Studie der Vereinten Nationen:Goldrausch bei erneuerbaren Energien

Boombranche erneuerbare Energien: Trotz der Krise am Kreditmarkt steigen die Investitionen rasant an - knapp 100 Milliarden Euro flossen im vergangenen Jahr in diesen Sektor.

Martin Kotynek

Die Ausgaben für Windkraft, Solarenergie und Biomasse erhöhten sich im Jahr 2007 weltweit um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtet das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep). Mehr als 148 Milliarden Dollar (umgerechnet 94 Milliarden Euro) flossen im vergangenen Jahr in den Markt für erneuerbare Energien, heißt es in einer Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Studie der Vereinten Nationen: Vor allem Windkraft und Solarenergie sind der Studie zufolge bei Investoren gefragt.

Vor allem Windkraft und Solarenergie sind der Studie zufolge bei Investoren gefragt.

(Foto: Foto: dpa)

Vor allem Windkraft gefragt

Steigende Investitionen verzeichnete die Unep vor allem bei Windkraft und Solarenergie, die zusammen 67 Prozent der Investitionen auf sich vereinen. In Europa hatten die neu hinzugekommenen Windkraftanlagen an sämtlichen neu installierten Energiekapazitäten einen Anteil von 40 Prozent, in den USA waren es 30 Prozent. Lediglich der Markt für Bioethanol ist rückläufig, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Ein Großteil der Investitionen in Energiepflanzen floss stattdessen nach Brasilien, Indien und China. Diese Länder zogen zuletzt vermehrtes Interesse von Geldgebern auf sich. 22 Prozent der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien gingen im vergangenen Jahr in diese Länder.

Angesichts dieser Entwicklung sei derzeit "nichts anderes im Gange als eine fundamentale Transformation der weltweiten Energie-Infrastruktur", sagt Achim Steiner, Generaldirektor der Unep. "Genauso, wie Tausende im späten 19. Jahrhundert nach Kalifornien und an den Klondike gelockt wurden, zieht der Goldrausch der erneuerbaren Energien heute Legionen moderner Goldsucher weltweit an", sagt Steiner. Der Unterschied zu früher sei, dass "ein wesentlich höherer Anteil jener, die nach Reichtum suchen, ihn finden werden."

Die Kreditkrise hat sich bisher nur im ersten Quartal 2008 auf den Markt für alternative Energien ausgewirkt. Es wurden weniger Projekte wie Windkraftanlagen realisiert. Mehrere Unternehmen verkauften Beteiligungen an Anlagen. Sie mussten erkennen, dass sie das Wachstum in der Kreditkrise nicht finanzieren konnten. Die Investmentbank Goldman Sachs etwa verkaufte ihr Windkraftunternehmen Horizon Wind Energy bereits im Sommer 2007, danach wechselten zum Beispiel die spanischen Windkraftanlagen der dänischen Firma Dong und die amerikanischen Windparks von Airtricity den Besitzer. Doch nach einer kurzen Phase der Unsicherheit scheint die Krise überwunden zu sein. Im zweiten Quartal 2008 lagen die Investitionen um 34 Prozent über dem zweiten Quartal des vergangenen Jahres.

Größte Profiteure des Aufschwungs bei erneuerbaren Energien sind europäische Unternehmen. Staatliche Förderung, Investoren, die mit der Finanzierung von alternativen Energieprojekten vertraut sind sowie starke Konkurrenz am Markt ließen die Ausgaben für Infrastrukturprojekte im letzten Jahr in Europa auf 49,5 Milliarden Dollar steigen - das sind fast 62 Prozent der weltweiten Ausgaben für solche Projekte. Doch auch in anderen Regionen sind europäische Firmen gut im Geschäft. "Die Amerikaner sind in der Forschung zwar gut unterwegs, doch die Europäer können Innovationen besser umsetzen. Den Großteil der neuen Anlagen in Amerika bauen die Europäer", sagt Eric Usher, Leiter der Energieabteilung der Unep.

Alternative Energien ins Portfolio

Das könnte sich aber ändern, denn allmählich wächst auch in den USA die Akzeptanz für erneuerbare Energien. Texas führt innerhalb der USA das Wachstum bei Windkraftanlagen an, zudem müssen Investoren nach Alternativen zu Kohlekraftwerksprojekten suchen. Diese wären nicht mehr profitabel, wenn die nächste Regierung Abgaben für die Emission von Kohlendioxid einführt. Auch bei der Vergabe von Krediten legen die großen Investmentbanken Citigroup, JP Morgan und Morgan Stanley nun vermehrt Wert darauf, dass die Energiekonzerne alternative Energien in ihr Portfolio aufnehmen.

Zudem ist der Zugang zu Risikokapital in den USA einfacher als in Europa. "Rund 75 Prozent des weltweiten Risikokapitals werden von amerikanischen Firmen an Land gezogen", sagt Eric Usher. "Das ist ein Warnsignal, denn so könnte es passieren, dass die Amerikaner die Europäer an der Spitze des alternativen Energiemarktes ablösen." Von großer Bedeutung für die Zukunft dieses Marktes vor allem in Europa werde das Ergebnis des Weltklimagipfels in Kopenhagen im kommenden Jahr sein, sagt Usher. Dort soll ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll erarbeitet werden.

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