Skyline von Frankfurt:Große Häuser, große Sorgen

Ein möglicher Abriss, ein Umzug, eine Entkernung, ein wackliger Neubau: Die Finanzkrise spiegelt sich eindrucksvoll in den Frankfurter Bankentürmen wider. Mit interaktiver Grafik.

Harald Freiberger

Die Geschichte der Frankfurter Skyline ist ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. 1951 war noch das AEG-Hochhaus mit 45 Metern das höchste Gebäude der Stadt.

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"Danach sind die Türme alle zehn Jahre im Schnitt um 50 Meter höher geworden", sagt die Frankfurter Stadthistorikerin Silke Wustmann. Es wuchs die einzige nennenswerte Skyline Deutschlands heran. Mit ihren Banktürmen demonstrierte die Stadt, dass sie als Finanzmetropole hoch hinaus will. Dann kam die Finanzkrise. Ihre Verwerfungen spiegeln sich auch in den Glastürmen der Banken.

Europäische Zentralbank (Eurotower)

Den 148 Meter hohen Eurotower ließ ursprünglich mal die gewerkschaftseigene BfG-Bank im Jahr 1977 errichten, die später im schwedischen Geldinstitut SEB aufging. Da traf es sich gut, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ein Gebäude brauchte. Sie zog 1994 mit einer Vorhut von 50 Mitarbeitern ein. Inzwischen sind es weit über 1000. Der Turm ist zu klein geworden, deshalb plant die EZB einen Neubau im Osten der Stadt, was eine Revolution bedeutet, weil dort bisher kein Hochhaus steht.

Mit dem Bau des neuen 185-Meter-Turms gibt es große Probleme. Seit mehr als einem Jahr ruhen die Vorbereitungen, weil sich kein Bauunternehmen fand, das den Auftrag für die vorgeschriebenen 500 Millionen Euro übernehmen wollte. Jetzt stückelt die EZB den Bau in 15 Tranchen und vergibt diese einzeln. Anfang 2010 sollen die Bauarbeiten endlich beginnen, für 2014 hofft die EZB auf den Umzug. Fraglich ist, ob sich für den Eurotower ein Nachmieter findet. Mit seinen 32 Jahren gilt das Gebäude als alt; es kann sogar sein, dass es abgerissen wird. "Die niedrige Halbwertszeit der modernen Hochhäuser ist erschütternd", sagt Stadthistorikerin Wustmann.

Dresdner Bank (Gallileo)

Dresdner Bank (Gallileo)

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Im Jahr 2003 meinte die Dresdner Bank noch, dass sie künftig wachsen würde. So eröffnete sie zusätzlich zu ihrem älteren Silberturm (siehe unten) den kleineren Gallileo, in dem ein Teil der Konzernzentrale untergebracht wurde. Die Commerzbank, die die Dresdner 2008 übernahm, behält diesen Turm. Derzeit ist darin der Privat- und Geschäftskundenbereich untergebracht. Am Eingang steht auf einem Schild: "Dresdner Bank, eine Marke der Commerzbank AG."

Dresdner Bank (Silberturm)

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Dresdner Bank (Silberturm)

In der vergangenen Woche ging im Bankenviertel eine Ära zu Ende: Bauarbeiter schraubten das grüne Logo der Dresdner Bank von deren Zentrale, dem Silberturm. Als das Hochhaus 1978 eingeweiht wurde, war es mit seinen 166 Metern das höchste Gebäude Deutschlands. Es heißt auch Jürgen-Ponto-Hochhaus; die Planung lag in der Ära des legendären Dresdner-Vorstandschefs, der 1977 von der RAF ermordet wurde.

Die Dresdner Bank erlebte im Silberturm noch einige gute Jahre, doch nach 1990 ging es stetig bergab. Der Plan, eine Investmentbank von internationalem Format zu schmieden, verschlang Milliarden. 2002 übernahm die Allianz die Dresdner. Der Versicherungsriese war froh, als er den Verlustbringer vor einem Jahr loswurde.

Der neue Eigentümer Commerzbank baut im Zuge der Fusion bei sich selbst und der Dresdner in Deutschland 6500 Arbeitsplätze ab, deshalb braucht sie den Silberturm nicht mehr. Vor einem Jahr zogen die rund 1900 Dresdner-Mitarbeiter aus, seitdem wird der Turm renoviert. Im März vermietete die Commerzbank das Hochhaus an die Deutsche Bahn, demnächst ziehen deren Mitarbeiter ein. Zwei Tage, nachdem das Dresdner-Logo abmontiert war, hing an der Fassade schon das Zeichen der Bahn. Ein Bild mit Symbolgehalt: Die Finanzbranche zieht aus, die Old Economy kommt.

Commerzbank (Zentrale)

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Commerzbank (Zentrale)

Mit 259 Metern ist die 1997 eröffnete Zentrale der Commerzbank der höchste Turm in der Frankfurter Skyline. Bis 2003 war er sogar das höchste Gebäude Europas, dann wurde er vom Moskauer Triumph-Palace um fünf Meter übertroffen.

Der Turm bleibt auch nach der Übernahme der Dresdner die Konzernzentrale. In der Vorstandsetage ganz oben gibt es eine Toilette mit Pissoirs an den Außenwänden, darüber befindet sich eine Glaswand. Nirgendwo in Frankfurt hat man beim Pinkeln eine so gute Aussicht. Leider ist der Zugang nicht öffentlich - und das, obwohl der Turm eigentlich zu einem Viertel dem Steuerzahler gehört, da der Staat 25 Prozent der kriselnden Commerzbank übernommen hat.

