Steuerzahlerbund kritisiert Bundesetat:Geld verprassen in Bayreuth

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Wagner-Festspiele und Torf-Lippenstift: Der Bund der Steuerzahler kritisiert etliche Ausgabenposten im Haushalt - insgesamt ließen sich Milliarden einsparen, sagt die Organisation. Allein 2,3 Millionen Euro aus dem Etat der Kanzlerin gehen nach Bayreuth.

Oliver Bilger

Karl Heinz Däke, der Präsident des Steuerzahlerbundes, ist qua seines Amtes einiges gewöhnt, wenn es um ungewöhnliche Ausgaben der Regierung geht. "Dass das Forschungsministerium mit knapp 260.000 Euro die Entwicklung eines Lippenpflegestifts auf Torfbasis fördert, ist für mich allerdings neu."

Kanzlerin Angela Merkel besucht nicht nur die Festspiele in Bayreuth, aus dem Haushaltsposten des Kanzleramtes fließen auch 2,3 Millionen Euro ins Budget der Veranstaltung. (Foto: REUTERS)

Im vergangenen Jahr präsentierte der Bund der Steuerzahler erstmals eine Streichliste mit dem Titel "Einsparpotenzial im Bundeshaushalt". Nun wurde die Liste neu aufgelegt. Darin zeigt der Verein, zu dessen Zielen der Abbau der Staatsverschuldung zählt, kleine und große Sparmöglichkeiten. Gleichzeitig kommen allerlei skurrile Ausgaben des Bundes zum Vorschein. "Die Abgeordneten beschließen zwar den Haushalt, trotzdem wissen sie nicht immer genau, was daraus alles finanziert wird", sagte Däke am Dienstag bei der Präsentation der Streichliste in Berlin.

Der Steuerzahlerbund hat sich die Fördermittel der Ministerien genau angesehen. "Dabei sind wir auf Tausende Projekte oder Beihilfen gestoßen, die ein kritisches Hinterfragen nach Sinn und Zweck der Förderung durch den Steuerzahler geradezu provozieren." Die Regierung müsse "aufhören, Steuergelder für Maßnahmen bereitzustellen, die keineswegs den öffentlichen Aufgaben entsprechen", so Däke.

Nach Meinung seines Vereins gibt es im 306 Milliarden Euro umfassenden Bundeshaushalt nicht nur Großposten, sondern auch viele kleine Beträge, die bei ernsthaftem Sparwillen gestrichen werden könnten. Der Torf-Lippenstift ist nur eines von insgesamt 50 absurden Beispielen. Ein solches Projekt sei Sache der Kosmetikindustrie, nicht der Steuerzahler, erklärte Däke.

Dabei gibt es weit größere Posten als die für dieses Projekt veranschlagten 260.000 Euro. Zum Beispiel die Bayreuther Festspiele. Als Unterstützung für das Kulturspektakel fließen 2,3 Millionen Euro aus dem Kanzleretat, obwohl die Liste der privaten Sponsoren bereits eindrucksvoll sei, heißt es beim Steuerzahlerbund. Richtig teuer sind auch Besuchsreisen nach Berlin: Wenn Abgeordnete etwa Bürger aus ihren Wahlkreisen in die Hauptstadt einladen, kostet das 23 Millionen Euro.

Neuschulden vermeidbar

Kritisiert wird auch die Filmförderung (60 Millionen Euro), die Entwicklung neuer Erntemaschinen für Kamillenblüten (355.000 Euro), die Beteiligung am Deutschen Computerspielpreis (300.000 Euro), die Qualitätsverbesserung von Topfschnittlauch (55.000 Euro) und der Beitrag an den Deutschen Pflügerrat für seine Mitgliedschaft im Weltpflügerrat (3000 Euro).

Neben dieser Streichliste legte der Steuerzahlerverband einen Einspar-Katalog für den Bund vor. Danach könnten aus Sicht des Vereins unter anderem Zahlungen an die Bundesagentur für Arbeit um 7,4 Milliarden gekürzt werden. Insgesamt sollen sich durch die Vorschläge 27 Milliarden Euro sparen lassen.

Der Steuerzahlerbund fordert deshalb alle Bundestagsabgeordneten auf, vor den kommenden Haushaltsberatungen den Haushalt "von vorne bis hinten zu prüfen". Wenn der Bund diese Liste umsetzen würde, heißt es, könnte er bereits 2013 ohne neue Schulden auskommen.

© SZ vom 20.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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