Risiken bei der Geldanlage:Bei Grün sparen, bei Rot Gefahren

Auf einen Blick erkennen, wie riskant Finanzprodukte sind? Das ist möglich - mit einem Ampelschema. Die Finanzbranche ist beunruhigt.

Markus Zydra

Was ist riskanter? Motorrad fahren oder eine Tour mit dem Fahrrad? Wenn man das Motorrad nicht so gut beherrscht, ist die Antwort klar, zumal die vielen PS hohes und gefährliches Tempo ermöglichen. Andererseits: Wenn man völlig rücksichtslos Fahrrad fährt - ohne Licht, gegen die Einbahnstraße, durch die Wälder mit schlechten Bremsen - dann verbergen sich auch hier hohe Risiken. Man sieht schon, diese simple Frage ist gar nicht leicht zu beantworten - noch schwieriger wird es bei der Risikoanalyse von Finanzprodukten.

Die Geldbranche verändert sich, der Paradigmenwechsel betrifft die Risikowahrnehmung bei der Kundschaft, die in der Finanzkrise viel Geld verloren hat. Früher hat der Anlageberater nur über die Chancen eines Aktienfonds gesprochen, nun nennt er die Risiken, auch weil er gesetzlich dazu verpflichtet wurde.

Aber welcher Kunde versteht schon, was gemeint ist, wenn ein Zertifikat riskante Knock-out-Schwellen hat oder bei Anleihen von einem Emittentenrisiko und bei einem geschlossenen Fonds von einer möglichen Nachschusspflicht die Rede ist.

Selbst wenn man es versteht: Wie sind die Risiken im Vergleich zu bewerten, wie stellt man es dar? Der farbliche Dreiklang einer Ampel könnte die Lösung sein: Grün für sicher, gelb für obacht und rot für riskant.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat es im vergangenen Jahr mit der Broschüre "Ampelcheck Geldanlage" vorgemacht und bekam einigen Ärger. Vor allem die Versicherer fühlten sich falsch behandelt, weil sie kein grünes Licht bekamen.

Mit Mathematik gegen das Risiko

Das Institut für Vermögensaufbau (IVA) hat nun einen zweiten Versuch unternommen, deutlich wissenschaftlicher und mit viel Mathematik im Hintergrund. Ergebnis ist die dynamische Risikoampel (siehe Grafik). Basis sind die Farben rot, gelb und grün, doch das IVA hat die einzelnen Farben auch noch einmal unterschiedlich schattiert.

Die Tabelle gibt dem Anleger einen Überblick, wie einzelne Produkte zu beurteilen sind: Mischfonds gelten langfristig als die sicherste Option, Kapitallebensversicherungen schneiden kurz- und mittelfristig nicht so gut ab, geschlossene Fonds und Hedgefonds werden grundsätzlich als sehr riskant bewertet.

Das IVA ist mit einigen Banken im Gespräch, die diese Risikoampel den Privatkunden als Orientierungshilfe vorlegen wollen. Die Targobank, ehemals Citibank, will es alsbald im Beratungsgespräch einsetzen. "Es geht um eine Risikobewertung der einzelnen Produkte", sagt IVA-Vorstand Andreas Beck. "Das Risiko des Gesamtportfolios, also des Mix aus Aktien, Renten und Immobilien, lässt sich daraus nicht ablesen."

Mehr Extremereignisse durch Globalisierung

Die vergangenen zwölf Jahre machten deutlich, dass die Risiken an den Finanzmärkten größer sind, als angenommen: 1998, 2001 und 2007 kam es weltweit zu massiven Kursverlusten. Nach den Lehren der Wahrscheinlichkeitsrechnung hätten solche Extremereignisse niemals in dieser Häufung so kurz hintereinander passieren dürfen.

Doch genau auf diese Wahrscheinlichkeitsrechnung hat man sich immer verlassen: Im Beratungsgespräch, als der Finanzberater sagte, langfristig seien Aktien immer sicher.

Durch die Globalisierung der Finanzmärkte nehmen Extremereignisse zu, weil der Herdentrieb zunimmt. "Früher hat man geschaut, wie sich der Aktienmarkt in den vergangenen 20 Jahren entwickelt hat und daraus Rückschlüsse auf die Zukunft gezogen", sagt Beck. "Heute reicht es nicht, auf die Kurshistorie zu schauen, man muss qualitative Prognosen in die Risikomessung miteinbauen."

Beck gibt ein Beispiel: "Historisch gesehen sind britische Anleihen weniger riskant als die Weltaktienmärkte, doch wenn man aktuelle volkswirtschaftliche Daten berücksichtigt, dann liegen die Risiken höher, als es die klassische Wahrscheinlichkeitsrechnung nahelegt."

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