Sharing-Portale im Internet:Worauf Sie beim Tauschen im Netz achten sollten

Die Wohnung während des Urlaubs vermieten, das Auto verleihen oder schon gesehene Filme gegen andere eintauschen: Zahlreiche Internetportale fördern die "Share Economy". Doch das Tauschen und Teilen birgt auch Risiken. Jurist Florian Faust erklärt im Gespräch mit "Süddeutsche.de", was man auf jeden Fall beachten sollte.

Pia Ratzesberger

Ob Mietportale wie Airbnb, Tausch-Webseiten wie Kleiderkreisel oder Apps zum Verleihen wie Why own it: Immer mehr Menschen nutzen das Internet, um sich zum gemeinsamen Konsum zu organisieren. Doch rechtlich ist man dabei oft schlechter abgesichert als beim klassischen Einkauf. Florian Faust von der Bucerius Law School in Hamburg, erklärt, welche Risiken es gibt - und was man auf jeden Fall beachten sollte.

Süddeutsche.de: Auf vielen Internetportalen lassen sich Dinge eintauschen, leihen oder mieten. Kann das riskant sein?

Florian Faust: Ja, denn der Vertragspartner ist in der Regel ein Privatmann. Mit dem Portal schließt man nur einen Vertrag über die Vermittlungsleistung ab. Worauf es ankommt, ist aber letztendlich immer der Vertrag zwischen den beteiligten Personen: Also zwischen den Tauschpartnern oder zwischen demjenigen, der jemand anderem für bestimmte Zeit seine Wohnung oder sein Auto überlässt, und dem Nutzer. Das gesamte Verbraucherschutzrecht gilt aber nur im Verhältnis von Unternehmern zu Verbrauchern - und nicht für Verträge zwischen zwei Verbrauchern. Daher ist man häufig schlechter abgesichert, als wenn man von einem Unternehmer kauft oder mietet.

Welche Rechte hat jemand, der tauscht? Gibt es zum Beispiel ein Umtauschrecht?

Nein, das gibt es nicht. Auch wieder aus dem gleichen Grund: Bei einem Tauschvertrag ist der Partner meistens ein Verbraucher, kein Unternehmer. Ich habe daher kein Widerrufsrecht, wenn mir die Sache nicht gefällt, während bei Online-Geschäften mit Unternehmern ein solches Widerrufsrecht besteht.

Wie sieht es aus, wenn etwas kaputt ist oder andere Mängel hat?

Auch die Rechte im Fall von Mängeln sind schlechter. Wenn ich von einem Unternehmer etwas kaufe, dann muss der in bestimmtem Umfang Gewähr für Mängel leisten - ein Verbraucher kann seine Haftung weitgehend ausschließen. Außerdem ist der Beweis eines Mangels erheblich schwieriger. Kaufe ich etwas von einem Verbraucher, muss ich nachweisen, dass die Sache schon zu dem Zeitpunkt, zu dem ich sie bekommen habe, mangelhaft war. Kaufe ich dagegen von einem Unternehmer, dann wird zu meinem Schutz vermutet, dass Mängel, die sich innerhalb der ersten sechs Monate zeigen, schon von Anfang an vorlagen. Das heißt, der Unternehmer muss beweisen, dass der betreffende Mangel erst eingetreten ist, nachdem er mir die Sache übergeben hat.

Wie kann ich mich rechtlich absichern, dass ich erst gar nicht in so eine Situation gerate?

Es gibt mehrere Sicherungsmechanismen. Ein ganz wichtiger sind die gegenseitigen Bewertungen der Nutzer, die die Anonymität ausgleichen und Vertrauen aufbauen sollen. Dadurch hat man zwar keine vollständige Gewähr, aber dennoch eine Vorstellung davon, mit wem man sich einlässt. Eine zweite Absicherung ist, dass die Portale häufig die Abwicklung des Geschäfts übernehmen: Also zum Beispiel beim Mieter das Geld einziehen und nach der Übergabe des Autos oder der Aushändigung der Wohnungsschlüssel an den Vermieter weiterleiten. Das Risiko, selbst vorzuleisten und dann vom Vertragspartner die Gegenleistung nicht zu bekommen, wird dadurch verringert.

Raten Sie zu Versicherungen?

Manche Portale schließen automatisch eine Versicherung für Vermieter oder Verleiher ab - oder bieten den Abschluss zumindest an. Die gilt dann, wenn der Mieter oder Entleiher die Sache gar nicht oder nur beschädigt zurückgibt. Das kommt vor allem bei Autos und Wohnungen in Betracht. Gegen was man im Einzelfall dann aber versichert ist, variiert stark. Oft gibt es auch eine hohe Selbstbeteiligung, deswegen sollte man sich im Vorfeld genau die Bedingungen ansehen. Das ist oft nicht leicht, beim Unterkunfts-Vermittler Airbnb zum Beispiel sind das viele eng bedruckte Seiten und es ist ziemlich viel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Spezielles Risiko beim Vermieten von Wohnungen

Was ist das Wichtigste, wenn man tauscht, vermietet oder leiht?

Das Kleingedruckte. Denn davon hängt letztendlich alles ab. Kritisch sind bei den Geschäftsbedingungen vor allem immer die Haftungsregeln. Oft steht in den Bedingungen dazu auch nichts, und dann ergibt sich die Haftung aus dem Gesetz.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Zum Beispiel, wenn man sein Auto über ein Carsharing Portal vermietet: Bremse kaputt, Mieter landet an Baum und verletzt sich. Dann muss ich unabhängig davon, ob ich den Defekt an der Bremse überhaupt erkennen konnte, für den Schaden aufkommen, sofern ich meine Haftung nicht im Vertrag ausgeschlossen habe. Denn wenn ich mein Auto an jemand anderen vermiete, der Wagen schon bei Vertragsschluss irgendeinen Mangel hatte und der Mieter dadurch einen Schaden erleidet, dann hafte ich. Das Gleiche gilt bei Wohnungsmietverträgen. Das Problem ist, dass die meisten privaten Vermieter solche Gesetzesregelungen gar nicht kennen.

Welche Probleme gibt es beim Vermieten von Wohnungen über Internetportale?

Hier kommt nochmal ein spezielles Risiko dazu, dass es bei anderen Verträgen nicht gibt. Oft nutzen nämlich nicht die Wohnungseigentümer direkt solche Portale, sondern Leute, die ihre Wohnung selbst nur gemietet haben. Eigentlich dürfen sie ihre Wohnung aber nur mit Zustimmung des Vermieters an jemand anderen untervermieten. Doch in vielen Fällen wird diese Zustimmung nicht eingeholt. Wenn die Wohnung einem Dritten ohne Zustimmung überlassen wird, kann das ein Grund zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages sein. Derjenige, der über solch ein Portal vermietet, riskiert dann zum einen, aus der Wohnung rauszufliegen. Zum anderen aber auch, sich zusätzlich noch gegenüber dem Untermieter schadensersatzpflichtig zu machen - wenn der nämlich vom Wohnungseigentümer rausgeworfen wird.

Ist es angesichts dieser Risiken, überhaupt ratsam Tausch-, Leih- und Mietportale zu nutzen?

Ja. Denn bei einem Portal ist es sicherer, als wenn man einen Tausch, eine Miete oder Leihe einfach so mit einem Fremden abschließt. Allerdings sollte man immer den finanziellen Rahmen im Auge behalten. Man muss im schlimmsten Fall den Totalverlust wirtschaftlich verkraften können. Ich würde so ein Geschäft nie eingehen, wenn mir ein Ausfall finanziell wirklich wehtun würde.

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