Stadtplanung:Es wird immer enger in München

Stadtplanung: Blick auf die Türme der Frauenkirche: Die Attraktivität der Landeshauptstadt und damit der Zuzug ist ungebrochen.

Blick auf die Türme der Frauenkirche: Die Attraktivität der Landeshauptstadt und damit der Zuzug ist ungebrochen.

(Foto: Robert Haas)

Der Bedarf an günstigen Wohnungen steigt, ebenso der Bedarf an neuen Ideen. Eine Diskussionsrunde unter Experten.

Von Sebastian Hepp

München wächst und wächst. Neueren Prognosen zufolge wird die Stadt bis zum Jahr 2030 1,7 Millionen Einwohner haben, derzeit sind es 1,5 Millionen. Das wirkt sich natürlich auch auf den Wohnungsbau aus. Seit 2014 schon steigt die Zahl der Baugenehmigungen, weshalb es "zumindest mittelfristig zu einem wieder wachsenden Neubauvolumen kommen" könnte, wie einem Marktbericht ("Residential City Profile") von JLL zu entnehmen ist. Die Stadt will den Wohnungsbau ankurbeln - statt bisher 7000 sollen nun pro Jahr 8500 neue Wohnungen erstellt werden. Doch in Anbetracht der jüngsten Zuzugszahlen, nicht zuletzt von Flüchtlingen, wird das die Nachfrage nicht decken.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geht laut JLL von einem Bedarf von durchschnittlich knapp 10 000 neuen Wohnungen in der Landeshauptstadt bis zum Jahr 2020 aus. Nach dem wohnungspolitischen Handlungsprogramm "Wohnen in München V" stünden im Stadtgebiet noch Flächen für rund 46 000 Wohnungen zur Verfügung. Dadurch lasse sich also maximal der Bedarf von fünf Jahren sichern. "Ohne eine stärkere Kooperation Münchens mit dem Umland", so das Fazit von JLL, "wird sich in Zukunft die Wohnraumversorgung noch schwieriger gestalten."

Welche Neuentwicklungen für günstiges Wohnen aber gibt es derzeit in der Landeshauptstadt, welche Wohnformen beleben den Trend? Und wie kommen die Bauträger aus dem Dilemma heraus, dass preisgünstiges Bauen immer schwieriger wird? Fragen wie diese gewinnen bei Diskussionsrunden mit Immobilienfachleuten zunehmend an Bedeutung, so auch bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen einer Tagung, die "Heuer Dialog" unlängst in München veranstaltete. Das Thema: "Es wird immer enger: Lösungen für mehr bezahlbaren und attraktiven Wohnraum."

"Man müsste einfach mal 1000 Wohnungen ohne Baugenehmigung erstellen."

Angesichts des "aktuellen Bedarfs von 15- bis 20 000 neuen Wohnungen in München und Umland" plädierte Klaus-Michael Dengler, Geschäftsführer der Gewofag Holding GmbH, für das Modell des "Flexi-Wohnens". Als aktuelles Beispiel hierfür nannte er das Gewofag-Projekt "Am Südpark" im Stadtbezirk Obersendling/Forstenried mit öffentlich geförderten Wohnungen für Familien mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. "Wir werden das vorhandene Gebäude optimal ausnutzen und hier möglichst viele Wohnungen errichten. Hier entstehen circa 150 Apartments", betonte Dengler. Möglich machen will das die städtische Wohnungsbaugesellschaft durch kleine Wohneinheiten, die temporären Wohnzwecken dienen sollen.

Solche Maßnahmen sind auch eine Reaktion auf die stark gestiegenen Immobilienpreise in München. Die Bauträger tun sich immer schwerer damit, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.

Doch wie wird es weitergehen? "In den nächsten fünf Jahren wird es weiter extrem nach oben gehen. Auch im hochpreisigen Segment geht es hinauf", prognostiziert Michael Westerhove, Geschäftsführer der Corpus Sireo Projektentwicklung Wohnen GmbH. "Man müsste einfach mal innerhalb eines Jahres 1000 Wohnungen ohne Baugenehmigung erstellen", fordert er - wohl wissend, dass dies einen "Zielkonflikt" zwischen dem akuten Wohnungsbedarf in München und dem geltenden Baurecht bedeuten würde. Die momentane Preisentwicklung in der Landeshauptstadt lässt sich seiner Meinung nach jedoch allenfalls mit der Erstellung einfacher Wohneinheiten in möglichst kurzer Zeit ein wenig bremsen.

Rolf Toyka, Architekt mit dem Schwerpunkt Architekturkommunikation, macht neben den hohen Nebenkosten auch den gestiegenen Wohnflächenbedarf pro Person und die damit einhergehende zusätzliche Verknappung des Wohnraums für die hohen Immobilienpreise in München und Umgebung verantwortlich. Über 69-Jährige würden im Schnitt 62, Jüngere inzwischen schon 69 Quadratmeter für sich beanspruchen. Als Lösung für mehr bezahlbaren Wohnraum bietet sich laut Toyka die Konzentration auf den Bau von kleinen Einheiten an, aber auch eine günstigere Bauweise, etwa die Beschränkung auf einfache Treppenhäuser und die Installierung von raumhohen Klappfenstern anstelle von Balkonen." Ich gehe von Projekten mit vorgefertigten Holz-Modulen aus, die baulich schnell abmontierbar und nachrüstbar sind", erklärt der Architekt. Neben der Reduzierung von Flächen plädiert Toyka auch für eine zunehmende Orientierung hin zum Modell von Baugemeinschaften. "Viele Leistungen wird man nur noch gemeinsam aufbringen können", argumentiert er. Den Mangel an Wohnraum in München macht Gewofag-Geschäftsführer Dengler auch noch an einem anderen Punkt fest: an der Stellplatzverordnung. "Wenn man beispielsweise 300 Wohnungen erstellen will, dann muss man auch noch für eine entsprechend hohe Anzahl an Stellplätzen sorgen. Bei der Forderung nach schnell errichtbaren und auch bezahlbaren Wohnungen können wir uns aber nicht mit Stellplätzen aufhalten", moniert er.

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