Skandal um die Hypo Alpe Adria:Die feine Gesellschaft und ihre Bank

Von der Witwe bis zum Wirtschaftsboss: 46 Namen aus besten Kreisen stehen auf der Liste, die im Skandal um die Hypo Alpe Adria auftauchte.

H. Leyendecker u. K. Ott

Der Klagenfurter Flughafen ist klein und übersichtlich. Die Urlauber laufen über die Rollbahn zum Terminal. Die meisten Geschäftsreisenden kennen sich oder lernen sich schnell kennen. Im Dezember 2006 stellte der damalige Aufsichtsratschef der Hypo Alpe Adria Bank, Wolfgang Kulterer, dem Vorsitzenden der Flick-Stiftung, Jörg-Andreas Lohr, auf dem Flughafen einen Vermögensverwalter vor: Tilo Berlin. Ein einnehmender Typ. Der damals 48 Jahre alte Berlin erzählte, er steige mit einer Investorengruppe bei der Hypo ein, da sei auf Sicht ein gutes Geschäft drin.

Bayern LB, Hypo Alpe Adria; AP, dpa

Die BayernLB hatte sich bei der Übernahme der Hypo Alpe Adria lräftig verhoben. Doch so erging es nicht allen: Im Internet tauchte eine Liste mit den Namen derer auf, die vom Verkauf der Hypo Alpe Adria profitiert haben sollen.

(Foto: Foto: AP, dpa)

Die Herren flogen mit einem Firmenjet nach Wien, im Januar schickte Berlin dem Flick-Berater Prospekte über das Investment. Lohr nahm kurz darauf an einer Investoren-Reise teil, die nach Kroatien und Slowenien führte. Der Flick-Berater fand den Unternehmenswert, der für die Hypo Alpe Adria angegeben wurde, etwas hoch; glaubte aber, eine Beteiligung könne interessant werden.

Da Ingrid Flick, die Witwe des Milliardärs Friedrich Karl Flick, in der Nähe von Klagenfurt, am Wörthersee, ein weitläufiges Anwesen hat und die Hypo gewissermaßen die Kärntner Heimatbank ist und wohl auch, weil Kulterer im Vorstand der Privatstiftung von Flick sitzt, beteiligte sich die Witwe an dem Investment mit einer Million Euro: Weniger Geld wäre unhöflich gewesen. Eine zum Flick-Imperium gehörende Stiftung, die Südufer GmbH, zeichnete weitere 7,5 Millionen Euro. Normalerweise macht die Südufer keine Engagements, die unter zehn Millionen Euro liegen.

Eine Liste und viele Rätsel

Lohr spricht von einem "bescheidenen Investment", aus dem Mini-Engagement kann noch ein deutsch-österreichisches Politikum werden. Der Name der Witwe und der Name der Südufer GmbH finden sich auf einer Liste mit 46 Namen, die am Donnerstag im Internet auftauchte. Die österreichische Zeitschrift Profil hatte sie veröffentlicht.

Über diese Liste war im Zuge der Affäre um das Milliardendesaster der BayernLB viel gerätselt worden. Denn die Investoren auf der Liste, das stand schon vorher fest, sind neben dem Land Kärnten die einzigen Gewinner des fehlgeschlagenen Milliardendeals der Münchner Landesbank.

Berlin hatte ein paar Monate nach dem Einstieg ein Paket über 25 Prozent plus eine Aktie, die seine Investorengruppe in drei Tranchen erworben hatte, fast vollständig an die BayernLB weitergereicht. Geschätzter Gewinn: 130 bis 170 Millionen Euro. Die BayernLB und damit auch die Steuerzahler haben 3,7 Milliarden Euro verloren.

Geheimtreffen in München und Klagenfurt

Staatsanwälte in München versuchen seit Monaten, die Hintergründe dieses Geschäfts aufzuklären. Spezialisten für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität rollen den Fall mit sieben Strafverfolgern auf. Gegen den früheren BayernLB-Chef Werner Schmidt und nun auch gegen Berlin wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Noch bevor von der Berlin-Gruppe die erste Tranche Ende Dezember 2006 in Höhe von 125 Millionen Euro gezahlt wurde, hatte Alpe-Adria-Chef Kulterer, der mit Berlin gut bekannt ist, mit dem damaligen BayernLB-Chef Schmidt telefoniert. Ob bereits über die Alpe Adria gesprochen wurde, darüber gibt es unterschiedliche Versionen.

