Reiche wieder reicher:Was kostet die Welt?

Die USA vor Japan und China: Die Verluste der Wirtschaftskrise sind fast vergessen, weltweit steigen die Vermögen. Auch die deutschen Millionäre schneiden gut ab.

Nikolaus Piper, New York

Nur ein Jahr nach der schlimmsten Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Reichen der Welt ihre Vermögensverluste weitgehend ausgeglichen. Wie es in der neuen Studie "Global Wealth 2010" der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) heißt, sind die Vermögenswerte von Privathaushalten im vergangenen Jahr weltweit um 11,5 Prozent auf 111,5 Billionen Dollar gestiegen. Das entspricht ungefähr dem Vorkrisenniveau. Erfasst wurden Anlagen in Bargeld, Aktien, Wertpapieren oder Fonds. Die entsprechenden Daten ermittelt BCG bei professionellen Vermögensverwaltern.

Russlands Reiche auf Millionärsmesse in Moskau

Russlands Reiche: Eine Millionärsmesse in Moskau.

(Foto: ag.dpa)

In den Zahlen drückt sich einerseits die Politik der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank (EZB) aus: Die Notenbanken pumpten nach dem Beinahe-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems 2008 Billionen Dollar und Euro in die Wirtschaft. Das stabilisierte die Lage und löste nach dem März 2009 einen Aktienboom aus.

Asien-Pazifik-Region holt deutlich auf

In den Vereinigten Staaten hat der Anstieg der Vermögenswerte um 15 Prozent oder 4,6 Billionen Dollar seine Ursache fast ausschließlich in diesem Kurseffekt. Andererseits zeigt die Studie, wie ungleichgewichtig die Wirtschaftsdynamik in der Welt gegenwärtig ist: In Asien und der Pazifikregion - unter Ausschluss Japans - stieg das Gesamtvermögen relativ am stärksten: um 22 Prozent oder 3,1 Billionen Dollar. Die Hälfte des Anstiegs ist darauf zurückzuführen, dass Reiche neues Geld angelegt haben. Ähnlich ist die Lage in Lateinamerika, wo das Gesamtvermögen um 16 Prozent oder 3,4 Billionen Dollar zunahm.

Die reichste Region der Welt bleibt, wie im vergangenen Jahr, Europa mit einem Gesamtvermögen von 37,1 Billionen Dollar, acht Prozent mehr als 2008. Allerdings dürften sich die Gewichte schnell verändern. "Wir erwarten, dass die Vermögenswerte in der Region Asien-Pazifik doppelt so schnell steigen wie im Rest der Welt", erklärte BCG-Geschäftsführer Ludger Kübel-Sorger. "Ihr Anteil an den globalen Vermögenswerten wird sich auf 20 Prozent im Jahr 2014 ausweiten." Derzeit sind es 15 Prozent.

Die Dynamik Asiens zeigte sich auch in einer anderen Größe: der Zahl der Millionäre. Die stieg in China um nicht weniger als 31 Prozent auf 670.000; in Singapur (plus 35 Prozent) und Malaysia (plus 33 Prozent) war der Anstieg sogar noch stärker. Singapur ist inzwischen das Land mit der höchsten "Millionärsdichte" der Welt, wie es in der Studie heißt: 11,4 Prozent aller Haushalte verfügen dort über ein Vermögen in mindestens sechsstelliger Dollargröße.

Gewichte haben sich zugunsten der sehr Reichen verschoben

In Europa hält den Rekord die Schweiz mit 8,4 Prozent. Insgesamt gab es auf der Welt 11,2 Millionen Millionärshaushalte, die meisten unter ihnen, 4,7 Millionen, hatten in den Vereinigten Staaten ihren Wohnsitz. In Deutschland verfügen 430.000 Haushalte über ein Vermögen von mehr als einer Million Dollar. Weil die amerikanische Währung im vergangenen Jahr sehr schwach war, dürften die Zahlen allerdings für alle Länder außerhalb des Dollarraumes etwas überzeichnet sein.

Wo es die meisten Millionäre gibt

Wo es die meisten Millionäre gibt. Zum Vergrößern auf das Bild klicken. SZ-Graphik

(Foto: online.sdewirtschaft)

Die BCG-Studie gibt zwar keinen direkten Aufschluss über das Verhältnis von Arm und Reich, sie liefert aber Hinweise darauf, dass sich innerhalb der Gruppe jener, die überhaupt Vermögen bilden konnten, die Gewichte zugunsten der sehr Reichen verschoben haben. So gehören weltweit 83 Prozent aller Haushalte in die Kategorie der "Nicht-Reichen", die weniger als 100.000 Dollar zur Verfügung haben. Ihr Anteil am Gesamtvermögen der Welt sank von 14 auf 13 Prozent.

Dagegen konnte die Gruppe der "Etablierten Reichen" mit einem Vermögen von mehr als fünf Millionen Dollar (weltweit 0,1 Prozent der Haushalte) ihren Anteil am Gesamtvermögen von 19 auf 21 Prozent erhöhen. Insgesamt ist der Anteil der "Etablierten Reichen" an den Gesamtvermögen im Nahen Osten am höchsten (33 Prozent) und in Japan am niedrigsten (acht Prozent). In den USA liegt er bei 29 Prozent, in Europa bei 14 Prozent, was für eine etwas gleichmäßigere Vermögensverteilung spricht. Für Deutschland weist die Studie keine gesonderten Zahlen aus.

Viele Reiche legen ihr Geld weiter in Ländern an, in denen sie sich vor den Behörden ihrer Heimatstaaten geschützt glauben: Insgesamt rechnet die BCG-Studie 7,4 Billionen Dollar in die Kategorie der "Offshore-Vermögen", die dort geparkt werden, wo der Eigentümer keinen gesetzlichen oder steuerlichen Wohnsitz hat. Über ein Viertel dieser Vermögen liegt in der Schweiz. Dies soll sich aber ändern. Wegen des politischen Drucks aus den USA und Europa würden zunehmend Anleger ihr Geld aus Offshore-Zentren abziehen, sagt die Studie voraus.

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