Studie der Postbank:Jeder dritte Deutsche will nahe Verwandte enterben können

Hunderte Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland vererbt. Unklarheiten vermeiden, Erbschaftsfragen rechtzeitig regeln - das ist den Deutschen einer Studie zufolge besonders wichtig. Doch wenn es in der Verwandtschaft doch mal Streit gibt, wollen Erblasser reagieren können.

254.000.000.000 Euro - in Worten zweihundertvierundfünfzig Milliarden Euro - das ist die Summe, die in Deutschland alleine in diesem Jahr über Erbschaften weitergegeben wird. Das ergibt sich aus einer Studie der Postbank, die zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitutes Allensbach erstellt wurde. Bis zum Jahr 2020 soll die jährlich durch Vererbung anfallende Summe sogar noch steigen, auf 330 Milliarden Euro.

Das Geld- und Sachvermögen der Haushalte in Deutschland hat sich zwischen 1991 und 2011 laut Statistischem Bundesamt mehr als verdoppelt. In der Altersgruppe der mehr als 65-Jährigen planten aktuell rund drei Viertel - fast 13 Millionen Menschen - die Weitergabe eines Erbes, heißt es in der Studie. Zunehmend gehe es dabei auch um Immobilien: Derzeit seien in jeder zweiten Erbschaft Häuser und Grundstücke enthalten. Der Anteil steige bei den befragten künftigen Erben und Erblassern auf zwei Drittel.

Für die repräsentative Erbschaftsstudie befragte das Allensbach-Institut im März fast 1600 Bürger im Alter von mindestens 16 Jahren. Wichtig ist den Deutschen demnach vor allem, Überraschungen und Streit über die Erbschaft möglichst zu vermeiden. 77 Prozent der Menschen, die ein Erbe hinterlassen wollen, hielten klare Verhältnisse bei der Aufteilung ihres Besitzes für "ganz besonders wichtig", heißt es in der Untersuchung. Das entspreche fast genau den Ansichten derjenigen, die eine Erbschaft erwarteten.

"Die Deutschen haben offenkundig aus Fehlern der Vergangenheit bei Erbschaften gelernt - und sie werden bei der Nachlass-Planung immer routinierter", so erklärt Susanne Klöß von der Postbank, die Zahlen. Bisher sei nur in jedem vierten Fall die Verteilung des Nachlasses zwischen Erben und Erbschafts-Geber abgesprochen worden. Nun sei eine "neue Offenheit" gewünscht.

Immerhin knapp ein Drittel der Deutschen befürworten darüber hinaus, dass Erben auch nahe Verwandte generell ganz von ihrem Nachlass ausschließen können. 30 Prozent hielten es für "grundsätzlich nicht richtig", dass Ehegatten oder Kindern ein Pflichtteil zusteht. Der Studie zufolge zeigt sich bei diesem Thema zudem ein auffälliger Ost-West-Unterschied: Im Osten wünschen fast 40 Prozent eine Enterbungsmöglichkeit naher Angehöriger, im Westen sind es 25 Prozent.

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Wie verfasse ich ein Testament?

Es gibt die Möglichkeit, mit Hilfe eines Notars ein "öffentliches Testament" zu erstellen. Dieses wird bis zum Tode amtlich verwahrt. Die Gebühr richtet sich vor allem nach dem Wert des Vermögens. Wer sein Testament ohne Notar aufsetzt, muss dieses komplett per Hand verfassen und unterschreiben. Verfasst ein Ehepaar ein gemeinschaftliches Testament, muss einer der beiden dieses niederschreiben, beide müssen es unterschreiben. Die Erben müssen unmissverständlich kenntlich gemacht werden. 

Was müssen die Hinterbliebenen nach dem Todesfall beachten?

Zunächst sollten sie nach einem Testament des Verstorbenen suchen. Dieses müssen sie zum Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Toten bringen. Das Gericht öffnet schließlich das Testament, benachrichtigt die Erben und verkündet ihnen den letzten Willen des Verblichenen. 

Wie wird das Erbe aufgeteilt, wenn kein Testament vorliegt? 

In einem solchen Fall wird das Vermögen nach festen Regeln aufgeteilt. Es erben nur direkte Verwandte, Adoptivkinder und Ehepartner beziehungsweise eingetragene Lebenspartner, nicht jedoch angeheiratete Familienmitglieder und auch keine Stiefkinder oder -eltern. Die Erben werden nach dem Grad ihrer Verwandtschaft mit dem Toten in Gruppen eingeteilt. An erster Stelle stehen Ehepartner und Kinder. Ein Mitglied einer hinteren Gruppe erbt nur, wenn der in der Erbfolge unmittelbar vor ihm stehende Verwandte ausfällt. Hatte der Tote weder Ehe- oder Lebenspartner noch Verwandte, geht der Nachlass an den Staat. 

Können Personen aus der gesetzlichen Erbfolge auch komplett leer ausgehen? 

Zwar kann der Erblasser per Testament seine nächsten Verwandten offiziell enterben, ein gesetzlicher Pflichtteil steht ihnen aber auch dann zu. Dieser ist halb so hoch wie der Anteil, der dem Enterbten ohne Testament zustehen würde. 

Sind auch Schulden vererbbar? 

Auch Verbindlichkeiten werden vererbt. Die Erben können aber beantragen, die geerbten Schulden auf die Erbmasse zu beschränken. Damit vermeiden sie, dass sie zu deren Tilgung an ihr eigenes Erspartes gehen müssen. Ein Hinterbliebener hat auch die Möglichkeit, sein Erbe auszuschlagen. Innerhalb von sechs Wochen, nachdem er von der Erbschaft erfahren hat, muss er dies dem Gericht per notariell beglaubigter Unterschrift erklären.

Was ist der Erbschein? 

Er bestätigt, dass eine Person Erbe eines Verstorbenen ist. Häufig wird dieser Schein verlangt, etwa wenn der Erbe eine Immobilie oder das Bankkonto des Verstorbenen auf seinen Namen umschreiben lassen will. Der Erbschein ist beim Nachlassgericht zu beantragen. Zusätzlich muss der Erbe eine eidesstattliche Erklärung zu bestimmten Angaben abgeben. 

Wie bemisst sich die Erbschaftsteuer? 

Ihre Höhe richtet sich in erster Linie nach dem Wert des steuerpflichtigen Erbes und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. Zudem existiert ein Steuer-Freibetrag von bis zu 500.000 Euro. Auch existiert ein besonderer Versorgungsfreibetrag für Ehepartner und Kinder bis 27 Jahre. Daneben gibt es eine Reihe von Steuerbefreiungen.

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