Spitzelaffäre der Deutsche Bank:Der Jurist und die Spitzel

Der frühere Syndikus der Deutschen Bank gerät unter Druck: Reinhard Marsch-Barner soll in die Deutsche Bank-Affäre verwickelt sein.

Martin Hesse

Als Reinhard Marsch-Barner Ende September 2008 die Deutsche Bank verließ, machte ihm sein neuer Auftraggeber ein Kompliment: "Wir brauchen jemanden, der die Denkprozesse in einem Unternehmen kennt", begrüßte Ralph Wollburg, Partner bei der Kanzlei Linklaters, den langjährigen Syndikus der Deutschen Bank.

Nun aber stellt sich die Frage, wie gut der 66-jährige Marsch-Barner die Denkprozesse in der Spitzelaffäre der Deutschen Bank kannte. Aus dem Gutachten der Kanzlei Cleary Gottlieb, die von dem Kreditinstitut beauftragt war, die Affäre aufzuklären, geht hervor, dass der hochrangige Jurist Marsch-Bahner tiefer in die Spitzelei verstrickt war, als die Bank bisher glauben macht. Marsch-Bahner und die Bank wollten sich dazu nicht äußern.

Die Bank hatte Ende Juli den Cleary-Bericht vorgelegt und den Leiter der Investor-Relations-Abteilung, Wolfram Schmitt, sowie den Sicherheitschef für Deutschland, Rafael Schenz, entlassen. Sie hatten die Beschattung des Deutsche-Bank-Aktionärs Michael Bohndorf organisiert.

Auf den Balearen bespitzelt

Aus dem Cleary-Gutachten geht aber hervor, dass auch Marsch-Bahner an mehreren Besprechungen teilgenommen hat, in denen es um die Bespitzelung ging. So gab es am 14. Juli 2006 ein Treffen mit Schmitt, Schenz und Marsch-Barner.

Dort wurde besprochen, dass der Detektiv Bernd Bühner mit zwei Teams auf den Balearen und in Deutschland Bohndorf nachspüren soll. Schenz erklärte laut Cleary-Bericht, Bühner sei von dem "Entscheidungsteam" - bestehend aus Schmitt, dessen Stellvertreter Wolfgang Schnorr und Marsch-Barner - "in diesem Rahmen beauftragt worden".

Marsch-Bahner sagte Cleary dagegen, er könne sich nicht an die Auftragsvergabe erinnern. Er habe sich auch nicht als rechtlicher Berater des Projektes gesehen. Er reichte aber Adressen und Telefonnummern Bohndorfs weiter, um den Detektiven die Arbeit zu erleichtern.

Fotos auf der Finca

Marsch-Barner war auch zugegen, als Bühner seine Berichte abgab. Der Detektiv erzählte unter anderem, wie seine Ermittler sich auf Bohndorfs Finca eingemietet und Fotos gemacht hätten, wie sie sich als Journalisten der Financial Times ausgegeben und den Aktionär Ekkehard Wenger ausgefragt hätten. Schmitt gab an, er habe bei einigen dieser Aktionen ein Störgefühl empfunden und darüber auch mit Marsch-Barner geredet.

Der hoch angesehene Jurist und Kapitalmarktexperte sah jedoch offenbar keine Veranlassung zu reagieren. Er habe seinem Vorgesetzten Hans-Dirk Krekeler lediglich erzählt, dass man über eine externe Firma mehr über Bohndorf habe herausfinden wollen.

Krekeler sei der Sache nicht nachgegangen. Zum Vorstand sind die Machenschaften laut Cleary-Bericht bis April 2009 nicht durchgedrungen. Ob all das mit Gesetzen und den Regeln guter Unternehmensführung vereinbar ist, prüfen derzeit Staatsanwaltschaft und Finanzaufsicht.

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