Später kam es zu Geheimtreffen in München und Klagenfurt. Lange bevor Berlin die letzte Tranche der insgesamt fälligen 650 Millionen Euro zahlte, hatte die BayernLB erklärt, sie wolle 50 Prozent plus eine Aktie an der Hypo erwerben, und dafür brauchte es das Paket der illustren Investoren. Berlin, Schmidt und die anderen bestreiten alle Verdächtigungen, bei dem Geschäft könne es unsauber zugegangen sein. Die Staatsanwälte ermitteln weiter, sie haben viele Fragen.

Schein und Sein: Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Namen noch auf der Liste stehen.

Stoff für einen Roman

Eine lautet offenbar: Haben die Investoren etwas gewusst oder zumindest geahnt? Hat ihnen irgendjemand zugeflüstert, der Einstieg lohne sich, die BayernLB habe großes Interesse? Da liefe schon im Hintergrund was. Ließe sich diese Theorie belegen, wären die Verantwortlichen in Kalamitäten. Dann wäre der ohnehin hohe Preis, den die BayernLB zahlte, viel zu hoch gewesen.

Die Liste der Hochdekorierten

Aber wenn man sich die Liste anschaut, mag man das nicht so recht glauben. Es ist eine Liste der Hochdekorierten, der Hochgeehrten. Kurz: ein Teil der Elite aus Österreich und Deutschland hatte damals gezeichnet. Oder wer würde Heinz Dürr, dem früheren Chef der AEG und ehemaligen Bahn-Chef, hier unsaubere Geschäfte zutrauen?

Mit fünf Millionen Euro hat sich Dürr engagiert, er mag über den Fall nicht sprechen, aber aus seiner Umgebung ist zu hören, es habe eine ordentliche Prüfung gegeben. Berlin, den Dürr schon aus Stuttgarter Tagen kannte und mit dem er in Gremien beisammensaß, habe davon gesprochen, dass es in ein paar Jahren einen Börsengang geben werde - und dann wäre das ein gutes Geschäft geworden. Also war das Investment wohl nicht ohne Risiko.

Am Donnerstag hat die SZ mit etwa zehn Zeichnern gesprochen. Alle haben vom Börsengang erzählt und dass sie über den plötzlichen Einstieg der BayernLB überrascht gewesen seien. Der Adel - wie die Grafen Ferdinand und Mathias Orsini-Rosenberg - hat sich beteiligt, es findet sich auch der Name einer Dame, die viel Sinn für Kunst hat und als Mitübersetzerin philosophischer Werke bekannt ist.

Mehr Schein als Sein

Mancher Name auf der Liste ist aus anderen Zusammenhängen gut bekannt. Der rigorose Ordoliberale Helmut Maucher, der als Nestlé-Generaldirektor "Management by provocation" pflegte und in der Spendenaffäre der CDU dem Altkanzler Helmut Kohl umgerechnet 250.000 Euro als "Beitrag zur Sanierung der CDU" überreichte, steht auch auf der Liste. In Erinnerung ist geblieben, dass der vielfach Ausgezeichnete 1997 in einem Interview arbeitsunwillige Menschen "Wohlstandsmüll" genannt hat.

Die Liste, auf der sich auch ein Angehöriger der Piëch-Dynastie findet, könnte Stoff für einen Romanautoren liefern, der die Geschichte der Republik beschreiben möchte. Es stehen dort Leute, die ihr Leben lang geschuftet haben und solche, die man nur aus den bunten Blättern kennt - mehr Schein als Sein. Aber was würde ein Romanautor mit dem Augsburger Unternehmer Hubert Stärker anfangen, dessen Name auf der Liste zwischen all den Grafen, Milliardären und Millionären fast untergeht?

Er war Präsident der Vereinigung der Arbeitgeberverbände in Bayern, ein Schaffer, der aus einem handwerklichen Familienbetrieb einen international tätigen Automobilzulieferer machte. "Mahner der Sozialen Marktwirtschaft" wird Stärker genannt, er ist Mäzen, Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums des Wirtschaftsbeirats der Union, und als er 2006 70 Jahre alt wurde, hielt der damalige bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber die Festrede. Stärker sei ein "Leuchtturm" und habe sich in außerordentlicher Weise um das Land verdient gemahnt, sagte Huber.

Er ist einer der Verlierer. Der CSU-Politiker saß damals im Verwaltungsrat der BayernLB.

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