Schäden:Stürmische Zeiten

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Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks entsorgen einen vom Sturm "Niklas" beschädigten Baum. (Foto: Lukas Barth)

Wer im Garten Bäume hat, muss diese regelmäßig kontrollieren. Mindestens zweimal im Jahr sollten Eigentümer prüfen, ob der Bestand gesund ist.

Von Andrea Nasemann

Vor allem im Herbst und Winter wüten in Deutschland heftige Stürme oder sogar Orkane. Dabei werden häufig Dächer abgedeckt, Fenster beschädigt, Antennen- und Satellitenanlagen zerstört oder Bäume entwurzelt. Dann stellt sich die Frage, wer für welche Schäden haftet. Denn Immobilien-eigentümer, auf deren Grundstück Bäume stehen, haben eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Je größer und je älter die Bäume sind, desto mehr sollten die Hausbesitzer aufpassen. Sie müssen dafür sorgen, dass von den Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht.

In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) heißt es, Baumeigentümer müssten den Baumbestand so anlegen, dass er gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere aber auch gegen Umsturz gesichert ist (Urteil vom 21. März 2003, V ZR 319/02). In dem Fall waren zwei Pappeln auf das Grundstück des Nachbarn gestürzt. Sie beschädigten einen Zaun und ein Gartenhaus. In der Folge musste der Baumeigentümer Schadenersatz leisten. Die Begründung der Richter: Ihm sei bekannt gewesen, dass bereits andere alte Pappeln in der Gegend und sogar auf dem eigenen Grundstück umgefallen waren. Zudem hatte ihn der Nachbar darauf hingewiesen, dass die Pappeln altersbedingt gefällt werden müssten. Davor habe der Baumeigentümer die Augen verschlossen und die Beschädigung des Nachbargrundstücks in Kauf genommen.

Auch dazu, wie oft der Baumbestand auf mögliche Schäden hin kontrolliert werden muss, haben sich die Gerichte geäußert: Im Regelfall müssen die Bäume zweimal im Jahr - einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand - überprüft werden. Dafür reicht eine äußere Sichtprüfung aus, ob die Bäume noch gesund und standsicher sind. Eine eingehende Untersuchung sei erst dann vorzunehmen, wenn zum Beispiel eine spärliche oder trockene Belaubung, trockene Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall vorlägen. Kann der Geschädigte nachweisen, dass bei einer ordnungsgemäßen Überprüfung der Bäume eine Beschädigung entdeckt wurde, ist der Baumeigentümer zum Schadenersatz verpflichtet, wenn einer der Bäume auf das Grundstück des Nachbarn fällt (BGH, Urteil vom 4. März 2004, III ZR 225/03).

Allerdings, stellte der BGH in diesem Urteil klar, führe dies nicht dazu, dass alle Bäume in der Nähe von Straßen entfernt werden müssten. Der Straßenverkehr müsse gewisse Gefahren, die auf Gegebenheiten oder Gefahren der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liege nur vor, wenn Anzeichen für eine Gefahr verkannt oder übersehen worden seien. Ist dies der Fall, haftet der Baumeigentümer für die entstandenen Schäden - und muss auch für die Beseitigung des umgestürzten Baums zahlen.

Die Wohngebäudeversicherung zahlt erst ab Windstärke acht

Kann er sich allerdings darauf berufen, dass den Bäumen äußerlich nichts fehlte und sie gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte hinreichend widerstandsfähig waren, haftet er nicht. "Weist ein Baum von außen erkennbare Krankheitssymptome auf, muss der Eigentümer den Baum von einem Fachmann untersuchen lassen", sagt Hans Reinold Horst, der geschäftsführende Vorstand des Landesverbandes Haus und Grund Niedersachsen. "Soweit der Baum dann nicht gefällt werden muss, sollte man sich von dem Baumexperten schriftlich bestätigen lassen, dass der Baum noch hinreichend widerstandsfähig ist", empfiehlt Nachbarschaftsrechtsexperte Horst. In diesem Fall ist der Eigentümer auch nicht schadenersatzpflichtig, wenn der Baum trotzdem umfällt. Der geschädigte Nachbar muss sich dann an seine eigene Gebäudeversicherung halten. Auch geschädigte Personen können in diesem Fall vom Grundstückseigentümer weder Heilungskosten noch Schmerzensgeld verlangen.

Die Wohngebäudeversicherung zahlt allerdings erst dann die Beseitigung der Schäden, wenn der Sturm mindestens Windstärke acht erreicht. Das kann in der Regel durch das zuständige Wetteramt nachgewiesen werden. Der Geschädigte muss selbst nachweisen, dass der Sturm entsprechend stark war. Auch ein Hinweis, dass in der Nachbarschaft gleichartige Sturmschäden aufgetreten sind, kann dem Versicherten helfen.

"Schäden sollten immer ausführlich mit Film und Foto dokumentiert und möglichst innerhalb einer Woche bei der Versicherung gemeldet werden", rät Horst. Wenn das eigene Haus beschädigt ist, sollten auch die Nachbarn als Zeugen ein Protokoll anfertigen. In jedem Fall müsse eine Schadenliste erstellt werden, sagt Horst. Zudem sollte man Zeitungsartikel über Schäden in der Region sammeln und geschädigte Nachbarhäuser fotografieren. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nur auf Schäden am Haus und damit fest verbundene Teile.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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