Ringen um Zugeständnisse:Schweizer Konten im Visier

Schlechte Nachricht für viele betuchte Deutsche: Berlin will Jagd auf Steuerhinterzieher machen. Jetzt verhandelt sie mit der Regierung in Bern.

Claus Hulverscheidt

Der Vergleich mit Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos? Die Drohung mit der Kavallerie? War da was? Als Peer Steinbrück und Hans-Rudolf Merz vor ein paar Wochen gemeinsam vor die Presse traten, da gaben sich die Finanzminister so demonstrativ höflich, so gut gelaunt, ja kumpelhaft, dass man für einen kurzen Augenblick meinen konnte, man sei auf der falschen Veranstaltung. Statt sich weiter anzukeifen, erklärten die Amtskollegen aus Deutschland und der Schweiz, wolle man nun konstruktiv zusammenarbeiten.

Zugeständnisse möglich

Was klang wie das Happy End eines langen Beziehungsdramas, war für viele betuchte Deutsche eine schlechte Nachricht, denn Steinbrück und Merz vereinbarten, dass ihre Regierungen bei der Ermittlung deutscher Steuerhinterzieher in der Schweiz in Zukunft enger zusammenarbeiten wollen.

Mehr als 100 Milliarden Euro sollen Bundesbürger im kleinen Nachbarstaat vor dem Fiskus in Sicherheit gebracht haben, manche Experten sprechen gar von 200 oder 300 Milliarden. Seit diesem Dienstag nun wird über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen verhandelt; wer sich aber tatsächlich am Ende auf der falschen Veranstaltung wähnen wird, ob die Steuerbetrüger oder vielleicht doch Steinbrück, wird sich erst am Ende der Gespräche zeigen.

"Nichts wird aufgeweicht"

Zweifellos ist die Regierung in Bern erstmals seit Jahrzehnten zu Zugeständnissen bereit, weil sie für den Fall einer Dauerfehde mit Deutschland um den Wirtschaftsstandort fürchtet. Wie weitgehend diese Zugeständnisse ausfallen werden, ist aber ungewiss.

So machte Merz bereits deutlich, dass beim Bankgeheimnis "alles beim Alten" bleiben soll. "Nichts wird aufgeweicht, es gibt nur eine engere internationale Zusammenarbeit", so der Minister, der derzeit als Bundespräsident auch die Regierung anführt. Und Wirtschaftsministerin Doris Leuthard ergänzte: "Wir wollen keinen Schnüffelstaat." Zudem forderte Merz als Gegenleistung für seine Unterschrift unter ein Abkommen Zugeständnisse auf Nebenkriegsschauplätzen, etwa bei der Besteuerung von Mitarbeitern der Fluggesellschaft Swiss in Deutschland.

Wie stark der Grad der Schweizer Kooperationsbereitschaft vom Druck des Verhandlungspartner abhängt, zeigen die Beispiele USA und Dänemark:

Während Washington Infos über die Konten amerikanischer Staatsbürger vom Alpenstaat ohne Vorbedingungen erhält, müssen die Dänen den Namen des Steuerpflichtigen, die Bank und Indizien für Steuerhinterziehung nennen, bevor Bern Daten liefert. Das dürfte in der Praxis nur selten möglich sein.

Dass auch die Bundesregierung das Kleingedruckte im neuen Doppelbesteuerungsabkommen aufmerksam wird lesen müssen, zeigt die gerade getroffene Vereinbarung mit Liechtenstein, einer anderen beliebten Steueroase: Die Vereinbarung schreibt zwar einen Informationsaustausch zwischen den Behörden beider Länder vor, nicht aber eine automatische Mitteilungspflicht. Ohne einen konkreten Tipp werden deutsche Finanzämter also weiter im Vaduzer Nebel tappen.

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