DZ Bank

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DZ Bank (Zentrale)

Das Zentralinstitut der Volks- und Raiffeisenbanken ist vergleichsweise gut durch die Finanzkrise gekommen. Sie musste die Eigentümer lediglich um eine Kapitalhilfe von einer Milliarde Euro für ausgefallene Wertpapiere bitten.

Ansonsten steht der 208 Meter hohe Turm mit seiner auffälligen silbernen Krone stabil. Vor dem Turm befindet sich eine zwölf Meter hohe Krawatten-Skulptur des schwedischen Pop-Art-Künstlers Claes Oldenburg.

Hessische Landesbank (Main Tower)

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Hessische Landesbank (Main Tower)

Die Hessische Landesbank (Helaba) ist eine der wenigen Landesbanken, die die Finanzkrise nicht umgeblasen hat. Sie hatte kaum in giftige Wertpapiere investiert. Ihre Vorstände wollten offenbar nicht so hoch hinaus wie das Management anderer Landesbanken - und das, obwohl sie im vierthöchsten Turm Frankfurts sitzen, dem Main Tower.

Als einziges Hochhaus ist es der Öffentlichkeit zugänglich, oben gibt es eine Aussichtsplattform. Der Turm beherbergt auch ein Restaurant (Menüs von 69 bis 99 Euro) und eine Außenstelle des Standesamts: Für rund 1500 Euro kann man hoch über der Stadt heiraten. Eine Etage hat der Hessische Rundfunk gemietet, der von der Plattform seinen täglichen Wetterbericht sendet. Von dort kommen derzeit die schlechten Nachrichten, nicht vom Hauptmieter.

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Deka-Bank (Trianon)

Deka-Bank (Trianon)

Hauptmieter im 1993 eröffneten Trianon-Turm ist die Deka-Bank, die Fondsgesellschaft der Sparkassen. Hinter den Kulissen gibt es seit einiger Zeit Streit über die Unternehmensstrategie: Die Eigentümer - Landesbanken und Sparkassen - stört der Kurs von Deka-Chef Franz Haas, der das Institut mehr und mehr zu einer Investmentbank ausbauen wollte.

Die Geschäfte sind ihnen zu riskant. Sie wollen die Deka auf ihre frühere Rolle als Fondsanbieter für die Sparkassen beschränken. Kürzlich kündigte die Deka an, 350 ihrer 3355 Stellen streichen zu wollen. Die Geschäfte laufen indes nicht schlecht: 2009 dürfte es einen deutlichen Gewinn geben.

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Goldman Sachs (Messeturm)

Goldman Sachs (Messeturm)

Der Messeturm war mit 257 Metern von 1990 bis 1997 Deutschlands höchstes Gebäude.

Dann wurde er vom Commerzbank-Turm um zwei Meter übertrumpft. Mieter der ersten Stunde war der deutsche Ableger der US-Investmentbank Goldman Sachs, die die obersten zehn der 60 Stockwerke belegt.

Mit ihren 300 Mitarbeitern war sie seitdem an fast allen großen Deals der deutschen Wirtschaft beteiligt, ob Daimler-Chrysler, Mannesmann-Vodafone, Schaeffler-Conti oder VW-Porsche.

Goldman Sachs machte im vergangenen Quartal weltweit wieder drei Milliarden Dollar Gewinn, die Investmentbank gilt als einer der Gewinner der Finanzkrise.

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Deutsche Bank (Zwillingstürme)

Deutsche Bank (Zwillingstürme)

Aus der Ferne sieht alles aus wie immer: Ruhig stehen die 150 Meter hohen Zwillingstürme der Deutschen Bank da, die der Volksmund "Soll" und "Haben" nennt.

Doch wer ihnen näherkommt, sieht, dass hier kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Die Hochhäuser werden völlig entkernt, nur die Silhouette bleibt erhalten.

Schon vor zwei Jahren zogen die 2700 Mitarbeiter inklusive Vorstandschef Josef Ackermann in andere Gebäude, im nächsten Herbst kehren sie zurück.

Die Sanierung kostet 200 Millionen Euro, im neuen Haus sollen die Energiekosten um zwei Drittel niedriger sein. Mit der Finanzkrise, durch die die Bank relativ gut gekommen ist, hat das nichts zu tun.

Der Umbau war schon vorher geplant. Eigentlich hatte Ackermann von der Stadt die Erlaubnis, einen neuen, 228 Meter hohen Turm zu errichten. Er entschied sich für die Sanierung der alten.

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UBS (Opernturm)

UBS (Opernturm)

Der 170 Meter hohe Opernturm direkt gegenüber der Alten Oper ist der jüngste markante Punkt in der Frankfurter Skyline. Er wird in wenigen Wochen eröffnet. Die Entstehung verlief nicht ohne Turbulenzen: Vor einem Jahr sprang der Immobilienfonds KanAm als Käufer ab.

Seine Begründung: Wegen der Finanzkrise wolle man Standorte mit einem hohen Anteil von Mietern aus der Finanzbranche meiden.

50 Prozent des Turms sind an die Schweizer Großbank UBS vermietet, einen der größten Verlierer der Finanzkrise.

Immer wieder gab es Gerüchte, dass sie im Opernturm nicht mehr so viele Stockwerke benötigt wie geplant. Immerhin sind inzwischen drei Viertel der Bürofläche vermietet. Man hofft, dass es 100 Prozent werden - wenn denn die Finanzkrise einmal vorüber ist.

50 Prozent des Turms sind an die Schweizer Großbank UBS vermietet, einen der größten Verlierer der Finanzkrise.

Immer wieder gab es Gerüchte, dass sie im Opernturm nicht mehr so viele Stockwerke benötigt wie geplant. Immerhin sind inzwischen drei Viertel der Bürofläche vermietet. Man hofft, dass es 100 Prozent werden - wenn denn die Finanzkrise einmal vorüber ist.

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