellen müssten sich die Kirchen in den kommenden Jahren weiter mit diesem Thema befassen.

Bei der Umfrage von September bis November 2017 waren 145 Immobilienverantwortliche aus 126 Kirchenkreisen und 19 übergeordneten Verwaltungseinheiten (Landeskirchen oder Bistümer) befragt worden. Allein die zwölf befragten Landeskirchen seien für gut die Hälfte der 21,9 Millionen Protestanten in Deutschland zuständig, hieß es.

Wenn Kirchengemeinden Gebäude verkaufen, haben sie aus Sicht des katholischen Bonner Liturgiewissenschaftlers Albert Gerhards dauerhaft wenig Einfluss auf die künftige Verwendung des Gebäudes. Hinzu komme ein weiteres Problem: "Je mehr zweckentfremdete Kirchen es gibt, desto weniger werden die Gebäude künftig mit der ursprünglichen Bedeutung identifiziert." Deshalb bevorzugten einige katholische Bischöfe einen Abriss.

Gerhards kritisierte, dass eine übergeordnete Instanz fehle und Pfarreien mit solchen Entscheidungen oft allein gelassen würden. "Jedes Bistum wurschtelt stattdessen selbst vor sich hin." Aus Angst, ein Gebäude falle aus der Finanzierung durch die Kirchensteuer, erfolgten oft "Schnellschüsse" und Entscheidungen für einen Abriss.

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