Soziales Engagement:Mehr als nur Image-Politur

Wohnungskonzerne setzen sich immer mehr für die Schwachen in der Gesellschaft ein. Sie veranstalten Jugendtreffs, Tanztees und helfen Migranten. Das ist kein Altruismus, es zahlt sich aus.

Von Jürgen Hoffmann

An einem Septembernachmittag in Salzgitter-Lebenstedt: Deutsche und ausländische Jugendliche klettern auf einem Hindernis-Parcours. Sie erleben spielerisch Integration, soziale Ausgrenzung findet nicht statt. Bei schlechterem Wetter machen sie im Jugendtreff um die Ecke zusammen Hausaufgaben oder Musik. Wenige Häuser entfernt lernt eine Gruppe überwiegend muslimischer Frauen Deutsch. Ähnliche Angebote gibt es im Norden von Salzgitter für Menschen jeden Alters - inklusive Tanztee für Senioren. Allen Aktionen gemeinsam ist: Nicht die Stadt oder gemeinnützige Verbände haben sie initiiert und finanziert, sondern die Eigentümerin von 9000 Wohnungen in Salzgitter, das private Wohnungsunternehmen TAG Immobilien. Deutschlands viertgrößter an der Börse notierter Vermieter engagiert sich im schwierigen sozialen Umfeld in Salzgitter und an anderen Orten, an denen er große Wohnungsbestände hat.

Immobilienunternehmen werden nicht selten als Spekulanten betrachtet. Skandale von Konzernen wie Gagfah oder Deutsche Annington - heute Vonovia - haben wesentlich zum schlechten Ruf der Branche beigetragen. Sind soziale Engagements also nur Image-Politur? "Nein", sagt Professor Dirk Schiereck, Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt: "Verantwortungsvolle Wohnungsunternehmen denken langfristig. Soziale Projekte sind für sie Investitionen in ihren Bestand. Gerade bei Quartieren in Abwärtsspirale ist es betriebswirtschaftlich vernünftig, positiv auf die Mieterstruktur einzuwirken." Wenn deutsche und ausländische Mieter friedlich zusammenleben, es unter Nachbarn weniger Streitigkeiten gibt, profitiert davon die Wohnungsgesellschaft. Schiereck: "Der größte Nutzer sozialer Projekte in Quartieren ist der Vermieter."

"Soziale Projekte tragen in schwierigen Quartieren zur Stabilisierung bei."

Altruismus ist es also nicht, der Immobiliengesellschaften zu Wohltaten animiert. "Wir verbessern mit sozialen Angeboten die Attraktivität in unseren Vierteln ganz erheblich und sorgen so für eine ausgewogene Mieterstruktur", erläutert Claudia Hoyer, Vorstand von TAG Immobilien. Wohnungsunternehmen müssten ein Interesse daran haben, dass Mieter sich in ihrem Umfeld wohlfühlen: "Wir möchten gerade auch in Städten mit demografisch bedingten Wohnungsleerständen Bestandsmieter binden und neue Interessenten gewinnen." Dieses Ziel verfolgt auch Konkurrent Deutsche Wohnen, dessen Portfolio knapp 150 000 Einheiten umfasst. "Soziale Projekte tragen in schwierigen Quartieren zur Stabilisierung bei", sagt Manuela Damianakis, die für die Sozialarbeit der Wohnungsgesellschaft verantwortlich ist.

In kleineren, weniger beliebten Städten reicht es nicht, billigen Wohnraum anzubieten. Hoyer: "Wir schauen genau auf die Bedürfnisse unserer Mieter und finden raus, was sie sich wünschen und wie wir sie am besten unterstützen können. Es geht dabei gar nicht immer darum, viel Geld auszugeben, sondern gut durchdachte, passgenaue Angebote zusammen mit regionalen Partnern zu schaffen."

Erfahrene Quartiersmanager, Pädagogen, Sozialarbeiter und Bezirksamtsmitarbeiter holt sich auch die Deutsche Wohnen ins Boot, wenn sie soziale Projekte plant. Rund 130 000 Euro wird die Unternehmensgruppe in diesem Jahr für Aktionen insbesondere in Problem-Quartieren in Berlin, Hannover und im Rhein/Main-Gebiet ausgeben. Manuela Damianakis: "Die größten und positivsten Effekte erreichen wir, wenn wir vor Ort leere Räume zur Verfügung stellen, beispielsweise für Künstler, die dort mit uns gemeinsam Projekte aufziehen."

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