Schwarzer Montag der Wirtschaft:Down auf der Wall Street

Die Pleite von Lehman Brothers reißt die Börsen weltweit in die Tiefe. In den USA brach der Dow Jones unmittelbar nach Handelsbeginn um mehr als 300 Punkte ein.

Die US-Bankenkrise übertrifft mehr als ein Jahr nach ihrem Ausbruch schlimmste Befürchtungen und schürt zunehmend Ängste vor einem Kollaps der weltweiten Finanzmärkte.

Schwarzer Montag der Wirtschaft: Der Broker kann es nicht fassen: Weltweit (hier: Indien) gingen die Börsen am Montag auf Talfahrt.

Der Broker kann es nicht fassen: Weltweit (hier: Indien) gingen die Börsen am Montag auf Talfahrt.

(Foto: Foto: Reuters)

In New York sackte der Dow Jones nach Handelseröffnung um 2,6 Prozent auf 11.121,88 Zähler ab.

Der Deutsche Aktienindex (Dax) fiel am Montag gar auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren und sackte kurzzeitig unter die Marke von 6000 Punkten.

Auch die Aktienmärkte in Frankreich und Großbritannien verzeichneten starke Verluste. In Asien reagierten die Börsen ebenfalls mit einem dramatischen Minus.

Der jüngste Höhepunkt der Finanzkrise zwang vor allem die Aktien der Banken und Versicherungen in die Knie. In Frankfurt brachen die Aktien von Lehman um über 80 Prozent auf rund 50 Euro-Cent ein. Bank of America verloren 12,5 Prozent, während Merrill 40 Prozent zulegten. Im Dax gehörten die Aktien der Deutschen Bank mit einem Minus von 5,4 Prozent zu den größten Verlieren. Commerzbank verloren fast sechs Prozent, Postbank 6,6 Prozent.

Der französische CAC-40-Index brach um 3,28 Prozent ein, der Londoner FTSE 100 verlor 2,69 Prozent. Für den EuroStoxx 50 ging es um 3,09 Prozent nach unten. Der indische Sensex in Bombay mit 30 führenden Werten verlor nach nervösen Verkäufen 5,6 Prozent, in Taiwan und den Philippinen schlossen die Börsen jeweils gut vier Prozent tiefer. Die Börse in Sydney verzeichnete dagegen zunächst nur leichte Verluste. Die asiatische Leitbörse in Tokio sowie die chinesischen Börsen waren am Montag geschlossen.

An der Londoner Börse verloren die Aktien von Barclays 6,85 Prozent. Die drittgrößte britische Bank hatte am Sonntag ein Angebot für die schwer angeschlagene US-Investmentbank Lehman Brothers wegen mangelnder staatlicher Garantien zurückgezogen. In Paris brachen die Papiere der Société Générale um 7,84 Prozent ein, die von Crédit Agricole um 7,38 Prozent, und in Zürich sackten die Aktien der UBS um 7,82 Prozent ab.

Der Dollar nahm seine seit Mitte Juli unterbrochene Talfahrt wieder auf. Der Euro kletterte zeitweise auf fast 1,45 Dollar.

Milliarden von der EZB

Um Liquiditätsengpässen vorzubeugen, pumpte die Europäische Zentralbank (EZB) zusätzliches Geld in den Markt. EZB-Chef Jean-Claude Trichet lehnt jedoch eine Stellungnahme zur angeschlagenen US-Investmentbank Lehman Brothers ab. Die Frankfurter Währungshüter hatten angekündigt, den Geldmarkt genau zu beobachten und wieder mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen.

Auch die Bank von England pumpt massiv Geld in die Märkte - und zwar 6,3 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich um den ersten Schritt der englischen Notenbank seit März, als es zu dem Notverkauf der Investmentbank Bear Stearns gekommen war. Insgesamt gab es bei der Bank von England eine Nachfrage nach über 30 Milliarden Euro.

Bafin blockiert deutsche Geschäfte

Die Finanzaufsicht Bafin hat am Montag die Geschäfte der deutschen Tochter der US-Investmentbank Lehman Brothers Holding blockiert, um einen Abfluss von Vermögen zu verhindern. Hierzulande existieren Verbindlichkeiten von rund 14,3 Milliarden Euro. Die Behörde erließ ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot gegenüber der Lehman Brothers Bankhaus AG. Die deutsche Tochter von Lehman hat der Bafin zufolge eine Bilanzsumme von 16,2 Milliarden Euro. Die Einlagen der Kunden seien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben geschützt.

Nach dem Scheitern des Rettungsplans für die US-Investmentbank Lehman Brothers erwarten Experten weitere Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten.

Die US-Notenbank Fed hatte am Sonntag eine Reihe von Initiativen zur Unterstützung der Finanzmärkte angekündigt, darunter die Annahme von Aktien als Gegenleistung für Zentralbankgeld der Banken.

Fed könnte Leitzins senken

Börsianer rechnen nun doch damit, dass in den USA die Zinsen von derzeit zwei Prozent gesenkt werden. Die US-Notenbank will am Dienstag auf einer regulären Sitzung des Offenmarktausschusses über die Zinsen entscheiden. Zudem stellten zehn der weltgrößten Banken einen Notfonds über 70 Milliarden Dollar auf, um das System zu stützen.

"Wir halten diese sich extrem verschärfende Kreditkrise für sehr bedrohlich für das globale Finanzsystem", sagte LBBW-Analyst Martin Peter. Ein solches Zusammentreffen von Liquiditäts- und Kapitalproblemen habe es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. Helaba-Analyst Pillep warnte vor einer Schockwelle mit Dominoeffekt. "Selbst wenn sich die Lage bei Lehman und Merrill jetzt klären sollte, bleiben uns noch Washington Mutual, die Monoliner (Anleihenversicherer) und die Hedge-Fonds als künftige Krisenherde erhalten", fasste ein Börsianer die Stimmung zusammen. "Alle warten jetzt darauf, was an den US-Börsen passiert", sagte ein Händler. Die Aktienfutures signalisierten für die Wall Street Kursverluste von bis zu drei Prozent.

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