Regelung für Telefon-Warteschleifen:Mogeln im Minutentakt

Verbraucherschutzministerin Aigner will Anrufer vor hohen Kosten schützen, doch das neue Gesetz gegen teure Warteschleifen lässt Schlupflöcher. Die Grünen kritisieren die Regelung als "Mogelpackung". Denn nachgelagerte Warteschleifen dürfen kostenpflichtig bleiben.

Daniela Kuhr

Jeder weiß, wie nervig das ist: wenn man eine Service-Hotline anruft und ewig Gedudel ertragen muss, bis endlich ein Mitarbeiter rangeht. Handelt es sich um eine Ortsrufnummer oder eine kostenfreie 0800-Nummer, hat der Anrufer noch Glück gehabt. Musste er aber eine kostenpflichtige 0180- oder gar 0900-Nummer wählen, strapaziert die Warteschleife nicht nur seine Geduld - sondern vor allem seinen Geldbeutel: 0900-Nummern können bis zu drei Euro pro Minute kosten. Für einige Anbieter sei es zu einem "einträglichen Geschäftsmodell" geworden, Anrufer möglichst lange in einer teuren Warteschleife zu halten, sagt der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Telefon-Warteschleife

Trotz eines neuen Gesetzes können Anrufe bei Hotlines teuer werden.

(Foto: dpa)

Doch jetzt soll alles besser werden: "Warteschleifen werden zum Auslaufmodell", kündigt Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) an. Komplett kostenlos würden sie bei Sonderrufnummern zwar erst von Juni 2013 an; doch eine erste Stufe der Reform trete bereits an diesem Samstag in Kraft: "Ab 1. September 2012 müssen die ersten 120 Sekunden Wartezeit bei Anrufen auf Sonderrufnummern kostenfrei sein", sagt Aigner.

Nachgelagerte Warteschleifen bleiben teuer

Zwei Minuten also - länger darf ein Unternehmen, das eine Sonderrufnummer verwendet, Kunden nicht mehr in einer teuren Warteschleife halten. Geht nach zwei Minuten niemand ran, bricht die Verbindung ab, und der Kunde muss erneut wählen. Das klingt nach einem wirksamen Schutz für die Verbraucher. Fragt man aber in der Branche nach, hört sich das anders an: "Nachgelagerte Warteschleifen dürfen auch bei 0180- und 0900-Nummern vorerst weiter komplett in Rechnung gestellt werden", sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). In eine solche "nachgelagerte" Warteschleife kann ein Kunde etwa geraten, wenn er nach einem kurzen ersten Kontakt oder einer Bandabfrage weiterverbunden wird.

Ein Beispiel: Geht bei einer Sonderrufnummer zunächst eine automatische Abfrage los - die den Anrufer beispielsweise auffordert, sein Anliegen durch Eingabe von Ziffern zu konkretisieren - und wird er danach weiterverbunden, darf diese Warteschleife auch in Zukunft etwas kosten. Und zwar von der ersten Sekunde an. Die Bundesnetzagentur bestätigt das: Nachgelagerte Warteschleifen müssten erst von Juni 2013 an kostenlos sein. Der Grund seien technische Probleme, die man bis dahin noch lösen müsse. Deshalb gebe es ja die gesetzliche Übergangsfrist, so Grützner. "Allen Politikern ist bekannt, dass es hier derzeit technisch unmöglich ist, eine nachgelagerte Warteschleife kostenfrei zu stellen. Doch aus purem Populismus hat die Politik eine unausgegorene Lösung im Gesetz durchgeprügelt."

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn hält das Gesetz daher für eine "Mogelpackung". Für die Verbraucher sei nichts gewonnen: "Seriöse Unternehmen berechnen auch jetzt schon nichts für Warteschleifen. Doch ausgerechnet die schwarzen Schafe, die man mit den neuen Regeln treffen wollte, können weitermachen wie bisher." Jedoch nur bis zum Juni 2013: Dann müssen tatsächlich alle Warteschleifen kostenlos sein - es sei denn, es handelt sich um einen Ortstarif, eine normale Mobilfunknummer oder einen Anruf zum Festpreis.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: