Studie der Bundesbank:So reich und arm sind die Deutschen

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Ein Mann passiert baufällige Gebäude im Viertel Bruckhausen in Duisburg

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Eigentlich scheint ja immer alles ganz leicht zu sein. In Europa sind die Deutschen reich, der Rest irgendwie arm. Doch eine Studie der Bundesbank zeigt: Im Vergleich zu anderen großen Ländern Europas ist das Vermögen der deutschen Haushalte erstaunlich niedrig.

Die Bundesbank hat sich an ein neues Projekt herangewagt: Erstmals hat sie Haushalte in Deutschland über ihr Vermögen und Schulden befragt. Es ging aber nicht nur um die nackten Vermögensdaten, sondern auch um Ansprüche aus privaten Rentenversicherungen, Spartätigkeit, Einkommen und Daten zur Arbeitstätigkeit, zum Konsum oder der Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden.

Das Ergebnis: Bezogen auf den Zeitpunkt Ende 2010 lag das geschätzte durchschnittliche Vermögen der privaten Haushalte bei brutto 222.200 Euro. Abzüglich der Verschuldung - also netto - waren es 195.200 Euro.

Das ist aber nur der Durchschnitt, die Summe aller Vermögenswerte geteilt durch die Anzahl der Haushalte. Doch eine solche Zahl hat nur beschränkte Aussagekraft. Denn wenn von zwei Menschen einer ein ganzes Hähnchen isst und der andere gar nichts, dann verspeisen im Schnitt beide ein halbes Hähnchen.

Wie lässt sich das Vermögen eines "mittleren" Haushalt also besser beschreiben? Statistiker greifen dafür gern auf den sogenannten Median zurück. Wenn alle Haushalte gemessen an ihren Vermögen aufgereiht werden, ist der Medianwert die mittlere Position: Für diese Position gibt es ebenso viele reichere wie ärmere Haushalte. Der Median liegt brutto bei 67.900 Euro. Werden die Schulden herausgerechnet, sind es netto noch 51.400 Euro.

Dass diese Zahl so deutlich unter den Durchschnittswerten liegt, demonstriert, dass vergleichsweise wenige Haushalte über ein großes Vermögen verfügen. Tatsächlich haben - gemessen am Durchschnitt - fast drei Viertel der Haushalte in Deutschland ein unterdurchschnittliches Vermögen.

Interessant ist, dass sowohl der Durchschnittswert als auch der Median des Nettovermögens niedriger liegt als in anderen großen Ländern des Euro-Raums, für die es vergleichbare Angaben gibt. In Frankreich liegt das Median-Nettovermögen mit 113.500 Euro mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. In Spanien (178.300 Euro) und Italien (163.900) ist der Wert sogar mehr als drei Mal so hoch. In Österreich liegt er bei 76.400 Euro.

Doch nicht nur im internationalen Vergleich sind die Unterschiede groß, auch in Deutschland selbst herrschen gewaltige Unterschiede.

Hauseigentümer reicher als Mieter

In Westdeutschland liegt der Median des Nettovermögens beispielsweise bei 78.900 Euro. Im Osten sind es nur 21.400 Euro. Und: Hauseigentümer sind meist deutlich reicher als Haushalte ohne Wohneigentum. Der Medianwert des Nettovermögens von Eigentümern einer entschuldeten Immobilie liegt in Deutschland bei 255.600 Euro. Bei Eigentümern einer mit Schulden belasteten Immobilie ergibt sich ein Medianwert von 160.200 Euro. Bei Mieterhaushalten sind es gerade mal 10.300 Euro.

Die Umfrage wurde im Rahmen der Panelstudie "Private Haushalte und ihre Finanzen" zwischen September 2010 und Juli 2011durchgeführt. Die Untersuchung ist Teil des "Household Finance and Consumption Survey". Das ist eine neue harmonisierte Befragung, die in allen Ländern des Euro-Raums durchgeführt wird.

Ziel der Erhebungen sei die weitere Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen der Zentralbanken im Eurosystem, schreibt die Bundesbank. Die Studienergebnisse könnten das Verständnis des Konsum- und Sparverhaltens oder der Verteilung von Vermögen und Verschuldung der privaten Haushalte verbessern. Dies ermögliche unter anderem eine bessere Beurteilung der Wirkung der Geldpolitik oder der Stabilität des Finanzsystems.

Im Rahmen der ersten Welle der Studie hatten 3.565 Haushalte in Deutschland Auskunft gegeben.

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