Schweiz:Euro-Bindung für den Schweizer Franken?

Die Schweiz kämpft gegen ihre eigene Währung: Weil der starke Franken ihre Exportwirtschaft bedroht, wollen die Eidgenossen den Wert ihres Geld unbedingt abwerten. Die Regierung erwägt sogar, den Franken an den Euro zu binden - doch das wäre nicht so einfach.

Wolfgang Koydl

Eigentlich wäre es ja nicht erwähnenswert, wenn eine Zeitschrift, die sich patriotisch der Verteidigung des Schweizerseins verschrieben hat, die Landeswährung hochleben lässt. Als "das beste Stück der Schweiz" bejubelte die konservative Weltwoche in ihrer jüngsten Ausgabe den Schweizer Franken. So weit, so vorhersehbar.

Euro-Münze und Schweizer Franken

Euro-Münze und Schweizer Franken.

(Foto: dpa)

Stutzig wurde der aufmerksame Leser erst durch die zweite Titelgeschichte unter der Überschrift: "Lob der Nationalbank". Erstaunlich war dies vor allem deshalb, weil die Wochen-Postille in ihrer Funktion als publizistischer Büchsenspanner der rechts- populistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) wochenlang gegen die Schweizer Nationalbank (SNB) und ihren Präsidenten Philipp Hildebrand gewettert hatte.

Anlass für diese Zornesausbrüche waren Überlegungen gewesen, den Höhenflug des Frankens durch massive Dollar- und Euro-Aufkäufe zu stoppen. Seit Beginn des Jahres wurde die Schweizer Währung gegenüber diesen beiden Währungen um rund 30 Prozent teurer - mit unabsehbaren Folgen für die Exportwirtschaft und den Fremdenverkehr.

Besonders aber empörten sich die selbst ernannten Verteidiger Schweizerischer Unabhängigkeit in SVP und Weltwoche über Forderungen, die Landeswährung an den Euro zu koppeln. Soweit wird es wohl so schnell nicht kommen, zumal da die jüngsten - und weitaus bescheideneren - Maßnahmen der SNB den Run auf den Franken fürs erste verlangsamt zu haben scheinen. In zwei Schritten pumpte die Bank mehr Franken in den Geldkreislauf, was den Kurs binnen Tagesfrist von annähernder Parität zum Euro auf beinahe 1,09 zurückgehen ließ.

Aber die Währungshüter dürften zufrieden registriert haben, dass sie mittlerweile die Rückendeckung aller politischen Parteien für den Fall erhalten haben, dass sie doch noch stärkere Geschütze im Kampf gegen die Franken-Hausse auffahren müssen. "Ich gebe gerne zu, dass die Nationalbank spüren möchte, dass sie in allfälligen Entscheidungen getragen ist", räumte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann ein.

Weniger als eine Franken-Anbindung an den Euro, die verfassungsrechtlich kompliziert wäre, denkt man dabei aber eher an die Festlegung eines klar definierten Wechselkurses zur europäischen Gemeinschaftswährung. Diesen Kurs müsste die SNB notfalls durch massive Käufe von Euros verteidigen.

Solche Käufe hatte die Bank schon im Frühjahr vergangenen Jahres getätigt - und sie war dafür von der Politik heftig kritisiert worden, weil sich die aufgehäuften Euro- und Dollar-Guthaben wegen der Abwertung dieser beiden Währungen in Buchverlusten in zweistelliger Milliardenhöhe bei den Schweizern niedergeschlagen hatten.

Keine zwei Wochen ist es her, dass die SVP diese Käufe als "halsbrecherische Devisenspekulation" brandmarkte; nun sprechen sich Vertreter dieser Partei dafür aus, dass die Nationalbank einen Kurs zwischen 1,15 und 1,20 Franken verteidigen müsse. Die Sozialdemokraten, die sich um den Verlust von Arbeitsplätzen wegen der Franken-Stärke sorgen, plädieren sogar für einen bei 1,30 bis 1,40 Franken definierten Kurs zum Euro.

Aber auch das Thema einer Koppelung an die Währung aller schweizerischen Nachbarländer ist damit noch nicht vom Tisch. Eigentlich untersagt die Verfassung eine derartige Preisgabe Schweizer Souveränität. Änderungen müssten vom Parlament und vom Volk genehmigt werden.

Aber schon vor vier Wochen hatte SNB-Chef Hildebrand die Tür für eine vorübergehende Anbindung offen gehalten. Nun bestätigte ihn sein Vize, Thomas Jordan. Auf die Frage, ob ein solcher Schritt mit der Verfassung vereinbar sei, antwortete er mit einer für einen Zentralbanker überraschenden Direktheit: "Solange dies mit der Preisstabilität in der langen Frist vereinbar ist, sind vorübergehende Maßnahmen, die den Wechselkurs beeinflussen, in unserem Mandat enthalten."

Vielleicht, so die unausgesprochene Hoffnung der Wächter über die Schweizer Währung, reicht es ja schon, mit den starken Kanonen zu drohen, um die Franken-Spekulanten in die Defensive zu treiben.

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