Skandal um die Hypo Alpe Adria:Spuren ins Steuerparadies

In der Affäre um die Bayerische Landesbank gehen die Ermittler weiteren Hinweisen auf seltsame Vorgänge nach.

Klaus Ott

Die österreichischen Ermittlungebehörden haben sich lange Zeit gelassen, ehe sie anfingen, fragwürdige Geschäfte rund um die Hypo Alpe Adria und deren Übernahme durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) zu durchleuchten. Doch jetzt kommen die Untersuchungen in der Alpenrepublik in Schwung. Die Regierung in Wien stellt Mittel für zusätzliche Staatsanwälte bereit. Eine Sonderkommission unter Leitung des erfahrenen Ermittlers Bernhard Gaber, der schon einen anderen Bankenskandal aufgedeckt hat, ist installiert.

Bayern LB, Hypo Alpe Adria; AP, dpa

Die BayernLB hatte sich bei der Übernahme der Hypo Alpe Adria kräftig verhoben.

(Foto: Foto: AP, dpa)

Nun kommt sogar noch eine Expertengruppe mit Spezialisten für Wirtschaftsdelikte aller Art hinzu. Das ist wohl auch nötig. Immer mehr merkwürdige Umstände werden bekannt; zudem könnten hohe Beträge über Steuerparadiese transferiert worden sein. Vieles ist aufzuklären.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat schon wesentlich mehr Erkenntnisse als die Kollegen in Österreich und weitet ihre Ermittlungen kräftig aus. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, Vermögen der BayernLB sei durch einen überteuerten Kauf der Hypo Alpe Adria veruntreut worden. Und die Ermittler wollen wissen, wo die Gewinne aus diesem Geschäft geblieben sind. Eine Investorengruppe um den in Kärnten ansässigen Vermögensverwalter Tilo Berlin hatte von Ende 2006 bis Mitte 2007 nach und nach knapp über 25 Prozent an der ebenfalls im Süden Österreichs angesiedelten Hypo Alpe Adria gekauft und anschließend weitgehend und mit hohem Profit gleich an die BayernLB weiterverkauft. Geschätzter Gewinn: 130 bis 170 Millionen Euro.

"Jeder, der investiert hat, muss Steuern zahlen"

Die ersten beiden Tranchen hatte Berlins Gruppe im Dezember 2006 und Februar 2007 bezahlt. Vor allem namhafte Industrielle aus Deutschland und Österreich wie die Familie Flick und Heinz Dürr, ehemaliger Chef der Deutschen Bahn, haben daran verdient. Die dritte und größte Tranche, die auch den höchsten Profit brachte, folgte im Frühjahr 2007. Wer hier am kräftigsten kassierte, ist bislang unbekannt.

Abgewickelt worden war das Geschäft nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft vor allem über die Gesellschaft Berlin & Co. Capital S.a.r.l. in Luxemburg, und von der wiederum gibt es Ermittlungsunterlagen zufolge Verbindungen zu den Gesellschaften Kingsbridge und Cheyne, die auf der Insel Jersey im Ärmelkanal beziehungsweise auf den Cayman Islands in der Karibik gemeldet sind. Zwei Steueroasen, in denen gut Betuchte gerne ihr Vermögen optimieren. Auch im Fall Hypo Alpe Adria und Landesbank?

Auf ihrer Homepage im Internet hat Tilo Berlins Vermögensverwaltung einmal einen Zeitungsbeitrag mit einer bemerkenswerten Überschrift veröffentlicht: "Edelclub der Steuersparer - Die Superreichen kennen die Fluchtpfade." In einem Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag hat Tilo Berlin aber schon 2007 beteuert, um Steuersparmodelle sei es bei seiner Investorengruppe nicht gegangen. "Jeder Österreicher, der investiert hat, muss Steuern zahlen." Jeder Deutsche, der investiert habe, müsse ebenfalls Steuern zahlen. "So ist die Sache."

