Regierung legt Sparpaket vor:Griechenland im Schlussverkauf

Die Finanzreserven reichen nur noch bis Mitte Juli: Um die Auszahlung weiterer Notkredite zu sichern, hat die Regierung in Athen ein neues Sparpaket beschlossen. Damit die internationalen Geldgeber gütig gestimmt werden, sollen Postbank, Telekom, ein Glücksspielanbieter und sogar die Häfen von Athen und Thessaloniki privatisiert werden.

H. Einecke, M. Zydra und K. Strittmatter

Griechenland will noch drastischer sparen und "sofort" mit dem Verkauf von Staatsvermögen beginnen. Das teilte das griechische Finanzministerium am Montag Abend mit. Zuvor hatte Premier Giorgos Papandreou sein Kabinett zu einer Krisensitzung einberufen. "Ein Zurückweichen ist nicht erlaubt", ermahnte Papandreou die Minister, von denen zuvor einigen Widerstand gegen die Maßnahmen nachgesagt wurde. Das neue Paket soll den finanziellen Niedergang des Landes bremsen und die Auszahlung weiterer Notkredite in Höhe von zwölf Milliarden Euro sichern.

Griechenland - Euro

Griechenland will noch drastischer sparen als bisher und "sofort" mit dem Verkauf von Staatsvermögen beginnen.

(Foto: dpa)

Papandreou will insgesamt 50 Milliarden Euro durch die Privatisierung von Staatsvermögen erlösen. Zusätzliche sechs Milliarden sollen neue Sparmaßnahmen einbringen, die diesmal auch die Angestellten des aufgeblähten Staatsapparates betreffen sollen. Die Regierung will zunächst Anteile an den Häfen von Athen und Thessaloniki, sowie an der Postbank, an dem Glücksspielanbieter OPAP und an der Telekom-Firma OTE verkaufen, an der die Deutsche Telekom mit 30 Prozent beteiligt ist. Die Regierung will so noch in diesem Jahr das Schuldenziel von 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen.

Die Privatisierungen waren von Athen lange versprochen, aber immer wieder aufgeschoben worden, was EU und IWF zusehends frustrierte. Zuletzt hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn die Griechen eindringlich zu neuen Maßnahmen zum Abbau der Staatsverschuldung ermahnt, um das Vertrauen der Märkte wiederzuerlangen. Erst am Freitag war Griechenland von der Ratingagentur Fitch in den Ramschstatus herabgestuft worden.

Die Nervosität an den Finanzmärkten nahm zu Beginn der Woche weiter zu. Die Kreditzinsen für Griechenland sind am Montag auf 17,663 Prozent geklettert. So viel musste der griechische Staat seit Beitritt zum Eurosystem noch nie für einen zehnjährigen Kredit bezahlen. Der bisherige Höchststand wurde im Mai 2010 notiert, am Beginn der Staatsschuldenkrise. Damals lag der Zins bei 17,362 Prozent. Die Kurse an den europäischen Aktienmärkte zeigten nach unten. Der Dax büßte zwei Prozent ein. Der Wechselkurs des Euro rutschte zeitweise unter 1,40 Dollar. An Ostern hatte der Euro noch bei 1,50 Dollar gelegen.

Defizit noch höher als erwartet

An diesem Dienstag will sich die griechische Regierung mit den Führern der Opposition treffen. Ein Konsens zwischen Regierung und Opposition über die neuen Maßnahmen ist eine der Forderungen der Troika, also von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). Am Mittwoch dann wird Regierungschef Papandreou mit den Experten der drei Institutionen zusammentreffen.

Die Finanzreserven Athens reichen Berichten zufolge nur noch bis Mitte Juli. Die Troika hatte konkrete Sparmaßnahmen gefordert, bevor sie die nächste Tranche der Rettungskredite in Höhe von 12 Milliarden Euro freigibt. Diese Forderung hat Griechenland nun erfüllt. Ebenfalls am Montag gab das griechische Finanzministerium bekannt, dass das Defizit in den ersten vier Monaten des Jahres mit 7,2 Milliarden statt 6,9 Milliarden Euro etwas höher als erwartet ausfiel.

Unterdessen drängte Griechenland auf eine Auszahlung der nächsten Hilfstranche des Internationalen Währungsfonds. Andernfalls könne das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, sagte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou dem TV-Sender Skai.

Der IWF habe gegenüber der Regierung klargemacht, dass die Hilfe nur ausgezahlt werde, wenn EU-Gelder für das kommende Jahr garantiert seien. Auf die Frage, was passiere, wenn Griechenland keine weitere Tranche erhalte, sagte Papaconstantinou: "Das Land wird seine Auszahlungen stoppen...Gehälter, Renten - alle Staatsausgaben werden nicht mehr erfolgen."

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, fordert unterdessen einen Zahlungsaufschub für das Ägäis-Land. "Die privaten Gläubiger sollen deutlich in die Verantwortung genommen werden", so Hüther.

Ins Bild einer zerrissenen Euro-Zone passt, dass sich die spanische Bevölkerung seit einer Woche mit Demonstrationen gegen Reformen stemmt. Auch Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft im Währungsraum, steht seit kurzem am Pranger. Die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor's schätzt die Kreditwürdigkeit Italiens schlechter ein als zuvor. Seit Montag gilt das auch für Belgien. Die Ratingagentur Fitch senkte den Ausblick auf "negativ" von zuvor "stabil", bestätigte aber das Rating von AA+. Belgien werde wahrscheinlich heruntergestuft, wenn es die gesetzten Defizitziele nicht erreiche, hieß es.

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