Siedlungspolitik:Geschenkter Grund

Dorf lockt Neubürger mit Gratis-Grundstücken

Bauen, bitte: Am Ortsrand der Gemeinde Ottenstein sind noch einige Grundstücke zu haben.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Eine norddeutsche Gemeinde gibt Bauland gratis an junge Familien ab. Der Bürgermeister will mit der ungewöhnlichen Maßnahme dem Schrumpfen der Dörfer entgegenwirken.

Kaum etwas ist in deutschen Großstädten derzeit so wertvoll wie ein Baugrundstück. Die Preise in den Metropolen haben sich in den vergangenen Jahren zum Teil verdreifacht, in München zahlen Käufer in den besten Lagen inzwischen 3000 Euro und mehr - pro Quadratmeter. Ganz anders sieht es dagegen in Ottenstein im Weserbergland aus. Dort hat die Gemeinde Bauland verschenkt. Die Gemeinde ist idyllisch auf einer Hochebene westlich der Weser gelegen. Vor knapp zwei Jahren hatte Bürgermeister Manfred Weiner (CDU) die Idee, mit dem ungewöhnlichen Angebot um junge Paare mit Kindern zu werben. Etwa 600 Bewerbungen für die Gratis-Grundstücke landeten im Bürgerbüro Ottensteins. "Das reichte von ordentlichen Mappen bis hin zu kurzen Whatsapp-Nachrichten", sagt Weiner. Ernstzunehmende Bewerbungen seien etwa 50 dabei gewesen. Sechs Grundstücke sind mittlerweile vergeben - vor allem an Familien. "Ich wäre schon froh gewesen, wenn ich eines los geworden wäre", sagt Weiner. Insgesamt zehn Grundstücke mit einer Größe zwischen 800 und 1000 Quadratmetern im Wert von je circa 10 000 Euro waren zu vergeben - die Quadratmeterpreise in der Region sind eher niedrig. Die Erschließungskosten mussten die Bauherren selbst tragen.

Bürgermeister Weiner wollte mit der ungewöhnlichen Maßnahme dem Schrumpfen Ottensteins entgegenwirken. Deshalb bekam nicht jeder einfach Baugrund geschenkt. "Wir wollen am liebsten Leute unter 40 mit Kindern", sagte der Bürgermeister im Sommer 2015. "Die müssen innerhalb von drei Jahren bauen. Und Spekulanten haben keine Chance." Arzt, Apotheke, ein paar Geschäfte, Handwerksbetriebe gibt es im Dorf noch. Ein paar willige Bauherren mussten Ottenstein wieder absagen. "Sie haben mit der Bank keine Baufinanzierung gestemmt bekommen", berichtet der Bürgermeister.

Und hat die Gemeinde ihr Ziel erreicht? Dank des Zuzugs einer Handvoll neuer Bürger sei Ottenstein zwar nicht gewachsen, aber auch nicht geschrumpft, berichtet Weiner. Und die Gemeinde habe zusätzliche Einnahmen, etwa durch die Einkommens- und Grundsteuer. Auch die Grundschule konnte gehalten werden, zählt der Bürgermeister auf.

Aus Sicht des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes ist der Ansatz Ottensteins nach wie vor neu. "Grundstücke zu verschenken, um junge Familien für den Ort zu interessieren, ist sicherlich eine kreative Idee", sagt der Sprecher des Verbandes, Thorsten Bullerdiek. Dennoch sei das keine Lösung für die Probleme des ländlichen Raums. "Wir brauchen auf jeden Fall bessere Mobilitätskonzepte für das Land und Glasfaserkabel in jedem Haus, damit das Leben auf dem Land lebenswert bleibt", betont er.

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