Sichere Garantiefonds:Angst frisst Rendite

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Geldanlage mit Netz und doppeltem Boden: Investmentfonds und Zertifikate mit Kapitalschutz sind bei deutschen Anlegern sehr gefragt. Doch die Sicherheit hat ihren Preis.

Catherine Hoffmann

Früher hieß es, Menschen mit schwachen Nerven haben an der Börse nichts zu suchen. Heute kaufen die Ängstlichen Garantiefonds und -zertifikate. Nach dem Börsendebakel im vergangenen Jahr, als der Deutsche Aktienindex (Dax) um fast 45 Prozent abstürzte, zählt für Sparer mehr denn je Sicherheit: Abermilliarden Euro lagern deshalb auf deutschen Sparbüchern, Festgeld- und Tagesgeldkonten. Doch seit die Zinsen dort gegen null streben, suchen die Sparer nach einer Alternative. Einige wagen sich wieder an den Aktienmarkt - allerdings nur mit Netz und doppeltem Boden.

Das in Garantiefonds enthaltene Vermögen sowie die Entwicklung des Marktvolumens sehen Sie in dieser Grafik. (Foto: Foto: SZ-Grafik)

Unter dem Motto "Börse mit Vollkasko" werden inzwischen knapp 200 Investmentfonds und Tausende Zertifikate angeboten, die Kapitalschutz versprechen. Dem Anleger wird dabei zumeist versichert, dass er am Ende der Laufzeit auf jeden Fall sein eingesetztes Geld zurückerhält. So viel Sicherheit ist gefragt in schwierigen Börsenzeiten.

Garantiezertifikate - hoch in der Gunst der Deutschen

In wertgesicherte Fonds steckten Sparer allein in diesem Jahr 2,3 Milliarden Euro, 2008 waren es sogar 7,4 Milliarden - ein Rekord. Binnen drei Jahren hat sich das Vermögen dieser Fonds mehr als verdoppelt - auf insgesamt 28,5 Milliarden Euro.

Damit haben sie im Vergleich zu klassischen Aktienfonds, in denen noch immer wesentlich mehr Geld liegt, an Bedeutung gewonnen. "Für unsere Kunden ist es besonders wichtig, dass sie mit Garantiefonds kein Geld verlieren können - und von steigenden Aktienkursen profitieren", sagt Dirk Degenhardt, der das Produktmanagement der Deka-Bank leitet, die Fonds für Sparkassen macht.

Auch Garantiezertifikate stehen hoch in der Gunst der Deutschen. Nach Angaben des Deutschen Derivate Verbandes lagern derzeit 48,2 Milliarden Euro in Kapitalschutz-Zertifikaten, ein Drittel mehr als zu Jahresbeginn (siehe Grafik).

Das große Interesse erstaunt ein wenig, waren es doch ausgerechnet Garantiezertifikate von Lehman Brothers, mit denen Anleger hohe Verluste erlitten haben, nachdem die amerikanische Investmentbank vor einem Jahr pleiteging. Zertifikate sind eben nur so sicher wie die Bank, die sie herausgibt. Dann aber schützen sie Anleger vor dem nächsten Börsencrash.

Geld zurück bei Garantieprodukten

Wie das geht? Wer sein Geld in Garantieprodukte investiert, bekommt in der Regel sein eingesetztes Kapital - oder zumindest einen Großteil davon - zu einem bestimmten vorher festgelegten Zeitpunkt zurück. Bei den meisten Fonds und Zertifikaten gilt die Geld-zurück-Garantie nur zum Laufzeitende.

Wollen Anleger ihre Papiere vorzeitig verkaufen, müssen sie mitunter Kursverluste in Kauf nehmen. Doch auch wer durchhält, der zahlt für die Sicherheit einen Preis. Denn zum einen sind die Renditeaussichten im Vergleich zu klassischen Investmentfonds bei den Geld-zurück-Produkten begrenzt: An kräftig steigenden Kursen haben Anleger nicht vollständig teil. Zum anderen ist der Ausgabeaufschlag von oft vier oder fünf Prozent in die Garantie nicht mit eingeschlossen.

Viele Garantieprodukte sind nach einem einfachen Prinzip konstruiert: Den Löwenanteil des Geldes investiert der Anbieter in Staatsanleihen oder Pfandbriefe, damit es möglich ist, am Ende wie versprochen das Startkapital zurückzuzahlen. Mit dem übrigen Geld kaufen die Emittenten Optionen - beispielsweise auf den Deutschen Aktienindex, die bei steigenden Kursen kräftig gewinnen, bei fallenden Kursen aber wertlos verfallen.

Die Konstruktion ist im Idealfall also simpel. Allerdings lassen sich nach diesem Bauprinzip nicht zu jeder Zeit ansprechende Garantieprodukte zimmern. Anfang des Jahres beispielsweise war das Zinsniveau sehr niedrig, gleichzeitig herrschte an den Börsen eine extrem hohe Volatilität: Je kräftiger aber die Kurse schwanken, desto teurer sind Optionen.

Deshalb war es in weiten Teilen des ersten Quartals fast unmöglich, attraktive Garantiefonds zu bauen. Die Folge: Anleger wurden lediglich zu 50 Prozent an Kursgewinnen beteiligt. Inzwischen ist diese Partizipationsrate wieder gestiegen, weil sich der Sturm über den Aktienmärkten gelegt hat. Da aber die Zinsen noch immer mickrig sind, dürfen Anleger keine hundertprozentige Gewinnbeteiligung erwarten.

Garantiezertifikate versprechen zwar die Lösung aller Anlageprobleme: anständige Renditen ohne hohes Verlustrisiko. Doch sie setzen die Gesetze der Börse nicht außer Kraft. Das zeigt das Ergebnis einer Studie von Uwe Wystup, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management. Kernaussagen der Untersuchung: Garantieprodukte sind allenfalls für kurz- und mittelfristige Anlagezeiträume sinnvoll, weil sie im Crash vor Kapitalverlust schützen; aber sie gehen mit hohen Renditeverzichten einher.

Hohe Renditen bergen hohe Risiken

Wer über viele Jahre ein Vermögen aufbauen will, kann auf eine Garantie verzichten, weil Markteinbrüche dann kaum noch eine Rolle spielen. Und weil bei einer Anlagedauer von 25 Jahren das Garantieversprechen die Hälfte der Rendite frisst.

Wer also die Chance auf hohe Rendite wünscht, der muss immer auch ein größeres Verlustrisiko in Kauf nehmen. Scheut er dies, muss er sich mit geringeren Erträgen zufriedengeben. Deshalb sind Garantiefonds keine Renditebringer, da Käufer mit ihnen ja auf Nummer sicher gehen. "Anleger sind derzeit zu stark darauf fokussiert, nichts zu verlieren", sagt Deka-Produktmanager Degenhardt.

Aber wer nichts riskiert, der kann auch nicht viel gewinnen." Anleger, die nicht nur sichere Zinspapiere halten, sondern ihrer Rentenanlage 20 Prozent Aktien beimischen, können seiner Meinung nach ihre Rendite langfristig deutlich steigern. "Der Investor muss aber in der Lage sein durchzuhalten, auch wenn die Aktienkurse fallen", warnt Degenhardt.

Wer dazu neige, zum ungünstigsten Zeitpunkt Aktien abzustoßen, der sei mit einem Garantiefonds besser bedient. Alle anderen konstruieren sich ihr Portfolio am besten selbst´. Dazu braucht es kein Mathematik-Diplom, aufrichtige Selbsteinschätzung und ein Taschenrechner genügen.

© SZ vom 10.09.2009/afi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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