Staatsbank im Visier:Staatsanwaltschaft prüft KfW-Panne

30 Bürger haben die KfW-Banker angezeigt. Nun wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

Klaus Ott

Noch immer regen sich viele Leute über die Staatsbank KfW auf, die an das US-Finanzinstitut Lehman Brothers kurz vor dessen Pleite bei einem Devisengeschäft noch schnell 319 Millionen Euro überwiesen hat.

KfW
(Foto: Foto: dpa)

Das meiste Geld ist nun wohl weg, und ginge es nach Volkes Zorn, dann müssten die Verantwortlichen für dieses Malheur hart bestraft werden. Gut 30 Bürger haben daher Anzeige gegen das KfW-Management erstattet; jetzt prüft die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main anhand diverser Unterlagen den Fall. Die Fahnder sind zuständig, weil die KfW in der Bankenstadt ansässig ist.

Wohl kein Verfahren gegen Matthäus-Meier

Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen ein "Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue" gegen den gesamten KfW-Vorstand einschließlich des neuen Vorstandschefs Ulrich Schröder und seiner Vorgängerin Ingrid Matthäus-Meier eingeleitet.

So steht es in einem Schreiben der Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft an die von der Staatsbank eingeschaltete Anwaltskanzlei Clifford Chance. In dem Brief haben die Ermittler die KfW gebeten, etwaige Revisions- und Wirtschaftsprüfberichte zu übersenden, "die sich mit den Vorgängen um die inkriminierte Überweisung befassen". Die KfW hat schnell geantwortet.

Das Material liegt den Fahndern bereits vor und wird nun ausgewertet. Von den Ergebnissen hängt ab, ob die Staatsanwaltschaft tatsächlich gegen KfW-Manager vorgeht, und falls ja, gegen wen.

Matthäus-Meier wird wohl nicht dabei sein. Sie war im September, als das alles geschah, laut KfW zwar offiziell noch im Amt, aber nicht mehr für die Bank tätig, sondern in Urlaub. Nach Angaben aus Justizkreisen handelt es sich bei den gegen aktive und ehemalige KfW-Vorstände eingeleiteten Verfahren vorerst um eine Formalie.

Nach hessischem Recht müsse, sobald eine Strafanzeige vorliege, gegen die Beschuldigten ein Verfahren in die Akten eingetragen werden. Das solle gewährleisten, dass "vor dem Gesetz alle gleich sind" und kein Prominenter geschont werde. "Da wird niemand bevorzugt, jeder steht dann in der Akte." Dann werde geprüft, so die Angaben aus Justizkreisen, ob Anhaltspunkte für ein Verbrechen vorlägen und dem nachgegangen werden müsse.

In dieser Phase befindet sich die Staatsanwaltschaft, der auch ein Untersuchungsbericht von Pricewaterhouse Coopers (PwC) vorliegen soll. Die Wirtschaftsprüfergesellschaft hat für das Aufsichtsgremium der KfW auf 28 Seiten akribisch notiert, wie es zu der Panne kommen konnte. Demnach waren mehrere Abteilungen in der KfW bereits mehrere Tage vor der Lehman-Pleite alarmiert worden über die Lage der US-Bank.

Die KfW hat aber offenbar keine zusätzlichen Vorkehrungen für Geschäfte mit Lehman ergriffen. PwC wirft der KfW vor, am Wochenende vor der Überweisung der 319 Millionen Euro keine "besonderen Maßnahmen" ergriffen zu haben, um die Entwicklung bei Lehman zu beobachten. Hätte die KfW derart vorgesorgt, dann wäre nach Ansicht der PwC-Prüfer rechtzeitig ein "Auszahlungsstopp" veranlasst worden.

Nun ist zu klären, wer für das Desaster verantwortlich ist. Jene Beschäftigten, die den Geldtransfer veranlasst und ausgeführt haben? Vorgesetzte bis hinauf in den Vorstand, weil die KfW falsch organisiert war? Oder gar der gesamte Vorstand, weil er angesichts der Krise bei Lehman intern spezielle Vorkehrungen für Geschäfte mit dem US-Finanzinstitut hätte treffen müssen?

Die KfW hat zwei Vorstände gefeuert und sieht keinen Anlass für weitere Strafen. "Unsere Prüfungen haben ergeben, dass keine Anhaltspunkte für strafrechtliche Verstöße vorliegen", sagt ein Sprecher. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft könnte das anders sehen.

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