Riskantes Anlegerverhalten:Wer wagt, verliert

Lange Zeit galt bei Anlegern, dass riskante Geschäfte besonders lukrativ sind. Nun zeigt eine Studie das Gegenteil: Risikobehaftete Aktien bringen Verlust, Langweiler-Geschäfte hingegen Profit.

Markus Zydra, Frankfurt

Wagemut gilt vielen Menschen als gewinnbringende Eigenschaft, denn dieser Wesenszug repräsentiert die althergebrachte Überzeugung, dass es sich lohnt, Risiken einzugehen. Auch die Finanzwelt lebt vom Wagemut, Investoren nehmen Kapital, um es in ein Unternehmen zu stecken, sei es in einen über viele Jahrzehnte gewachsenen Konzern - einen Tanker -, sei es in ein aufstrebendes Unternehmen - eine Jolle.

Deutsche Boerse

Höhen und Tiefen waren lange Zeit der Erfolgsgarant für hohe Gewinne. Nun zeigt eine Studie, dass Risiko eher Verluste bringt.

(Foto: dapd)

Die Jolle kommt bei Sturm in größere Turbulenzen als der Tanker, deshalb ist sie gefährlicher. Allerdings birgt ein neues Unternehmen das Potential, irgendwann groß zu werden, sehr groß. Microsoft, Apple, Google, Ebay lassen grüßen. Ja, und dann ist Zahltag für den, der damals, ganz am Anfang, das Risiko eingegangen ist. Wer Risiken eingeht, der wird dafür auch belohnt, lautet deshalb der Leitsatz an der Börse.

Und so investieren die meisten Anleger viel lieber in Aktien als in Anleihen - das Risiko und damit die Gewinnerwartung sind dort größer. Dazu muss man wissen, dass die Risiken einer Aktie anhand ihrer Preisschwankungen gemessen werden. Bewegen sich die Kurse wie eine Achterbahn, so ist die Aktie riskant.

Riskante Aktien sollten im Durchschnitt über einen langen Zeitraum höhere Renditen abwerfen als weniger riskante Papiere. Warum? Weil es sonst keinen Grund gäbe, in diese Papiere zu investieren. Warum sollte man dem unsicheren Konzern X sein Geld anvertrauen, wenn sich mit dem sichereren Unternehmen Y eine genauso hohe Rendite einfahren lässt - bei weniger Verlustrisiko?

Diese Frage stellt sich nun in einem ganz neuen Licht, denn eine Untersuchung von drei amerikanischen Wissenschaftlern kommt zu einem frappierenden Ergebnis: Risiken eingehen lohnt sich nicht!

Malcolm Baker, von der Harvard Business School, Brendan Bradley von Acadian Asset Management und Jeffrey Wurgler von der NYU Stern School of Business haben die Renditen von riskanten und weniger riskanten Aktien verglichen. "Zwischen 1968 und 2008 hat sich der Wert von Aktien mit den geringsten Kursschwankungen nach Abzug der Inflation verzehnfacht, während die riskantesten Aktien 90 Prozent an Wert verloren haben", schreiben sie in ihrem Forschungspapier "Benchmarks as limits to arbitrage".

Nahezu ein Totalverlust also, der Ausspruch "Wer wagt gewinnt" scheint an der Börse nicht zu gelten. Die Wissenschaftler sprechen von der größten Anomalie in der Finanzwissenschaft. Ursache sei die menschliche Psyche: Anleger spielten lieber Aktien-Lotterie, mit dem Ziel 100 Prozent zu machen - anstatt mit zehn Prozent jährlich zufrieden zu sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: