Schuldenkrise in Griechenland:Laute Töne, leise Rückzieher

Vor einem Jahr wollten Prominente ihre Solidarität mit Griechenland zeigen: "Wir kaufen griechische Staatsanleihen", verkündeten im Chor RWE-Boss Großmann, Ex-Finanzminister Eichel und "Handelsblatt"-Chefredakteur Steingart. Heute sieht die Sache allerdings etwas anders aus.

Angelika Slavik

Man will nicht sagen, dass Gabor Steingart ein krawalliger Typ ist, das wäre dann doch ein bisschen zu einfach. Aber man kann sagen, dass Gabor Steingart vor lauten Tönen zumindest nicht zurückschreckt, rein publizistisch.

Symbolbild zu Griechenland

Griechenland braucht Geld: Deshalb hatten vor einem Jahr Ex-Politiker und Manager angekündigt, griechische Anleihen zu kaufen. Tatsächlich investiert haben aber nur wenige. 

(Foto: dpa)

Steingart, 49, ist Chefredakteur der Wirtschaftszeitung Handelsblatt. Seit er diesen Job im April 2010 übernommen hat, ist die Zeitung ein paar Mal mit polarisierenden Geschichten aufgefallen. Die wohl Strittigste von allen erschien kaum einen Monat nach Steingarts Amtsantritt: Unter dem Motto "Wir kaufen griechische Staatsanleihen" bekannten namhafte Manager, Banker und Ex-Politiker, dass sie ihr Geld in Athen investieren wollten - trotz und gerade wegen der schon damals prekären griechischen Staatsfinanzen.

Als ein Akt der Solidarität sollte das verstanden werden und als Zeichen des Glaubens an Europa, auch Steingart selbst machte sein Investment öffentlich: 5000 Euro wollte er ausgeben. Andere spielten in deutlich größeren Dimensionen. Jürgen Großmann, Chef des Energiekonzerns RWE, etwa versprach mal eben 100.000 Euro nach Athen zu tragen. Und der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wollte, wie es hieß, zum ersten Mal überhaupt Staatsanleihen kaufen.

Und jetzt? Jetzt sieht die ganze Sache ein wenig anders aus. Die Mauer der Entschlossenen erodiert - oder vielleicht war sie auch gar nie so fest, wie es zunächst den Anschein hatte. Da ist etwa Hans Eichel: Der frühere Herr über den bundesdeutschen Haushalt bekennt heute freimütig, dass er, anders als angekündigt, gar keine griechischen Staatsanleihen erworben habe. "Die Bedingungen waren nicht erfüllt", sagt Eichel. Er habe maximal 1000 Euro investieren wollen, zum Zeitpunkt der Handelsblatt-Aktion betrug die kleinste Stückelung aber 5000 Euro.

Heute kann man zwar auch für 1000 Euro zeichnen - doch die Zinsen wären ihm zu hoch, sagt Eichel. "Wenn ich Anleihen mit einem Zinssatz von mehr als 20 Prozent kaufe, nützt das den Griechen überhaupt nichts", argumentiert er. "Da wäre ich ja ein Spekulant."

RWE-Boss Großmann hat 100.000 Euro investiert

Der streitbare RWE-Boss Großmann dagegen hat seine Ankündigung wahr gemacht. Die Papiere, die er für 100.000 Euro gekauft hat, hat er immer noch im Depot. Man müsse "alles tun, um die Währungsunion zu sichern", sagt Großmann.

Ebenfalls noch auf Linie: der Vorstandschef der DZ Bank, Wolfgang Kirsch, und der Chef der Industrie-Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis. Beide lassen ausrichten, sie würden ihre Anleihen halten. Auch Burkhard Schwenker, Chef des Beratungsunternehmens Roland Berger, glaubt noch an Griechenland, ist aber unzufrieden mit den Reformbemühungen. Der Fokus sollte weniger aufs Sparen als auf Wachstum gelegt werden, findet er.

Andere sind weniger auskunftsfreudig. Bert Rürup etwa, früher Regierungsflüsterer und heute Partner der Beratungsfirma Maschmeyer-Rürup, hatte im vergangenen Jahr gesagt, er habe griechische Anleihen und wolle weitere zeichnen. Nun bleibt die Anfrage zu seinem Engagement unbeantwortet.

Und Chefredakteur Steingart? Der hat seine Anleihen verkauft. An den genauen Zeitpunkt und den Preis könne er sich nicht erinnern, sagt er. Der Gewinn wäre "eher symbolisch" gewesen. Insgesamt sei die Aktion als publizistische zu verstehen gewesen. Als Statement gegen antigriechische, bisweilen auch antieuropäische Töne. Es sei aber keine "Empfehlung zum Reichwerden" gewesen.

Hätte ja auch nicht wahnsinnig gut funktioniert.

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