Sinkender Wert, stiegender Wert

Eine andere Sache ist der Preis, den die BayernLB für die Hypo Alpe Adria gezahlt hat: 1,65 Milliarden Euro (plus weitere Ausgaben) für 50 Prozent und eine Aktien der Kärntner Bank, auf der Basis eines Unternehmenswertes der Hypo Alpe Adria von 3,25 Milliarden Euro. Merkwürdig ist, wie sich der Wert der Bank damals entwickelt hatte.

Ende 2006 war Berlins Investorengruppe mit der ersten Tranche auf Basis eines Unternehmenswertes von 2,5 Milliarden Euro eingestiegen (und das war dann auch die Grundlage für die zweite Tranche). So hat es Berlin im Kärntner Untersuchungsausschuss bestätigt, und so steht es auch in einem Dokument des Landes Kärnten, das die Münchner Staatsanwaltschaft in Klagenfurt beschlagnahmen lassen. Es erhärtet den Verdacht, die BayernLB habe zu viel bezahlt.

Immer auf der Suche nach frischem Geld

Das Dokument besagt, bei der dritten und weitaus größten Tranche von Berlin & Co. für deren Beteiligung an der Hypo Alpe Adria sein ein Unternehmenswert von 2,2 Milliarden Euro zugrunde gelegt worden. Die Option auf diese Anteile hatte sich Berlin & Co. Ende 2006 gesichert, bezahlt wurde Mitte 2007. Im Verlauf des dreiteiligen Einstiegs von Berlins Investorengruppe bei der Hypo Alpe Adria sank also der Unternehmenswert von 2,5 auf 2,2 Milliarden Euro. Als die BayernLB im Mai 2007 die Übernahme der Hypo Alpe Adria vereinbarte, geschah das dem Kärntner Dokument zufolge auf der Basis eines Unternehmenswertes von 2,6 Milliarden Euro - plus einem Zuschlag dafür, dass die Bayern die Mehrheit an der österreichischen Bank bekamen.

Die Hypo Alpe Adria braucht Geld

Im Mai 2006, als die BayernLB zugreift, ist die Hypo Alpe Adria also 2,6 Milliarden Euro wert. Im Juni 2007, als Berlins Investorengruppe ihre letzte Tranche an der Hypo Alpe Adria erwirbt (deren Weiterverkauf an die Landesbank zuvor schon ausgehandelt war), ist die Kärntner Bank laut besagtem Dokument auf dem Papier nur 2,2 Milliarden Euro wert. Wie das? Ein Beteiligter an dem Geschäft sagt, die Kärntner Bank sei dank der Kapitalerhöhungen von Berlin & Co mehr wert geworden, das erkläre den höheren Ansatz für die BayernLB.

Erklärt es das wirklich? Die Hypo Alpe Adria brauchte damals (und später ebenfalls) immer wieder dringend Geld. Die Kärntner Bank müsse täglich "50, 60 Millionen Euro frisches Eigenkapital organisieren", sagte (der inzwischen verstorbene) Landeshauptmann Jörg Haider im Mai 2007 im heimischen Landtag. Ein Abgeordneter verbesserte ihn: "Nicht jeden Tag! Im Monat!" Natürlich, im Monat, korrigierte sich Haider und fügte hinzu, deshalb sei die Eigenkapitalerhöhung notwendig gewesen. Die Bank war durch das frische Geld also offenbar gar nicht wertvoller geworden, sondern hatte diese Mittel wohl eher zum Überleben gebraucht.

Das ist nicht der einzige merkwürdige Vorgang, auf den die Ermittler gestoßen sind.

"Alles war korrekt"

Es gibt viele Fragen, auch an Tilo Berlin. Der nimmt zu Details öffentlich derzeit nicht Stellung, sondern äußert sich ausschließlich gegenüber der Staatsanwaltschaft. Er betont aber, sämtliche Vorgänge, an denen er im Zuge des Verkaufs der Hypo Alpe Adria beteiligt gewesen sei, "waren korrekt und im Einklang mit allen Gesetzen". Berlin sagt, er habe volles Vertrauen in die Arbeit der zuständigen Behörden und unterstütze die Aufklärung.

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