Regenerative Energien:"Rechnet sich nicht im Eigenheim"

Geteilte Meinungen über Photovoltaik- und Solaranlagen auf Einfamilienhäusern.

(SZ vom 12.4.2002) "Der kluge Mann baut vor", heißt es bei Schiller und so denken offensichtlich immer mehr Häuslebauer, die auf regenerative Energieversorgung setzen.

Mittlerweile werden 7,2 Prozent Ökostrom ins Stromnetz eingespeist. Insbesondere Photovoltaik- und Solaranlagen sprießen derzeit zuhauf auf deutschen Dächern. Fachleute sehen sogar einen regelrechten Boom in diesem Segment. Seit 1990 hat sich die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien verdoppelt. Eine weitere Verdoppelung auf 76,4 Milliarden Kilowattstunden wird für die nächsten acht Jahre angestrebt.

Rechnung geht erst nach zehn Jahren auf

Auch Siegfried Christner aus dem oberbayerischen Grafing hat sich für 16.000 Euro eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach gesetzt. Viel Geld, doch Christner bereut nichts. Er ist höchst zufrieden, wenn er auch damit noch keine großen Gewinne macht. "So lange die Anlage nicht abbezahlt ist, geht man plus minus Null raus", sagt Christner, der sich eigentlich nicht als überzeugten Umweltschützer bezeichnen würde.

Aber er denke pragmatisch: "Lieber ein kleines Auto und dafür eine sichere Energieversorgung. Ich rechne damit, dass wir in ein paar Jahren kein Öl mehr haben - darauf bin ich vorbereitet." Bei der Finanzierung der Anlage hat dem Energiesparer das 100 000-Dächer-Programm mit günstigen Krediten geholfen. Zehn Jahre läuft der Kredit. Erst danach rentiert sich die Anlage und man verdient sogar ein bisschen am verkauften Strom.

Skeptische Profis

Trotz des Erfolges äußern sich Experten widersprüchlich zu Photovoltaik- und Solaranlagen. "Eine Photovoltaik-Anlage rechnet sich in einem Eigenheim nicht", sagt Norbert Allnoch, Leiter des Wirtschaftsforums für regenerative Energien (IWR).

"Zur Zeit sind die Anlagen trotz der staatlichen Förderung für den Verbraucher noch zu teuer, so dass man nicht mit einer Rendite rechnen darf." Skeptisch ist Allnoch auch gegenüber Fördergeldern, weil diese von der jeweiligen Regierung abhängen und wieder zurückgefahren werden können.

Empfehlenswert sei aber für jeden Neubau eine kostengünstige solarthermische Anlage, die die Warmwasserversorgung gewährleiste, wie Allnoch sagt.

Positive Profis

Bei der europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, Eurosolar, sieht man positiver. Trotz der preislichen Unterschiede lägen Photovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung voll im Trend: "Das 100.000-Dächer- Programm ist voll ausgeschöpft", sagt Dietmar Oeliger, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Eurosolar.

"Zwar rechnet sich eine Solaranlage schon nach rund zwei Jahren, aber dafür ist der energetische Wirkungsgrad einer Photovoltaik-Anlage ja viel höher", erklärt Oeliger.

Zurückhaltende Verbraucher

Der Grund für die skeptische Haltung der Verbraucher gegenüber einer umweltfreundlichen Energieversorgung in ihrem Neubau liege laut Oeliger am mangelhaften Wissensstand vieler Heizungsintallateure. "Gut ausgebildete Techniker können die Leute in puncto alternative Energien einfach besser beraten."

Auch Bernd Hirschl vom Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) sieht die Zukunft der Photovoltaik positiv. Für ihn ist ganz klar: "Jetzt ist der beste Zeitpunkt, sich eine Photovoltaik-Anlage zuzulegen. Denn durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Investitionen in diese Technik in wirtschaftlicher Hinsicht so effizient wie nie zuvor."

Eigenheimbesitzer Christner jedenfalls muss nicht mehr überzeugt werden. Er würde sich jederzeit wieder eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach setzen. Er hält es mit Wilhelm Tell und baut lieber vor.

cwac

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