Rente light von Förderbanken:Alte Egoisten

Opas Häuschen erben und versilbern: Damit könnte bald Schluss sein. Denn immer mehr Förderbanken bieten Senioren an, ihr Haus schon früher zu Geld zu machen.

A. Slavik

Fast 200 Milliarden Euro Vermögen werden jedes Jahr in Deutschland vererbt - wenn es nach Manfred Morwinski geht, ist damit bald Schluss. "Es wird Zeit, dass die Senioren ihr Geld für sich selbst nützen", sagt Morwinski, "sie haben ja schließlich auch jahrelang dafür geschuftet."

Umkehrdarlehen, Seniorenkredit, dpa

Senioren können ihr Haus beleihen und es mit dem Geld etwa altersgerecht einrichten lassen.

(Foto: Foto: dpa)

Manfred Morwinski leitet das Immobiliengeschäft bei der Investitionsbank Schleswig Holstein, kurz IB SH. Als erste der deutschen Förderbanken will die IBSH noch in diesem Jahr sogenannte Umkehrdarlehen auf den Markt bringen. Damit können ältere Menschen ihr Haus beleihen, und erhalten dafür wahlweise einen Einmalbetrag oder monatliche Ratenzahlungen - sozusagen eine Zusatzrente.

Interesse am Verkaufserlös

"Das Produkt richtet sich an ältere Menschen, die zwar eine schuldenfreie Immobilie haben, aber zu wenig monatliches Einkommen", sagt Morwinski. Während der gesamten Darlehensdauer fallen weder Zins noch Tilgung an. Erst wenn der Kreditnehmer stirbt, wird der Kredit fällig. Die Erben müssen dann entscheiden, ob sie die Schulden inklusive Zinsen zurückzahlen, oder ob die Bank das Haus verkauft und mit dem erzielten Erlös das Konto ausgleicht.

"Eine super Sache" sei das, meint Morwinski. Schließlich hätte die heutige Erbengeneration meist ohnehin kein Interesse nach dem Tod der Eltern in deren Haus zu ziehen.

Interesse am Geld aus dem Verkauf hätten die meisten aber wahrscheinlich schon. Ein Umkehrdarlehen könnte für so manchen Erben also dennoch eine herbe Enttäuschung bedeuten. "Wir empfehlen unseren Kunden, die Entscheidung für so einen Kredit mit der Familie abzusprechen", sagt Stefanie Leiter. Leiter ist Chefin und Gründerin der Immokasse GmbH. Das Unternehmen mit Sitz im Münchner Nobelvorort Grünwald bietet seit dem vergangenen Februar Umkehrdarlehen an - als bisher einziges Institut in Deutschland.

Keine billige Erleichterung

Teure Umbaumaßnahmen

Bei der Immokasse bekommen die Kunden allerdings keine Rente, sondern lediglich einen Einmalbetrag ausbezahlt. "Die meisten Menschen kommen zu uns, weil sie größere Ausgaben tätigen müssen", sagt Leiter - etwa, weil das Haus rollstuhlgerecht umgebaut werden müsse. "Solche Ausgaben können viele ältere Menschen kaum mehr finanzieren", sagt Leiter. Denn häufig zögerten die Banken, klassische Darlehen an Rentner zu bewilligen. "Wer gibt einem 65-Jährigen schon einen Kredit mit 30 Jahren Laufzeit", meint Leiter.

Die IB SH will spätestens im Dezember mit ihrem Produkt auf dem Markt sein - als erste, aber bei weitem nicht als einzige Förderbank. Auch bei der NRW-Bank wird am Modell Umkehrdarlehen gearbeitet. Mike Schneider, Experte für Umkehrdarlehen und Projektmitarbeiter: "Es gibt mehr als eine Million Seniorenhaushalte in Deutschland, die Immobilienbesitz haben, aber ein sehr geringes monatliches Einkommen". Für Schneider ist es daher "ein Indiz für Marktversagen", dass es für diese Zielgruppe bisher kaum Angebote gibt.

Keine billige Erleichterung

Den Vorwurf, die meist öffentlichen Institute würden über Umkehrdarlehen vom Problem der Altersarmut profitieren, lässt Schneider nicht gelten: "Die Förderbanken können nicht die sozialen Probleme in der Bundesrepublik lösen." Man entwickle ein Produkt, für das es Bedarf gebe, "und für die betroffenen Menschen kann das eine echte Erleichterung sein."

Billig ist diese Erleichterung aber nicht: Denn die Banken müssen bei Umkehrdarlehen gleich zwei Risikofaktoren einkalkulieren: die Lebenserwartung des Kreditnehmers und die Entwicklung der Immobilienpreise. "Bei unserem Modell bekommen die Kunden im Schnitt etwa ein Viertel bis ein Drittel des Verkehrswerts ihrer Immobilie bar ausgezahlt", sagt Immokasse-Chefin Leiter. Allerdings sei das restliche Geld nicht verloren: Wird das Haus nach dem Tod des Kreditnehmers verkauft, bekommen die Erben den Restbetrag ausbezahlt - vorausgesetzt, der Kaufpreis übersteigt die Kreditsumme und die angefallenen Zinsen.

Fällt der Verkaufspreis aber - etwa wegen stark gefallener Immobilienpreise - geringer aus, müssen die Erben dennoch nicht für die Restschuld geradestehen. Andere Vermögenswerte werden von dem Darlehen nicht belastet, das Risiko liegt bei der Bank. Immokasse-Chefin Leiter: "Den Schmuck und das Familiensilber bekommen die Erben trotzdem" - es sei denn, Opa hat auch das schon zu Lebzeiten verjubelt.

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